Wissenschaft für Kinder? Das fängt ganz sicher zu Hause an. Wenn Kinder in einem Umfeld aufwachsen, in dem Wissenschaft großgeschrieben wird, werden sie ermutigt, Fragen zu stellen, kritisch zu denken, zu experimentieren, ihre Überlegungen zu erklären, zu lesen, zu schreiben, Modelle zu bauen und sich im Fernsehen Programme mit wissenschaftlichen Themen anzusehen.
Aber was sind die besten Aktivitäten und Ressourcen um diese Verhaltensweisen zu fördern? Und was ist eigentlich mit der Schule? Was sagen Studien darüber, was die besten und was die schlechteren Methoden sind, um Naturwissenschaften im Klassenzimmer zu unterrichten?
Die vielleicht wichtigste Erkenntnis ist, dass Kinder von gezieltem Unterricht in kritischem Denken profitieren. Studien legen nahe, dass Schüler/innen bessere Problemlöser werden und sogar ihren IQ erhöhen können, wenn ihnen die Prinzipien der Logik, der Überprüfung von Hypothesen und andere Methoden des logischen Denkens vermittelt werden.
Studien zeigen auch, dass Kinder mehr lernen, wenn sie ihre eigenen Überlegungen erklären müssen.
Wie wäre es, wenn du dich über die neuesten Entdeckungen informierst?
Wenn Kinder die neuesten Entwicklungen verfolgen, fühlen sie sich der Wissenschaft möglicherweise stärker verbunden. Neuigkeiten aus der Wissenschaft sind auch eine Gelegenheit für Kinder, sich mit dem wissenschaftlichen Prozess auseinanderzusetzen. Also damit, wie neue Erkenntnisse alte Konzepte unterstützen oder in Frage stellen können.
Wissenschaft für Kinder in der Schule
Das selbstständige Lernen und Aneignen von Wissen ist nicht für jeden geeignet.
Einige High Schools in den Vereinigten Staaten haben für den naturwissenschaftlichen Unterricht einen Ansatz gewählt, der als „selbstständiges Forschen“ bekannt wurde. Bei diesem Ansatz können die Schüler/innen ihre Forschungsprojekte selbst leiten. Sie entwerfen und führen ihre eigenen Studien durch.
Das hört sich gut an und könnte vielleicht ein idealer Ansatz für Kinder sein, die bereits gute Kenntnisse in Mathe und Naturwissenschaften haben und ein gewisses Interesse an diesen Themen mitbringen.
Doch für andere Kinder kann der Ansatz des „selbständigen Forschens“ zu schlechteren Noten in der Schule führen. Die Forscher Robert Tai und Philip Sadler haben die Leistungen von über 8000 amerikanischen Highschool-Schülern untersucht. Sie fanden heraus, dass Schüler/innen mit weniger fortgeschrittenen mathematischen Kenntnissen mehr in naturwissenschaftlichen Fächern lernten, wenn sie von Lehrern unterrichtet wurden – und nicht selbständig forschten.
Grundsätzlich kann aber zunächst auch festgehalten werden, dass sich die Ansätze für naturwissenschaftlichen Unterricht von einem Land zum anderen unterschieden. Kann also ein einziger Ansatz sie alle verbessern? Der finnische Forscher Pasi Reinikainen vertritt die Ansicht, dass bei den Bemühungen zur Verbesserung der naturwissenschaftlichen Leistungen lokale Faktoren berücksichtigt werden sollten.
In England zum Beispiel gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen regelmäßigen, häufigen Tests und den Leistungen in den naturwissenschaftlichen Fächern – je häufiger die Schüler/innen getestet werden, desto schlechter schneiden sie in diesen Fächern ab. In Ungarn wurden schlechte Leistungen in den Naturwissenschaften mit zu viel Gruppenarbeit in Verbindung gebracht (weil sich nur einige der Gruppenmitglieder bewusst einbringen). In Russland wird ein Schwerpunkt aufs Auswendiglernen mit schlechteren Leistungen in diesen Fächern in Verbindung gebracht.
Können wir aus diesen Erfahrungen verschiedener Länder irgendwelche Schlüsse ziehen?
