Es ist eine uralte Frage. Seit Generationen diskutieren Eltern auf der ganzen Welt über die effektivsten Erziehungsmethoden.
Schlimmer noch, die Fronten sind verhärtet – Eltern auf beiden Seiten des Lagers beharren darauf, dass IHR eigener Weg der effektivste ist, um Kinder zu erziehen. Währenddessen suchen viele verzweifelte Eltern nach wirklich hilfreichen Lösungen, die endlich Frieden in ihr Zuhause bringen:
Ist körperliche Bestrafung manchmal vielleicht doch hilfreich?
Oder ist das Konzept Auszeit vielversprechend?
Ist Schreien schädlich?
Was ist mit dem Zählen bis 3?
Sollte ich meine Kinder belohnen?
Oder nur mit Konsequenzen arbeiten?
Was ist, wenn mein Ehepartner und ich unterschiedlich disziplinieren?
Sollte ich meine Kinder dafür bezahlen, dass sie Hausarbeiten erledigen?
Diese Liste könnte endlos weitergeführt werden. Ich weiß, wie endlos sie ist, denn ich habe mir all diese Fragen und noch mehr gestellt, nachdem ich meine persönliche Grenze erreicht hatte. Nachdem ich fast jeden Abend heiser ins Bett gegangen war, weil ich gemahnt, gemeckert und ja, auch gebrüllt hatte – und trotzdem keine Veränderung im Verhalten meiner Kinder sah – wusste ich, dass es einen besseren Weg geben musste.
Es ist wichtig sich vor Augen zu halten, das egal in welcher Situation ihr gerade steckt, noch nicht alle Hoffnung verloren ist. Ich weiß das, denn ich war auch schon da – tief in den Gräben der Erziehung- und sah keinen Ausweg. Ich bin der festen Überzeugung, dass Wissen Macht ist und dass du mit dem richtigen Handwerkszeug zu dem Elternteil werden kannst, der du schon immer sein wolltest.
Da diese folgenden Methoden auf soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen und umfassend erforschten Praktiken beruhen, kann ich mit gutem Gewissen sagen, dass sie für Kinder vom Kleinkind bis zum Teenager funktionieren und unabhängig von den Umständen, in denen sich deine Familie befindet, wirksam sind.
Was ist das Ziel der Disziplinierung?
Bevor wir darüber sprechen, was in der Erziehung machen oder besser nicht machen sollte, sollten wir uns einen Moment Zeit nehmen und über das Ziel der Disziplinierung nachdenken.
Wenn ich dich nach deinen Disziplinierungszielen frage, denkst du wahrscheinlich an typische Fehlverhaltensweisen:
Die Rivalität zwischen Geschwistern beenden.
Die respektlose Haltung meiner Tochter eindämmen.
Die Wutausbrüche stoppen.
Die Streitereien beim Essen beenden.
Und so weiter, und so weiter, und so weiter….
Jedes dieser Ziele ist zwar absolut berechtigt und gut gemeint, wenn wir uns allerdings nur auf ein oder zwei konkrete kleine Probleme konzentrieren, verpassen wir den Sinn von Disziplin.
Bei der Disziplinierung geht es, im Gegensatz zur Bestrafung, um das Training. Es geht darum, unsere Kinder anzuleiten, zu informieren und ihnen beizubringen, WIE sie sich verhalten sollen, anstatt sie für ihr Fehlverhalten zu bestrafen. Das Ziel der Disziplinierung ist nicht kurzfristig orientiert – es ist nicht auf einen bestimmten Problembereich beschränkt.
Das Ziel der Disziplinierung ist ein langfristiges.
Stell dir vor, ich würde dich bitten, drei Adjektive auszuwählen, mit denen du dein Kind im Erwachsenenalter beschreiben möchtest. Widerstandsfähig? Rücksichtsvoll? Fähig? Selbstständig? Fleißig? Selbstmotiviert? Mitfühlend? Großzügig?
Wenn du eine Erziehungsmethode in Erwägung ziehst, frage dich, ob die Methode, welche du verwendest, dein Kind dazu anleitet, sich in die Richtung der von dir gewählten Adjektive zu entwickeln.
Lernt dein Kind durch Anschreien, respektvoll mit anderen umzugehen?
Lehrt die Prügelstrafe dein Kind, Mitgefühl oder Großzügigkeit zu zeigen?
Lehrt das Bezahlen deines Kindes für gute Noten es, sich selbst zu motivieren?
Ermutigt es dein Kind, sein Zimmer aufzuräumen oder die Spielsachen aufzusammeln, damit es sich selbst versorgen kann?
Das tägliche Ziel der Disziplinierung ist, dass deine Kinder aus ihren Fehlern lernen und sie nicht wiederholen. Leider sind den meisten Eltern nur kurzfristige Lösungen beigebracht worden.
