Wenn wir von Schlaftraining für Säuglinge hören, denken wir oft an Babys, die alleine in ihrem Bettchen liegen und sich in den Schlaf weinen. Aber es gibt durchaus Alternativen zu diesem Ansatz. Eltern müssen die Tür nicht hinter sich schließen, um den Schlaf ihres Kindes zu verbessern – oder es dabei zu unterstützen, sich selbst zu beruhigen.
Methode 1: Schlafenszeit-Routinen
Die Theorie hinter dieser Methode des Schlaftrainings ist einfach. Kinder schlafen schneller ein, wenn sie durch eine Abfolge von vorhersehbaren, angenehmen und ruhigen Ritualen zum Einschlafen geführt werden. Wählst du jedoch eine zu frühe Schlafenszeit, fühlen sich die Kinder noch nicht müde genug und weigern sich möglicherweise zu schlafen.
Mit diesem Konzept bringst du deinem Kind bei, die Routine mit dem Einschlafen zu verbinden. Dies geht indem du den Beginn der Routine so lange hinauszögerst, bis du sicher bist, dass dein Kind bereit ist, einzuschlafen.
Das erfordert, dass du die Schlafgewohnheiten deines Kleinkindes genau beobachtest. Vergiss den Zeitplan, den dein Kind in Zukunft einhalten soll. Was passiert im Moment? Zu welcher Uhrzeit schläft dein Kind normalerweise ein? Akzeptiere diese Zeit als die offizielle Schlafenszeit und führe eine beruhigende Routine ein, die jede Nacht auf diese Zeit hinführt. Eine bis zu 20-minütige, ruhige und angenehme Aktivität.
Da dein Kleinkind bereits dazu neigt, zu dieser Zeit einzuschlafen, solltest du keine Schwierigkeiten haben. Durch die Wiederholung der Routine jeden Abend wird dein Kind lernen, die Routine mit dem Einschlafen zu verbinden. Wenn es das gelernt hat, kannst du die Schlafenszeit alle paar Tage um 10-15 Minuten vorziehen, bis die gewünschte, endgültige Schlafenszeit erreicht ist.
Funktioniert das?
Forscher/innen haben diesen Ansatz in einer randomisierten, kontrollierten Studie mit Kindern im Alter von 18 bis 48 Monaten ausprobiert. Sie erzielten dabei gute Ergebnisse. Die Einschlafroutine mit sanftem Übergang in die Schlafenszeit war genauso wirksam bei der Verringerung von Wutanfällen wie die „Ferber-Methode“. Das ist ein Ansatz für das Schlaftraining von Säuglingen, bei dem die Babys für immer längere Zeit allein gelassen werden, um sich auszuweinen.
Methode 2: Positive Einschlafroutinen
Vielleicht ist dein Kind schon zu der von dir bevorzugten Schlafenszeit müde. Du wünschst dir allerdings, dass dein Kind früher einschläft – oder nachts länger schläft.
Können Einschlafroutinen helfen, wenn sie von sich aus umgesetzt werden?
Forscher/innen haben positive Routinen einzeln getestet (ohne die mit sanftem Übergang). Sie fanden Beweise dafür, dass auch einzelne Routinen Vorteile bringen können. Die Forscher rekrutierten 206 Mütter mit ihrem Kind. Sie wiesen 132 von ihnen nach dem Zufallsprinzip eine nächtliche Schlafenszeit-Routine zu. Die Routine selbst bestand aus drei Schritten:
- Einem Bad (das mindestens fünf Minuten dauert),
- eine Massage (die mindestens drei Minuten dauert) und
- einige ruhige Aktivitäten, wie Kuscheln oder Schlaflieder.
Die Eltern wurden angewiesen, die Routine relativ kurz zu halten (so dass die Kinder innerhalb von 30 Minuten inklusive Baden im Bett waren). Aber es war ihnen überlassen, die Kinder auf die Art und Weise ins Bett zu bringen, die für sie üblich war. Einige Eltern legten ihre Kinder zum Schlafen hin, während sie noch wach waren. Andere Eltern hielten das Kind zum Einschlafen auf dem Arm oder wiegten es in den Schlaf.
Und was geschah? In der dritten Nacht schliefen die Kinder leichter ein und schliefen länger. Die Dauer ihrer längsten nächtlichen Schlafphase verlängerte sich um etwa 17 Minuten .
Andere experimentelle Studien sind schwerer zu interpretieren, weil sie den Eltern vorgaben, “ gute Routinen“ in Kombination mit einer Vielzahl zusätzlicher Schlaftraining Strategien anzuwenden. Daher ist es nicht möglich zu sagen, welche Maßnahmen für die beobachteten Ergebnisse verantwortlich waren.
Insgesamt gibt es aber gute Gründe für die Annahme, dass Schlafenszeit-Routinen (mit oder ohne einem sanftem Übergang zur Schlafenszeit) eine gute Wahl sind. Es macht Sinn, dass die Wiederholung derselben angenehmen, beruhigenden Aktivitäten jeden Abend Kleinkindern hilft, nachts zu schlafen. Korrelationsstudien deuten darauf hin, dass gute Routinen vor dem Schlafengehen mit einer längeren Schlafdauer und weniger unruhigen nächtlichen Wachphasen verbunden sind.
