1. Ängste werden immer mehr normalisiert
Bei einer Umfrage im Jahre 1998 zur psychischen Gesundheit und dem Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen war Angst erstaunlicherweise nicht Teil der Liste von Erkrankungen, von denen Kinder betroffen sind. Das Thema war nicht wirklich ausschlaggebend im Gegensatz zu Depression und ADHS. Inzwischen leidet jedes siebte Kind im Alter von 4 bis 18 Jahren an einer psychischen Störung. Es kann mit gutem Gewissen gesagt werden, dass Angstzustände jetzt ein Thema sind.
In den vergangenen Jahren hat sich die Normalisierung von Ängsten in allen Bereichen der Gesellschaft durchgesetzt. Menschen aus allen Gesellschaftsschichten sprechen darüber und es gibt mehr Erkenntnisse über den Umgang mit Ängsten.
2. Es wird mehr auf die individuellen Stärken der Kinder geachtet
Die psychische Gesundheit hat hat einen besonderen Einfluss auf das Wohlbefinden. Sie beinflusst das Wohlergehen schon bei Schulkindern. Das Bewusstsein darüber hat sich aber bei den Eltern bis jetzt noch nicht durchsetzen können. Der große Erfolg des Buches „The Strength Switch“ von Professorin Lea Waters hat dazu geführt, dass Eltern beginnen, individuellen Stärken ihrer Kinder in ihren Familien zu berücksichtigen.
Die generelle Ausrichtung dieses Ansatzes spricht Eltern an, die die Stärken ihrer Kinder kennen. Diese kann man nutzen um sie zu motivieren, ihr Selbstvertrauen zu stärken und ihr Verhalten besser zu kontrollieren.
3. Digitale Technologie wird mehr in den Familienalltag integriert
Die Entwicklung der digitalen Technologie war in den drei Jahrzehnten, in denen ich als Elternteil aktiv bin, der größte Wendepunkt. Dieser führte Probleme wie Cybermobbing, Sicherheit im Internet und übermäßige Nutzung durch Kinder herbei. Wir wissen, dass Eltern viel über die Art und Weise, wie ihre Kinder diese Technologien nutzen, wissen möchten. Es geht um viel mehr als nur den Kindern zu verbieten, diese zu nutzen.
Die erfolgreiche Einbindung der Nutzung von Technologien in das Familienleben ist ein wichtiges Thema. Eltern möchten, dass ihre Kinder die Vorteile der digitalen Technologie nutzen können und dabei sicher sind. Sie möchten auch wissen, wie der Umgang mit der digitalen Technologie das Familienleben bereichern kann, anstatt es zu beeinträchtigen.
4. Die psychische Gesundheit spielt eine größerer Rolle
Die Wellness-Branche blüht schon seit Jahren auf und beginnt, Familien zu beeinflussen. „Finde ein Gleichgewicht“, „Übertreibe es nicht mit dem Lernen“, „Wähle mindestens ein Fach, das dir Spaß macht.“ Kinder hören zunehmend, dass psychische Gesundheit ein normaler Teil des Lebens ist, der für Glück und Wohlbefinden sorgt und nicht nur den optimalen Schulerfolg fördert.
Auch in diesem Jahr werden Eltern nach den neuesten Forschungsergebnissen, Informationen und Strategien suchen, um die psychische Gesundheit und das Wohlergehen ihrer Familien zu fördern. Schulen als vertrauenswürdige Informationsquelle spielen eine wichtige Rolle bei der Aufklärung der Eltern über diesen Fortschritt.
5. Es wird auf ein gutes Maß an Freizeitaktivitäten geachtet
Ist der Trend zu Freizeitaktivitäten für Schüler/innen an seinem Tiefpunkt angelangt? Hat die Betriebsamkeit der Kinder ihren Höhepunkt erreicht? Jahrelang wurden die Vorteile von Freizeitaktivitäten für Kinder angepriesen. Allerdings gibt es Folgen in Form von überlasteten Kindern, verzweifelten Eltern und zu wenig Zeit mit der Familie, die außer Acht gelassen wurden.
Das Wort „Ausgewogenheit“ ersetzt jetzt den Begriff „Vorteile“, wenn es um Freizeitaktivitäten geht. Der potenzielle Stress, den die Überlastung der Schüler/innen auf das Familienleben und das Wohlbefinden der Eltern ausüben kann, ist mittlerweile eine weit verbreitete Sorge. In diesem zunehmend wettbewerbsorientierten Bildungsumfeld sehnen sich die Eltern nach mehr Ausgewogenheit.
