Nur zwei Tage nach Beginn des neuen Jahres erhielten wir die schwierige Nachricht, dass meine 91-jährige Großmutter verstorben war. In den darauffolgenden Tagen taten wir das, was jeder im Trauerprozess tut. Wir erinnerten uns. Wir erzählten eine Menge Geschichten. Wir erinnerten uns an Gespräche und besonders wichtige Momente, die uns in Erinnerung geblieben sind.
Und wir erinnerten uns daran, dass meine Großmutter eine großartige Fragestellerin war. Sie hatte den Ruf, über alles Bescheid zu wissen, insbesondere über alle romantischen Beziehungen, in die wir verwickelt waren. Als Teenager war das eine Qual, als wir allerdings älter wurden, fanden wir ihre ständige Suche nach Informationen nicht mehr nur als Mittel zum Zweck, um mehr zu erfahren. Es war eigentlich ein Mittel für ein anderes Ziel. Es war ein Weg für sie, uns zu ermutigen und uns bei allem, was wir taten, zu unterstützen. Ihre großartigen Fragen machten sie zu einer großartigen Großmutter.
Barbara Walters, die Reporterin, die für ihre Interviews mit hochkarätigen Persönlichkeiten und ihre unheimliche Fähigkeit, Menschen mit ihren Fragen zum Weinen zu bringen, berühmt ist, wurde selbst interviewt, als sich ihre Zeit beim Rundfunk dem Ende zuneigte. Über ihre ikonische Rolle in der Geschichte des Rundfunks sagte sie: „Das Wichtigste, was ein Journalist oder Interviewer tun kann, ist zuzuhören. Zu oft schreiben wir Fragen auf und egal, was passiert, wir gehen zur zweiten und dritten Frage über, weil wir sie so geschrieben haben. Das sollten wir nicht. Die erste Frage wird gestellt und die zweite Frage sollte lauten: Warum? Wie kommt es dazu? Erzähl mir mehr.“
Offensichtlich war sie ein absoluter Profi als Interviewerin. Aber ihre Einblicke in das, was sie in ihrem Job so großartig machte, sind die gleichen Dinge, die meine Großmutter außergewöhnlich machten.
Fragen sind mächtig – umso mächtiger, wenn sie eine Antwort auf das sind, worauf wir zunächst absichtlich abgezielt haben.
Gezielte Fragen sind das beste und einfachste Werkzeug, das wir als Eltern haben, um in das Leben unserer Kinder zu investieren.
Sie zeigen, dass wir mehr als nur Informationen wollen – wir wollen wissen, wie unsere Kinder ticken, was sie motiviert, was sie herausfordert und was sie verletzt.
Eine gute erste Frage sagt: Ich bin interessiert.
Aktives Zuhören sagt: Ich interessiere mich.
Eine gezielte zweite Frage sagt: Du bist mir wichtig.
Und das, was dann folgt, schafft einer gewisse Form der Gleichheit in der Beziehung zwischen dir und deinen Kindern.
Klar, wir können mit „Wie war dein Tag?“ anfangen. „Was ist in der Schule passiert?“ Was daraufhin passiert, steht allerdings in keinem Buch, Blog oder Artikel. Was als Nächstes passiert, hängt von uns ab. Man kann es nicht vorschreiben oder vorhersagen, doch genau darin liegt der Zauber.
Es geschieht in der Stille, wenn dein Kind langsam auftaut und über die verschiedenen Facetten seines Lebens berichtet und du interessiert das aufsaugst, was es dir sorgfältig anvertraut hat. Und es passiert, wenn deine Reaktion und deine Antwort immer und immer wieder sagen: „Du hast meine volle Aufmerksamkeit, es gibt keinen Ort, an dem ich lieber wäre, danke, dass du mich in deine Gedankenwelt reinlässt.“
Sei darauf vorbereitet, dass du vielleicht mehr zu hören bekommst, als du erwartet hast. Du erfährst vielleicht die Details über die Schätze der anderen, über das Kind neben ihnen im Bus, über das, was in der Mittagspause serviert wurde, oder über die Grausamkeiten in ihrem Chemieunterricht. Aber du wirst auch der beste Schüler deines Kindes und erwirbst dir den Ruf und eines Tages auch das Vermächtnis, die Person im Leben deines Kindes zu sein, die alles getan hat, um zum Kern der Sache vorzudringen, um sie zu verstehen. Das vergisst man nicht so schnell.
Sie wissen es vielleicht noch nicht, aber als Elternteil, der eine gute erste Frage und eine noch bessere zweite Frage stellt, arbeitest du darauf hin, der beste Zuschauer in der ersten Reihe im Leben deiner Kinder zu sein. Du wirst ihr Cheerleader, ihr Vertrauter und ihr Biograf des Lebens, der sich an all die großen Dinge erinnert, aber auch die kleinen Dinge nicht vergisst – die Dinge, die deine Kinder einzigartig machen und einzigartig für dich sind.
Bildquelle: https://www.pexels.com/photo/woman-holding-baby-near-window-1109238/