Nehmen wir zum Beispiel die beliebte „Auszeit“-Taktik, Kinder in ihr Zimmer zu schicken, damit sie „darüber nachdenken, was sie getan haben“. Denken sie wirklich „darüber nach, was sie getan haben und überlegen sich alternative Verhaltensmöglichkeiten“?
Wahrscheinlich nicht.
Denn sie sind 5 Jahre alt.
Und sie haben noch nicht die ausgeprägten Fähigkeiten, die es braucht um darüber nachzudenken, was sie falsch gemacht haben und was sie beim nächsten Mal anders machen könnten.
Sie haben aber das emotionale Bewusstsein, um zu wissen, wie frustriert sie von Mama, ihrem Bruder oder ihrem Freund sind.
Das Problem mit der Auszeit (und dem Zählen bis drei, dem Hintern-versohlen und dem Entzug von Privilegien) ist, dass diese Strafen dem Kind nicht beibringen, wie es sich in einer bestimmten Situation verhalten soll.
Nur weil einem Kind immer wieder „Nein“ gesagt wird, heißt das nicht, dass es von sich aus versteht, welches Verhalten ein „Ja“ nach sich ziehen würde. Ohne richtiges Training werden Kinder trotz Bestrafung das gleiche Verhalten beibehalten.
Wenn du deine Disziplinierungsstrategien im Gegensatz dazu aber auf langfristige Ziele ausrichtest, kannst du dich jeden Tag auf die kleinen Trainingsentscheidungen konzentrieren, mit denen dein Kind lernt, ein fähiger, belastbarer und respektvoller Erwachsener zu sein.
Wie disziplinierst du dein Kind?
Wie ich bereits erwähnt habe, setzen wir den Begriff „Disziplin“ oft mit „Bestrafung“ gleich.
„Bestrafen“ kommt von der lateinischen Wurzel punir, was so viel bedeutet wie „züchtigen, rächen, bestrafen, Schmerz zufügen“.
Das Wort „disziplinieren“ kommt im Gegensatz dazu vom lateinischen Wort disciplina, das „lehren, leiten, unterweisen“ bedeutet.
Das ist der Schlüssel, um das Verhalten unserer Kinder zu korrigieren – wir geben ihnen die Werkzeuge, die sie brauchen, um ein alternatives POSITIVES Verhalten zu lernen, welches das negative Verhalten ersetzt.
Wenn wir unser Kind mit der Absicht bestrafen, es für seinen Fehler „bezahlen“ zu lassen, hilft es ihm nicht, zu lernen, wie es beim nächsten Mal eine bessere Wahl treffen kann. Bestrafung führt oft zu Machtkämpfen, und weil unsere Kinder wissen, dass sie durch schlechtes Verhalten Aufmerksamkeit bekommen, werden sie es immer wieder tun.
Weil dieses frustrierende Fehlverhalten so viel Energie und Geduld der Eltern in Anspruch nimmt, wollen sie verständlicherweise wissen, WIE sie in diesem Moment reagieren sollen. Das Problem ist aber: Wenn wir auf Erziehungsprobleme immer nur REAGIEREN, verfehlen wir unser Ziel (und sind zusätzlich völlig erschöpft).
Die effektivsten Disziplinierungsstrategien sind diejenigen, die ein Kind PROAKTIV VORBEREITEN, damit die Eltern nicht REAKTIV REAGIEREN müssen.
Erfolgreiche Disziplinierung erfordert eine anfängliche Investition im Vorfeld. Aber glaub mir, mein Freund, deine anfänglichen Investitionen werden sich auf lange Sicht auszahlen.
Wenn du wissen willst, wie du dein Kind effektiv disziplinieren kannst, um LANGFRISTIGE Ergebnisse zu erzielen, findest du hier drei Bereiche, die dir den Einstieg erleichtern:
1. Fülle den Aufmerksamkeitskorb
Kinder brauchen Aufmerksamkeit, so einfach ist das. Wenn wir diesen „Aufmerksamkeitskorb“ nicht mit positiver Aufmerksamkeit füllen, suchen Kinder nach jeder Aufmerksamkeit, die sie bekommen können – auch nach negativer Aufmerksamkeit. Sie werden uns mit negativem Verhalten auf die Palme bringen, denn für ein Kind ist selbst negative Aufmerksamkeit besser, als zu wenig Aufmerksamkeit zu bekommen.
Das bedeutet nicht, dass du rund um die Uhr an der Seite deines Kindes sein musst. Wenn du dir nur ein paar Minuten am Tag Zeit nimmst, um mit deinem Kind allein zu sein, ohne Ablenkung und mit etwas, das es gerne tun möchte, wird sich das sehr positiv auf sein Verhalten auswirken.