6. Besondere Übergänge werden gefeiert
Als Gesellschaft haben wir lange Zeit versucht, Übergangsriten für Jugendliche zu schaffen. Früher waren der erste Job oder der 18. Geburtstag eines Jugendlichen ein wichtiges Zeichen für seine Volljährigkeit. Sie gaben ihm das Gefühl, dass er der Erwachsenenwelt beitritt. Veränderungen in der Gesellschaft haben diese traditionellen Meilensteine weitgehend verschwinden lassen, was es für Jugendliche schwieriger macht, zu wissen, wann sie erwachsen sind.
Es gibt viele gute Möglichkeiten, die zunehmende Reife eines Jugendlichen anzuerkennen und seinen Weg zum Erwachsensein zu feiern. Viele Familien schaffen jetzt ihre eigenen Wege, um besondere Anlässe wie das Ende der Grundschulzeit, den Übergang in die Teenagerjahre und verschiedene Phasen der Pubertät zu feiern.
7. Die innere Uhr erlangt mehr Bedeutung
Schlaf steht seit einigen Jahren ganz oben auf der Liste der Themen, die in der Schule mit Eltern besprochen werden müssen. Und das zu Recht, denn Kinder bekommen nicht genug von dieser Aktivität, welche die Leistungsfähigkeit und die seelische Gesundheit fördert. Die meisten Tipps für Eltern zum Thema Schlaf konzentrieren sich auf die Entwicklung guter Schlafgewohnheiten, wobei Regelmäßigkeit und Routine die wichtigsten Bausteine sind. Angesichts der neuesten Erkenntnisse aus der Gehirnforschung zum Thema Schlaf sind diese Strategien jedoch kaum geeignet.
Bisher ging man davon aus, dass die innere Uhr (zirkadianer Rhythmus) das Gefühl von Schläfrigkeit und Wachsein über einen Zeitraum von 24 Stunden regelt. Neue Untersuchungen zeigen, dass die innere Uhr auch das Timing für viele unserer Körper- und Gehirnfunktionen bestimmt. Wenn du dich an die innere Uhr hältst, kann dein Kind oder dein Teenager nicht nur gut schlafen, sondern auch seine körperliche und geistige Leistungsfähigkeit optimal ausnutzen. Arbeitest du dagegen, wird nicht nur die geistige Gesundheit beeinträchtigt, sondern auch die Bewältigung alltäglicher Aufgaben wird schwieriger. Besonders bemerkenswert ist jedoch die Tatsache, dass wir unsere innere Uhr jeden Tag neu einstellen können. Das ist interessant, denn es ist einfacher, als wir zunächst dachten, den sprichwörtlichen guten Schlaf zu bekommen. Es geht darum, dass die innere Uhr mit ihnen zusammen arbeitet und nicht gegen sie.
8. Familien essen wieder mehr gemeinsam
Die Engländer haben vor einem Jahrzehnt etwas Simples und doch Bedeutendes getan. Sie haben erkannt, dass Eltern mit ihren Kindern sprechen müssen, wenn sie das Verhalten und die Denkweise ihrer Kinder beeinflussen wollen. Eine landesweite Kampagne wurde durchgeführt, um Eltern zu ermutigen, regelmäßig mit ihren Kindern gemeinsam zu essen. Diese Kampagne war so erfolgreich, dass die Anzahl der gemeinsamen Mahlzeiten in Familien deutlich zunahm. Dadurch wurde den Eltern die Fähigkeit zurückgegeben, das Verhalten ihrer Kinder zu beeinflussen, was zuvor fast unmöglich war.
Gespräche zwischen Eltern und Kindern wurden als beziehungsfördernd angepriesen und nicht als Taktik, um das Verhalten und die Denkweise von Kindern und Jugendlichen zu beeinflussen. Angesichts einer zunehmend chaotischen und sich rapide verändernden Welt erkennen Eltern wieder die Vorteile eines beidseitigen Austauschs mit ihren Kindern über verschiedene Themen. Das gemeinsame Essen, welches in den letzten Jahren etwas vernachlässigt wurde, erlebt jetzt ein Comeback. Das freut uns sehr.
Die klügsten und selbstbewusstesten Eltern sind immer einen Schritt voraus anstatt hinterherzuhinken, wenn es darum geht, was Kinder und Teenager denken und tun.
Bildquelle: https://www.freepik.com/free-photo/parents-with-their-children-walking-forest_5508144.htm