Wir alle kennen das: Wir sehen unser Kind oder unseren Teenager an und denken Dinge wie:
Ich kann nicht glauben, dass du dich gerade so verhalten hast!
Ich kann nicht glauben, dass du dich über etwas so Kleines so aufgeregt hast!
Ich kann nicht glauben, dass das für dich so eine große Sache war!
Manchmal verstehen wir unsere Kinder einfach nicht, egal wie sehr wir uns bemühen. Vielleicht ist dein Kind schon seit Jahren von demselben Freund frustriert. Vielleicht fühlt sich dein Teenager von den Instagram-Profilen oder TikTok-Followern anderer unterlegen. Vielleicht ist dein Kind ganz begeistert von Fantasy Football. Was auch immer es ist, die Emotionen unserer Kinder können uns verwirren, aber wie wir mit ihnen umgehen, hat weitreichende Auswirkungen.
Was ist also das Geheimnis?
Empathie
Definieren wir Empathie als „die Fähigkeit, die Emotionen und Erfahrungen eines anderen zu erkennen und zu teilen“. Empathie ist wie ein Radar – sie nimmt auf, was in unseren Kindern vorgeht, und geht dann mit ihnen in diese Gefühle hinein.
Mit unserem Kind zu feiern ist einer der Bereiche, den viele von uns vernachlässigen. Ich erlebe oft, dass Eltern, mich eingeschlossen, auf Aufregung mit verdrehten Augen, Desinteresse oder offener Verachtung reagieren.
Sei kein Spielverderber. Lächle, wenn sie lächeln. Lache, wenn sie lachen. Sei interessiert an dem, was sie interessiert.
Eine weitere Dynamik der Empathie, also des Mitfühlens mit den Gefühlen unserer Kinder, dreht sich um die schwierigen Dinge. Wenn es um schwierige Emotionen geht, hat es meine Frau wohl am besten ausgedrückt, als sie sagte: „Ich will nicht, dass du es in Ordnung bringst, ich will, dass du es fühlst.“ Genauso wollen unsere Kinder oft nicht, dass wir das, was sie durchmachen, in Ordnung bringen, sondern sie wollen, dass wir es mit ihnen fühlen.
Ratschläge vs. Empathie
Du denkst jetzt vielleicht: „Ist ein ehrlicher, hilfreicher Rat nicht wichtig?“ Ja, aber es gibt eine Zeit und einen Ort dafür. Und wenn dein Kind aufgewühlt ist, ist das nicht der richtige Zeitpunkt für einen Ratschlag. Wenn wir den Zeitpunkt falsch wählen, kann es passieren, dass wir uns aus der Beziehung zurückziehen und unser Kind unseren Rat gar nicht erst hören will, selbst wenn er gut ist.
Denn Ratschläge können gut und hilfreich sein und trotzdem Schaden anrichten, wenn der Zeitpunkt falsch gewählt ist. Wenn dein Kind emotional ist, wird es von seinem emotionalen Teil des Gehirns gesteuert. Der logische Teil des Gehirns hat seine Aktivität stark reduziert. Egal, wie logisch dein Ratschlag ist, er wird nicht zählen, weil er emotional aufgenommen wird.
Das ist nicht unbedingt etwas Schlechtes. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die meisten von uns viel zu viel Gewicht auf die Kraft ihrer Ratschläge legen und viel zu wenig auf die Kraft ihrer Empathie. Wenn du dich also dafür entscheidest, ihre Gefühle mit ihnen zu fühlen, bedeutet das nicht, dass du nichts tust. Stattdessen tust du etwas wirklich Kraftvolles. Es bedeutet, einfühlsam zu sein, und Einfühlungsvermögen ist ein Beziehungselement.
Deshalb möchte ich dir nur zwei Worte mit auf den Weg geben, die du dir merken solltest: Wähle Empathie.
Wähle Empathie
Wenn dein Kind sehr aufgeregt ist, sag dir: „Wähle Empathie.“
Wenn es frustriert, wütend oder traurig ist, sag dir: „Wähle Empathie.“
Wenn dein Kind eine Emotion aus einem Grund zeigt, den du überhaupt nicht verstehen kannst, wähle Empathie.
Wenn dein Kind das nächste Mal Frust zeigt, sich überfordert fühlt oder ein Problem äußert – auch wenn du denkst, dass du die beste Lösung hast, um es zu lösen -, heb dir das für einen besseren Zeitpunkt auf und wähle stattdessen Empathie in diesem Moment.
Empathie zeigen
Studien zeigen, dass einfacher Augenkontakt Empathie in dir auslöst. Das heißt, wenn du deinem Kind in die Augen schaust, empfindest du mehr Mitgefühl für es.
Du kannst auch ihre Gefühle spiegeln. Ihre Emotionen zu spiegeln (nicht zu verspotten) bedeutet, ihren Gesichtsausdruck mit deinem zu vergleichen. Wenn du ihre Gefühle spiegelst und Augenkontakt hältst, schaltet sich der logische Teil ihres Gehirns wieder ein. Das hilft ihnen, weniger Kummer zu empfinden. Wenn wir sehen, dass unser Kind in emotionaler Bedrängnis ist, wollen wir, dass es logischer denkt. Aber nicht deine Logik macht sie logischer, sondern deine Empathie.
Dein Kind wird eher das Gefühl haben, dass du es verstehst, wenn du es nicht verurteilst, aufrichtig und geduldig bist – mehr ist nicht nötig.
Aber je nachdem, wie dein Kind veranlagt ist, braucht es vielleicht eine verbale Bestätigung von dir, dass du das Thema und die Gefühle verstehst. Du kannst z.B. so etwas sagen wie: „Du warst heute beim Fußballtraining frustriert, weil ihr nicht als ein Team gespielt habt. Das ist verständlich.“ oder „Du hast das Gefühl, dass dein Lehrer dich im Unterricht missverstanden hat und das war dir peinlich.“ oder „Du bist entmutigt, weil du in der Schule nicht so gut bist, obwohl du so viel Zeit mit den Hausaufgaben verbracht hast.“
Du musst kein/e Psychologe/Psychologin oder Berater/in sein. Du musst nur ein/e Schüler/in deines Kindes sein. Übe dich in Präsenz und beobachte, wie sich eure Beziehung verändert. Empathie ist der Beginn von Hoffnung und der Schutz von engen Beziehungen.
Bildquelle: https://pixabay.com/photos/baby-tears-portrait-people-small-3363419/