In einer internationalen Studie mit mehr als 10.000 Kindern fanden Forscher/innen sogar heraus, dass Kinder, die vor dem zwölften Lebensmonat mit einer Routine zur Schlafenszeit begonnen hatten, im Vorschulalter tendenziell besser schliefen. Sie schliefen in der Regel schneller ein und bekamen insgesamt mehr Schlaf.
Methode 3: Einschlafen mit ausschleichender Anwesenheit der Eltern
Bei dieser Methode des Schlaftrainings legst du dein Kind ins Bett, während es noch wach ist und bleibst in der Nähe sitzen (so dass dein Kind dich sehen oder hören kann), bis es einschläft. Diesen Vorgang wiederholt ihr in den folgenden Nächten. Dabei kümmert ihr euch im Laufe der Zeit immer weniger um euer Kind und entfernt euch immer weiter von ihm.
Falls dein Kind an viele Berührungen und soziale Interaktionen zur Schlafenszeit gewöhnt ist, versuchst du zunächst, es weniger zu berühren. In den folgenden Nächten redest du dann weniger mit deinem Kind. Und als Nächstes schaust du es seltener an und entfernst dich mit deinem Stuhl immer weiter vom Bett deines Kindes. Du kannst lesen oder einer anderen ruhigen Beschäftigung nachgehen, während du weiter Wache hältst. Doch das Ziel ist es, immer zurückgezogener und langweiliger zu werden. Sobald dein Kind eingeschlafen ist, kannst du den Raum verlassen.
Wenn du damit ein paar Nächte lang Erfolg hattest (dein Kind schläft ein, ohne dich zu berühren oder mit dir zu interagieren), kannst du ein weiteres Element in die Prozedur einbauen. Versuche einmal pro Nacht – kurz nachdem du dein Kind ins Bett gebracht hast – den Raum für ein paar Sekunden zu verlassen und komme zurück, bevor dein Kind zu weinen beginnt. So lernt dein Kind, dass es wach sein und alleine liegen kann, ohne Angst zu haben.
Was solltest du tun, wenn dein Kind mitten in der Nacht aufwacht? Gehe genauso vor wie abends, aber versuche, ein wenig zu warten (1-3 Minuten), bevor du ans Bett deines Kindes gehst. Das Ziel ist es, dass dein Kind die Möglichkeit hat, auch ohne deine Anwesenheit wieder einzuschlafen.
Welche Belege gibt es für die Wirksamkeit dieser Methode?
Als isländische Forscher diese Methode an 115 Kindern mit Schlafstörungen (im Alter von 6-23 Monaten) testeten, schliefen die Kinder länger und wurden nachts seltener wach. Eine andere Studie, die an 50 Babys mit Schlafstörungen in Israel durchgeführt wurde, hat ebenfalls erfolgreiche Ergebnisse gezeigt. In Australien wurden Studien durchgeführt, in denen diese Methode mit einer Methode verglichen wurde, die „kontrolliertes Weinen“ beinhaltete.
In einer dieser Studien wiesen Forscher/innen 8 von 16 Familien nach dem Zufallsprinzip einem Programm zum Schlaftraining zu. Dieses wurde „elterliche Anwesenheit mit geringer Kontrolle“ genannt. Bei diesem Programm täuschten die Eltern vor im Zimmer des Kindes zu schlafen, bevor sie auf das Weinen des Kindes reagierten. Die übrigen acht Familien nahmen an einem Programm teil, bei dem die Eltern ihre weinenden Kinder in einem anderen Zimmer allein ließen. Bei der Analyse der kurzfristigen Ergebnisse stellten die Forscher fest, dass beide Ansätze gleichermaßen wirksam waren.
In der anderen Studie teilten Forscher/innen 31 Mütter und ihre Kinder nach dem Zufallsprinzip einer von drei Gruppen zu:
- Verringerung elterlicher Anwesenheit,
- kontrolliertes Schreien (bei dem die Eltern ihre Kinder jeweils bis zu 3 Minuten allein ließen) und
- eine Kontrollgruppe (in der die Eltern beliebige Schlaftaktiken anwenden konnten).
Die Forscherinnen und Forscher beobachteten das Schlafverhalten der Kinder in den folgenden Wochen. Sie fanden keine Unterschiede in der Gesamtschlafdauer zwischen den Gruppen. Aber die Kinder in der Gruppe mit elterlicher Anwesenheit wachten nachts seltener auf, und ihre Mütter zeigten weniger Anzeichen von Stress und Depressionen.
Die Schlussfolgerung? Es scheint, als müssten Eltern die Tür nicht hinter sich schließen, damit ihre Kinder lernen sich selbst zu beruhigen. Und wenn Eltern Methoden anwenden, die das Weinen minimieren, vermeiden sie möglicherweise einen Teil des Stresses, der mit dem Schlaftraining einhergehen kann.
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