Persönliche Problemlösung ist eine unterschätzte Fähigkeit, die resiliente Kinder und Erwachsene besitzen. Die Fähigkeit, eigene Probleme zu lösen, ist die Grundlage für die Selbstständigkeit und das Selbstvertrauen eines Kindes und wurde von amerikanischen Forschern und Forscherinnen als wichtigste Fähigkeit neben Unabhängigkeit, sozialer Bindung und Optimismus identifiziert.

Lösen Eltern alle Probleme ihrer Kinder, verstärken wir nicht nur ihre Abhängigkeit von Erwachsenen, sondern lehren Kinder auch, Angst davor zu haben, Fehler zu machen und sich die Schuld dafür geben, nicht gut genug zu sein. Dies ein fruchtbarer Boden für Ängste und depressive Erkrankungen.

Wie können wir also Kinder dazu erziehen, mutige Problemlöser zu sein und nicht selbstkritische, risikoscheue Menschen? Hier sind sechs praktische Ideen, die dir den Einstieg erleichtern:

Lass deine Kinder ihre Probleme selbst lösen

Kinder gewöhnen sich daran, ihre Probleme den Eltern zur Lösung vorzulegen. Wenn du sie immer wieder löst, werden sie sie immer wieder ansprechen. „Mama, Sarah nervt mich“, „Papa, kannst du meinen Lehrer bitten, mich für das Fußballteam auszuwählen?“, „Ich finde meine Socken nicht!“ Wenn du wenig Zeit hast, ist es verlockend, einfach einzuspringen und den Kindern zu helfen. Du kannst aber auch einen Ansatz zur Problemlösung wählen, indem du sie aufforderst, ihre eigenen Probleme zu lösen und die Verantwortung für ihre Anliegen zu übernehmen. „Was kannst du tun, damit sie aufhört, dich zu ärgern?“, „Wie gehst du am besten mit deinem Lehrer um?“, „Wo könnten deine Socken sein?“

Auf die guten Fragen kommt es an

Ein problemlösender Ansatz beruht darauf, gute Fragen zu stellen, und das kann eine Herausforderung sein, wenn du es gewohnt bist, die Probleme deines Kindes zu lösen. Wenn ein Kind dir ein Problem vorträgt, sollte die erste Frage lauten: „Kannst du das alleine lösen?“ Die nächste Frage sollte lauten: „Was soll ich tun, um dir bei der Lösung des Problems zu helfen?“ Diese Fragen sollen die Kinder nicht davon abhalten, zu dir zu kommen. Sie sollen sie vielmehr ermutigen und ihnen beibringen, ihre Probleme selbst in die Hand zu nehmen.

Unterstütze deine Kinder beim Lösen ihrer Probleme

Stell dir vor, dein Kind hat das Gefühl, dass es von einer Lehrerin oder einem Lehrer ungerechterweise aus dem Sportteam der Schule ausgeschlossen wurde und bittet dich, zu helfen. Die einfachste Lösung wäre es, sich mit der Lehrkraft zu treffen und herauszufinden, was Sache ist. Dadurch kannst du das Problem vielleicht lösen, aber dein Kind lernt dadurch, von dir abhängig zu sein. Stattdessen könntest du dein Kind anleiten, selbst mit der Lehrkraft zu sprechen und herauszufinden, warum es nicht mitmachen darf. Natürlich gibt es Situationen, in welchen Kinder ihre Eltern als Fürsprecher brauchen, z. B. wenn sie gemobbt werden. Doch wir müssen das Beste aus den Gelegenheiten machen, in denen Kinder für sich selbst sprechen können. Hilf deinen Kindern, die richtigen Worte zu finden und besprich mit ihnen, wie sie am besten auf eine andere Person zugehen können, wenn sie Probleme haben. Das sind wichtige Fähigkeiten, die sie ins Erwachsenenleben mitnehmen.

Lass deine Kinder „allzeit bereit“ sein

Vielleicht bringst du deinem Kind bei, unabhängig zu sein – zu Fuß zur Schule zu gehen, einige Zeit allein zu Hause zu verbringen (wenn es alt genug ist), mit Freunden mit dem Zug zu fahren – aber weiß dein Kind auch, was es in einem Notfall tun soll? Was geschieht, wenn sie nach der Schule nach Hause kommen und die Tür abgeschlossen ist? Zu wem gehen sie dann? Besprich mit deinen Kindern verschiedene Situationen, wenn sie sich in neue oder potenziell gefährliche Situationen begeben, damit sie nicht verzweifeln, wenn die Dinge nicht so funktionieren, wie sie sollten. Erinnere dich an das Motto der Pfadfinder: „Allzeit Bereit!“

Zeige deinen Kindern, dass du Vertrauen in sie hast

Manchmal muss man Kindern Vertrauen entgegenbringen. Leicht können wir ihnen mit unseren negativen Erwartungen einen Strich durch die Rechnung machen. Wir können zum Beispiel zu einem Kind, das ein Glas mit Wasser trägt, sagen: „Verschütte es nicht!“ Natürlich will dein Kind es nicht verschütten, aber du hast mit dieser Aussage deine Einschätzung zum Ausdruck gebracht. Wir müssen aufpassen, dass wir die Bemühungen der Kinder, selbstständig Probleme zu lösen, nicht mit Kommentaren wie „Jetzt mach es nicht kaputt!“, „Du kriegst das hin, oder?“ oder „Du passt nicht besonders gut auf dich auf!“, sabotieren.

Fehler sind normal und in Ordnung

Würdest du einem Kind, das in deiner Familie beim Ausräumen der Spülmaschine aus Versehen einen Teller kaputt macht, mit einem „Das ist wirklich ärgerlich, du bist manchmal ungeschickt“ oder mit einem „Das macht nichts, danke für deine Hilfe“ antworten? Ich hoffe, dass es nicht die erste Antwort ist, denn nichts hemmt die natürliche Tendenz eines Kindes, sich selbst zu übertreffen, mehr als ein Erwachsener, der keine Fehler dulden kann. Wenn du ein eher wenig experimentierfreudiges, perfektionistisches Kind hast, solltest du lieber die positiven Seiten hervorheben, damit es lernt, dass Fehler nicht auf es persönlich zurückfallen und dass die Welt auch dann noch in Ordnung ist, wenn es einen Teller zerbricht, einen Witz erzählt, der daneben geht, oder bei einer Prüfung nicht optimal abschließt.

Als Elternteil ist es deine Aufgabe, dich so früh wie möglich entbehrlich zu machen (das beudeutet nicht, dass du unwichtig bist). Die Tendenzen, eigene Probleme zu erkennen und zu lösen, statt sich zurückzuziehen und zu warten, bis andere sie gelöst haben, werden in der Regel in der Kindheit entwickelt. Mit viel regelmäßiger Übung wird das selbstständige Lösen von Schwierigkeiten zu einem bedeutenden Verhalten, das am Arbeitsplatz, in der Gesellschaft und in der Familie nützlich ist.

Bildquelle: https://unsplash.com/photos/4Ennrbj1svk

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