Nimm dir ein- oder zweimal am Tag 10 Minuten Zeit für jedes Kind einzeln und spiele ein Spiel, das es sich ausgesucht hat, oder lies sein Lieblingsbuch. Lass das Telefon auf die Mailbox gehen. Antworte nicht auf die WhatsApp. Lass das Geschirr in der Spüle stehen.
Wenn du die Aufmerksamkeitskörbe deiner Kinder positiv und proaktiv füllst, werden deine Kinder kooperativer und suchen seltener auf negative Weise nach Aufmerksamkeit.
Das Leben ist für alle sehr anstrengend und es mag anfangs entmutigend sein, zusätzliche Zeit am Tag zu finden, aber betrachte dies als eine Investition in die Beziehung zu deinen Kindern und in die Verbesserung ihres Verhaltens. Wenn es darum geht, wie du dein Kind disziplinieren kannst, kann es viel bewirken, wenn du ihm das gibst, was es braucht, um schlechtes Verhalten von vornherein zu vermeiden.
2. Nimm dir Zeit für das Training
Wenn du darüber nachdenkst, wie du dein Kind disziplinieren sollst, ist es wichtig, dich an die Grundbedeutung des Wortes zu erinnern – lehren, anweisen, führen, informieren. Der beste Weg, dein Kind zu disziplinieren, ist, ihm zu helfen, bessere Entscheidungen zu treffen, indem du ihm das richtige Verhalten oder die richtige Reaktion beibringst.
Rollenspiele sind eine gute Möglichkeit, dies zu tun.
Wenn dein Kind zum Beispiel Probleme mit dem Teilen hat und deshalb ein anderes Kind schlägt, solltest du die Situation entschärfen und ihm zeigen, wie es richtig reagieren kann, anstatt es in die Auszeit zu schicken.
„Ich würde wirklich gerne mit dem Traktor spielen, wenn du fertig bist.“
Oder wenn dein Kind einen Wutanfall bekommt, weil es hungrig ist, gib ihm die richtigen Worte mit auf den Weg: „Ich hätte gerne einen Snack, bitte“.
Und jetzt kommt der spaßige Teil: Tausche die Rollen und tu so, als wärst du das Kind und lass dich von deinem Kleinen anleiten, bessere Entscheidungen zu treffen. Und vergiss nicht: Wie alles andere auch, braucht es Beständigkeit und Wiederholungen. Erwarte nicht, dass dein Kind nach einer Runde Rollenspiel richtig reagiert. Aber Übung macht den Meister und jeder Fortschritt sorgt für mehr Frieden in deinem Zuhause.
Schließlich solltest du dein Kind positiv bestätigen, wenn es die richtigen Entscheidungen trifft – eigentlich sogar bei JEDER Bewegung in die richtige Richtung. „Ich sehe, du hast dir Mühe gegeben, das Spielzimmer ganz alleine aufzuräumen! Das ist wirklich eine große Hilfe. Ich weiß das wirklich zu schätzen.“ oder „Danke, dass du das Buch mit deinem Bruder geteilt hast. Wie nett!“
3. Setze Grenzen und halte sie ein
Bei der Hektik, die Familien heutzutage plagt, kann es schwierig sein, einen festen Tagesplan aufzustellen. Die Realität ist aber, dass Kinder gut gedeihen, wenn sie Struktur haben und ihre Grenzen kennen. Wenn die Erwartungen im Voraus klar kommuniziert werden, haben Kinder einen Rahmen, an den sie sich halten können.
Das bedeutet nicht, dass du es mit Hunderten von Regeln übertreiben sollst. Konzentriere dich stattdessen auf das, was für deine Familie am wichtigsten ist. Sei dir über die Grundregeln im Klaren und darüber, was passiert, wenn jemand gegen die Regeln verstößt – stelle sicher, dass jeder die Konsequenzen im Voraus versteht und dass die Disziplinierung dem Fehlverhalten angemessen ist.
Wenn er sich weigert, sich an die Zeitlimits für die Technik zu halten, verliert er seine Technikprivilegien für den nächsten Tag oder die nächste Woche (je nach Alter).
Aber sie die Garage aufräumen zu lassen, weil sie ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat, steht in keinem Zusammenhang und ist daher keine angemessene Konsequenz.
Sei vor allem konsequent. Ziehe jedes Mal die vereinbarte Konsequenz durch, wenn Kinder die Regeln übertreten.
Schlussgedanken
Diese Erziehungsfahrt kann sich überwältigend anfühlen! Ich hoffe, du fühlst dich etwas hoffnungsvoller, während du diese Strategien für die Anfangsdisziplin umsetzt. Leider kann ich nie alle Informationen, die ich gerne mit dir teilen würde, in einem kleinen Blog unterbringen, aber ich würde mich freuen, wenn wir weiter gemeinsam lernen!
Ich wünsche dir alles Gute für dein Erziehungsabenteuer!
Bildquelle: https://pixabay.com/photos/boys-read-atlas-book-kids-6279148/