Der dreijährige Jonas war müde und quengelig. Er weigerte sich, seinen Teller in die Spüle zu stellen, nachdem er gegessen hatte.
Julia, Jonas Mutter, die sonst sehr streng ist, bestand nicht darauf, dass ihr Sohn das tut. Sie wusste, dass es am besten war, ihren Sohn in Ruhe zu lassen, wenn er in „eine dieser Launen“ geriet.
„Ihr müsst euch eure Schlachten aussuchen“, sagte Julia zu den anderen Eltern im Raum.
Und sie fügte hinzu: „Vor allem müsst ihr euch den Zeitpunkt eurer Kämpfe aussuchen. Müde und frustrierte Kinder sind nicht in der Lage zu verstehen, was ein Elternteil sagt. Da bringen die besten Argumente nichts.“
Das war eine kluge Entscheidung von Julia. Sie hätte sich leicht auf einen Streit mit ihrem Sohn einlassen können, aber das wäre sinnlos gewesen. Wahrscheinlich hätte sie diese „Schlacht“ sogar gewonnen, aber dann auf Kosten eines gereizten Sohnes und eines andauernden Widerwillens.
Ist Gewinnen das Ziel?
Bei den Auseinandersetzungen mit unseren Kindern geht es oft um größere und wichtigere Themen wie Macht (“ Tu, was ich sage!“) und Kontrolle („So muss das sein.“) und weniger um so grundsätzliche Dinge wie Sauberkeit und Ordnung. Die Vernunft bleibt in der Regel auf der Strecke, wenn wir uns in Streitereien mit Kindern verwickeln lassen.
Wählst du den richtigen Zeitpunkt?
Julia möchte wie alle anderen Eltern ihrem Kind gute Gewohnheiten beibringen, sie wählt dafür aber die richtige Zeit und den richtigen Ort aus. Die beste Zeit für erfolgreiches Lehren und dem bilden von Gewohnheiten ist, wenn Eltern und Kinder entspannt sind und sich gut verstehen. Die Zeit, die man mit seinen Kindern verbringt, ist eine großartige Gelegenheit, Beziehungen zu knüpfen und ihnen Dinge beizubringen.
Welche Kämpfe wählst du?
Die Kämpfe, die du mit deinen Kindern führst, verraten viel über deine Wertvorstellungen als Elternteil. Wenn du feststellst, dass du dich gegen das respektlose Verhalten deines Kindes gegenüber Geschwistern oder Freunden wehrst, dann ist Respekt ein wichtiger Wert für dich. Wenn du immer darauf bestehst, dass dein Kind gute Manieren an den Tag legt, selbst wenn es müde ist, dann sind faire Behandlung und gute Manieren für dich wichtige Werte. Wenn du darauf bestehst, dass dein Kind freundlich und großzügig zu anderen ist, und du dich über seinen Egoismus ärgerst, dann ist Großzügigkeit höchstwahrscheinlich eine Eigenschaft, die du sehr schätzt. Wir neigen dazu, sehr für die Werte zu kämpfen, die uns am Herzen liegen, und werden wütend, wenn unsere Kinder sich nicht diesen Werten entsprechend verhalten.
Sind die Kleinigkeiten wirklich so wichtig?
Manchmal zeigen Kinder und Jugendliche eine Vielzahl von unangenehmen Verhaltensweisen und Einstellungen, während sie durch eine schwere Zeit gehen. Ein Jugendlicher lässt zum Beispiel sein Zimmer unordentlich, schläft immer wieder zu lange, streitet sich mit seinen Geschwistern, streitet ständig mit seinen Eltern und kommt regelmäßig zu spät von der Schule nach Hause. Streiten sich die Eltern mit ihrem Kind wegen allem, kann das zu emotionaler Erschöpfung und einer schlechten Beziehung führen. Es wäre besser, die meisten kleineren Fehler zu ignorieren und sich auf die wichtigeren Verhaltensweisen und das große Ganze zu konzentrieren, z. B. darauf, wie ein Jugendlicher mit anderen umgeht.
Wenn ein Jugendlicher zum Beispiel ständig sein jüngeres Geschwisterkind beschimpft und kritisiert, würdest du dann die Schimpfwörter an sich oder die implizite Abwertung aufgreifen? Die Abwertung ist viel schlimmer als die Schimpfwörter und sollte daher dein Hauptanliegen sein. Oft verwenden wir viel zu viel Zeit auf die unwichtigen Dinge und vernachlässigen die wichtigeren Probleme, weil uns dies einfacher und entspannter vorkommt.
Gehst du allen Streitereien aus dem Weg?
So sehr wir uns auch wünschen, immer ein gutes Verhältnis zu unseren Kindern zu haben, muss das nicht auf Kosten einer guten Erziehung gehen. Eltern, die sich nie auf einen Streit mit ihren Kindern einlassen, tun ihnen in der Regel keinen Gefallen. Man nennt das den Laissez-faire- oder toleranten Ansatz, bei dem die Eltern viel Wert auf den Aufbau von Beziehungen und wenig Wert auf Konsequenz und Abgrenzung legen. Für Kinder ist es viel besser, wenn du einen kooperativen oder autoritativen Ansatz wählst, bei dem es eine gesunde Mischung aus Beziehungspflege und Konsequenz gibt. Eltern, die diesen Ansatz verfolgen, wissen in der Regel genau, welche Verhaltensweisen sie ignorieren sollten und in welche Schlachten sie ziehen sollten. Sie haben außerdem viel Zeit damit verbracht, genug Wohlwollen bei ihren Kindern aufzubauen, um eventuelle Meinungsverschiedenheiten zu überstehen.
Wähle also deine Kämpfe weise. Vermeide es, deine Kraft und dein Wohlwollen zu verschwenden, indem du dich mit deinen Kindern wegen Kleinigkeiten streitest, oder wenn sie sichtlich müde und schlecht gelaunt sind. Auf der anderen Seite solltest du darauf achten, dass du sie bei den wirklich wichtigen Dingen ansprichst, egal wie ihre Laune ist.
Bildquelle: https://unsplash.com/photos/Iq9SaJezkOE