Gibt es ein Gespräch, das auf der Unbehaglichkeitsskala höher rangiert als das Sexgespräch mit den eigenen Kindern?
Wie wäre es, wenn du deine Oma bitten müsstest, die Hände deines Babys nicht mehr zu küssen, weil zu viele bakterielle Keime übertragen werden?
Nein, nicht so unangenehm.
Dann ist es vielleicht das Gespräch, das du mit deinem Kind führen musst, um ihm zu erklären, dass es ein Deo verwenden sollte?
Unangenehm, aber immer noch nicht so peinlich.
Nur wenige Eltern sind offen genug und trauen sich, mit ihren Kindern über Sex zu sprechen. Sex ist ein so wichtiges Thema und wir wollen das Gespräch auf die richtige Art und Weise führen, aber die meisten von uns haben diese Offenheit dem Thema gegenüber nicht von ihren eigenen Eltern vorgelebt bekommen. Deshalb fühlen wir uns nicht in der Lage oder wohl genug, Gespräche über Sex zu führen, denn es geht ja schließlich um Sex, und zwar der unserer Kinder. Die meisten von uns wünschten, es gäbe eine einfache Anleitung für diesen Dialog, aber wir wissen, dass das nicht funktioniert – jedes Kind ist anders, also muss auch jeder Versuch, dieses Gespräch zu führen, anders sein.
Auch wenn es einfach ist, sich vor diesem Gespräch zu drücken und es auf später zu verschieben, zeigen Untersuchungen, dass es keinen besseren Zeitpunkt gibt, dieses wichtige Thema mit deinen Kindern zu führen als jetzt. Viele Eltern fangen mit der Aufklärung an, wenn ihre Kinder in die Schule kommen, aber es ist wichtig, das „große Gespräch“ schon im Vorschulalter zu führen. Es hat sich gezeigt, dass Kinder umso weniger mit dem Thema Sexualität in Berührung kommen, je positiver und geschützter sie zu Hause erzogen werden.
„Kinder lernen am besten, wenn sie reden, nicht wenn du redest“, sagt Dr. Jim Burns. „Wenn du schweigst, wird es nie zu einem Dialog kommen. Deine Kinder werden sich die Informationen einfach woanders holen, oder sie werden rebellisch, wenn sie zu starr sind.“
Hier erfährst du, wie du mit deinen Kindern über Sex sprechen kannst, je nachdem, in welcher Phase sie sich gerade befinden:
Kinder im Vorschulalter
Kinder im Vorschulalter stellen viele Fragen, weil sie neugierig sind, wie die Dinge funktionieren. Deshalb kannst du dich auf einige Fragen gefasst machen, die zu einem unangenehmen Gespräch führen könnten. Und das ist in Ordnung.
Lass dich auf das Warum ein und sprich mit deinen Kindern über ihren Körper und wie und warum jedes Körperteil genauso funktioniert, wie es funktionieren soll. Benutze die richtigen Namen für die Körperteile, wenn du über sie sprichst, und gewöhne dich daran, sie im Alltag zu benutzen. Sprich mit deinem Vorschulkind über Privatsphäre und gib ihm den Raum, mitzuteilen, was seinem Körper guttut und was ihm Unbehagen bereitet. Dieses Gespräch mag einfach erscheinen, aber es bietet eine gute Grundlage für einen erfolgreichen Dialog über Sex in allen Lebensphasen.
Kinder im Grundschulalter
Wenn dein Kind in der ersten bis zur vierten Klasse ist, stellt es immer noch viele Fragen, aber jetzt hat es viel mehr Vorwissen, sodass die Fragen noch tiefgründiger und schwieriger zu beantworten sind. Führe in dieser Phase eine offene Diskussion über Respekt und das richtige Verhalten gegenüber Menschen des anderen Geschlechts. Manifestiere die Idee, dass eine Person genau das ist – ein Mensch und kein Objekt. Dies ist ein guter Zeitpunkt, um deinen Kindern beizubringen, Nein zu sagen, wenn ihnen etwas unangenehm ist, und dafür zu sorgen, dass dein Kind einen sicheren Ort hat, an dem es seine Bedenken äußern kann.
In dieser Phase solltest du darauf achten, die Dinge altersgerecht zu formulieren, ohne zu tief in das Gespräch einzutauchen, sodass es dein Kind nicht verstehen kann. Verwende ruhig den Satz: „Weißt du was? Das ist eine tolle Frage. Wir werden darüber reden, wenn du etwas älter bist.“
Kinder in der Sekundarstufe 1
In der Mittelstufe verändert sich vieles – von der Art, wie dein Kind denkt, bis hin zu dem, wie sein Körper aussieht und sich anfühlt. Dies ist eine sehr wichtige Phase, denn sie kommen nicht nur in die Pubertät, sondern Untersuchungen zeigen, dass die meisten Kinder im Alter von 11 Jahren Pornos schauen.
Dies ist ein guter Zeitpunkt, um mit deinen Kindern über die Veränderungen in ihrem Körper, ihren Gefühlen und ihren Beziehungen zu sprechen. In der Mittelstufe übersteigt die emotionale Beteiligung der Kinder oft ihren Reifegrad, was sie manchmal dazu bringt, schlechte Entscheidungen zu treffen. Führe die Begriffe „Grenzen“ und „sexuelle Integrität“ ein. Erkläre deinen Kindern, wie sie ihren Körper wertschätzen, wie sie mit bestimmten Situationen umgehen können, in die sie mit dem anderen Geschlecht geraten und wie sie dabei ihr Herz schützen.
Kinder in der Oberstufe
Viele Eltern nutzen die Oberstufen-Phase, um mit ihren Kindern über Sex zu sprechen. Wenn du in diese Kategorie fällst, mach dir keine Sorgen – es ist nie zu spät, das Gespräch zu beginnen. Während der Oberstufen-Phase bist du der Coach deiner Kinder. Hilf ihnen, kluge Entscheidungen zu treffen, indem du sie für sich selbst und ihre Grenzen verantwortlich machst. Sei ein sicherer Ort für deine Kinder – stell sicher, dass deine Kinder wissen, dass du für ein Gespräch offen bist, auch wenn du ihre Ansichten nicht teilst. Zeige Akzeptanz und versuche, keine Vorträge zu halten – diese Phase ist geprägt von dem Wunsch nach Unabhängigkeit.
Zusätzlicher positiver Einfluss kann nie schaden, also sorge dafür, dass du andere fürsorgliche Erwachsene hast, die für deine Kinder ein offenes Ohr haben. Manchmal werden sich deine Kinder nicht wohl dabei fühlen, zu dir zu kommen. Rechne damit und lerne, um Hilfe zu bitten, auch wenn du es gewohnt bist, solche Herausforderungen allein zu bewältigen.
Es gibt viele Dinge im Leben, die selbstverständlich sind, aber Gespräche über Sex fallen selten in diese Kategorie. Auch wenn Kinder unweigerlich unkluge Entscheidungen treffen, wenn es um Sex geht, sind die Chancen besser, dass deine Kinder kluge Entscheidungen treffen, wenn das Thema bei euch zu Hause offen angesprochen wird.
Ein weiteres wichtiges Zitat von Dr.Burns lautet: „Zuhören ist die Sprache der Liebe.“
Bildquelle: https://unsplash.com/photos/zQQ6Y5_RtHE