Wissenschaft für Kinder: Ergebnisse aus Studien
Kleine Kinder profitieren vor allem von Tiefe, nicht von Weite . In Bezug auf den Unterricht bedeutet dies, dass sie sich über Monate mit demselben Stoff beschäftigen, anstatt von einem Thema zum nächsten zu springen. Neue Forschungsergebnisse legen nahe, dass dieser Ansatz auch älteren Schülern hilft.
In einer Studie mit amerikanischen Studenten fanden Marc Schwartz und seine Kolleg/innen heraus, dass Schüler, deren Highschool-Kurse in Naturwissenschaften mindestens ein wichtiges Thema vertieft hatten (d.h. einen Monat oder länger unterrichteten), bessere Noten auf der Universität erzielten als Gleichaltrige, die in der selben Zeitspanne mehrere Themen behandelt hatten. Schüler/innen, deren Highschool-Kurse alle wichtigen Themen abdeckten, zeigten keine besseren Leistungen in der Uni.
Diese Zusammenhänge blieben auch dann bestehen, wenn man den sozialen und wirtschaftlichen Status, die Englischkenntnisse, die mathematischen Leistungen und den Schwierigkeitsgrad der naturwissenschaftlichen Kurse in der High School berücksichtigte.
Interaktiver Unterricht fördert den Forschungswillen
Kleine Kinder und Studierende haben vielleicht sogar noch weitere Gemeinsamkeiten. Denn sie mögen keine Vorlesungen. Rochel Gelman und Kolleg/innen raten, dass Vorschulkinder viele praktische Erfahrungen benötigen, um etwas Neues über Naturwissenschaften zu lernen. Ältere Kinder scheinen ebenfalls von einem interaktiven Unterricht zu profitieren.
So profitieren z. B. Schüler/innen in den ersten Klassen des Physikunterrichts davon, wenn der Unterricht interaktiv gestaltet ist, d. h. wenn die Schüler/innen an Denkübungen oder praktischen Aktivitäten teilnehmen und durch Diskussionen mit Lehrkräften oder Mitschüler/innen sofortiges Feedback zu ihren Überlegungen erhalten. Als Robert Hare Schüler/innen in traditionellen Physikkursen (nur Vorlesungen) mit Schüler/innen in interaktiven Kursen verglich, stellte er fest, dass die Schüler/innen in den interaktiven Kursen wesentlich bessere Ergebnisse erzielten.
Anstrengung statt Talent hervorheben
Eine internationale Studie über die naturwissenschaftlichen Kenntnisse von Viert- und Achtklässlern hat bestätigt, dass die asiatischen Länder (z. B. Singapur, Korea, Hongkong, Taiwan und Japan) die am besten qualifizierten Schüler/innen hervorbringen.
Dafür gibt es viele Gründe, einer davon könnte in der Haltung liegen: In asiatischen Kulturen wird eher eine flexible, leistungsorientierte Auffassung von Intelligenz vertreten. Und Menschen, die glauben, dass Intelligenz durch Anstrengung geprägt wird, lernen besser und erreichen mehr in der Schule.
Stereotypen entgegenwirken
Studien zeigen, dass Menschen bei Tests schlechter abschneiden, wenn sie glauben, dass „jemand wie sie“ in einem Fach grundsätzlich schlechter abschneidet. Dieses Phänomen wird als Bedrohung durch Stereotype bezeichnet.
Beeinflussen Stereotype die Art und Weise, wie wir Kindern Naturwissenschaften vermitteln? Das scheint möglich.
Eine Studie unter Europäern fand zum Beispiel heraus, dass Eltern tendenziell davon ausgehen, dass Naturwissenschaften für Mädchen weniger geeignet und anspruchsvoller sind als für Jungen. Als Forscher/innen Gespräche zwischen Eltern und Kindern analysierten, stellten sie außerdem fest, dass Väter eine anspruchsvollere Sprache verwendeten, wenn sie mit ihren Söhnen an einem wissenschaftlichen Projekt arbeiteten als mit ihren Töchtern.
Wenn Eltern dies tun, können wir uns ausmalen, dass die Kinder selbst diese Stereotypen bewusst und unterbewusst annehmen könnten. Und das wiederum könnte dann zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung führen, die zu geringeren schulischen Leistungen in naturwissenschaftlichen Fächern führt.
Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/fokussierte-kleine-madchen-mit-mikroskop-im-raum-5063442/