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Kinder richtig loben – Erkenntnisse aus der Forschung

by Lara

Vor einigen Jahren zögerten die Amerikaner, die Intelligenz ihrer Kinder zu loben. Wie viele Menschen auf der ganzen Welt glaubten auch die Amerikaner, dass das Lob ihrer Kinder sie arrogant oder narzisstisch machen würde.

Doch dann trat eine Wende ein. Amerikanische Pädagog:innen ließen sich von der Bewegung zur Stärkung des Selbstwertgefühls verführen. Sie begannen, die Idee zu verbreiten, dass Kinder Lob brauchen, um erfolgreich zu sein. Willst du, dass dein Kind etwas erreicht? Sag ihm, dass es intelligent ist.

Jahrzehnte später ist diese Idee immer noch in der Volkskultur verankert. Schau dir Blue’s Clues an, eine Vorschulserie, die jede Folge mit einer Lobeshymne für Kinder beendet: „Hey, weißt du was? Du bist wirklich schlau!“

Das ist gut gemeint. Doch es ist auch ein Denkfehler.

Es hat sich nämlich herausgestellt, dass bestimmte Arten von Lob nach hinten losgehen können. Vor allem, wenn man Kindern sagt, dass sie schlau sind, können sie sich dadurch blöd anstellen. Und das ist der Beweis dafür:

Lobt man Kinder für ihre Fähigkeiten, konzentrieren sie sich darauf, gut dazustehen – und nicht zu lernen. Kinder, die man für ihre Intelligenz lobt, wollen sich immer wieder beweisen, indem sie gut abschneiden. Das mag zwar gut klingen, ist aber tatsächlich kontraproduktiv

So wirkt sich Lob auf Schüler:innen aus

In einer bahnbrechenden Versuchsreihe mit amerikanischen Fünftklässler:innen fanden die Forscherinnen Claudia Mueller und Carol Dweck heraus, dass sich Kinder je nach der Art des Lobes, das sie erhielten, völlig unterschiedlich verhielten.

Kinder, die man für ihre Intelligenz lobte, neigten dazu, Herausforderungen zu meiden. Stattdessen zogen sie leichtere Aufgaben vor. Außerdem war es ihnen wichtiger, wie gut sie im Vergleich zu anderen abschnitten, als zu lernen, wie sie ihre Leistung in Zukunft steigern können.

Im Gegensatz dazu zeigten Kinder, die für ihren Fleiß gelobt wurden, das Gegenteil. Sie bevorzugten Aufgaben, die eine Herausforderung darstellten – Aufgaben, aus denen sie lernen würden. Kinder, die man für ihren Fleiß lobte, waren eher daran interessiert, Erfolgsstrategien zu entwickeln, als zu wissen, wie andere Kinder abschnitten.

Die Kinder unterschieden sich auch in anderen Hinsichten. Im Vergleich zu Kindern, die man für ihren Fleiß lobte, neigten Kinder, die man normalerweise für ihre Fähigkeiten lobte, eher dazu

  • nach einem Misserfolg häufiger aufgeben
  • nach einem Misserfolg schlechtere Leistungen zu erbringen und
  • häufiger falsch anzugeben, wie gut sie eine Aufgabe bewältigt haben.

Und das ist noch nicht alles. Kinder, die für ihre Intelligenz Lob erhielten, sahen ihre Fehlschläge eher als Beweis für eine geringe Intelligenz, denn wenn du Kinder für ihre Intelligenz lobst, lernen sie, ihre Fehlschläge als Beweis für Dummheit anzusehen.

In den Experimenten von Mueller und Dweck bekamen Kinder mittelmäßig anspruchsvolle Aufgaben zu lösen. Als jedes Kind damit fertig war, hörten sie die Rückmeldung: „Wow, du hast diese Aufgaben wirklich gut gelöst. Du hast eine wirklich hohe Punktzahl erreicht.“

Darüber hinaus erhielt jedes Kind eine von drei möglichen Optionen. Das Kind wurde entweder

  • für seine Intelligenz gelobt („Du bist bei solchen Aufgaben richtig schlau“)
  • für seine Anstrengung gelobt („Du musst an diesen Aufgaben hart gearbeitet haben“) oder
  • erhielt kein zusätzliches Feedback (die Kontrollbedingung).

Als Nächstes stellte man den Kindern eine zweite Reihe von Aufgaben – diesmal waren sie sehr schwierig – und die Kinder sollten erklären, warum sie schlecht abschnitten.

Die Kinder, die bei den vorherigen Aufgaben für ihre Intelligenz Lob erhielten, schrieben ihr Scheitern vermehrt einem Mangel an Intelligenz zu.

Kinder, die für ihre Anstrengung Lob bekamen, reagierten jedoch genauso wie die Kontrollgruppe – sie schrieben ihr Versagen einem Mangel an Anstrengung zu.

Mit anderen Worten: Wenn man Kindern sagt, dass sie intelligent sind, kann das dazu führen, dass sie sich selbst für WENIGER intelligent halten.

Indem wir Kinder dafür loben, dass sie klug sind, bringen wir ihnen bei, dass ihre Leistung ein eindeutiger Test ihrer Intelligenz ist. Kinder freuen sich möglicherweise über das anfängliche Lob, aber wenn sie später vor anspruchsvollen Aufgaben stehen – und das werden sie – geht das Lob nach hinten los.

Auswirkungen von Lob auf kleine Kinder

Kleine Kinder freuen sich über Lob, doch selbst sie schneiden besser ab, wenn du die Anstrengung und nicht die Intelligenz betonst.

Einige Untersuchungen legen nahe, dass Lob bezüglich der Intelligenz die Motivation von Kindergartenkindern steigern kann. Jedoch ist das Loben der Intelligenz NICHT so effektiv wie das Loben der Anstrengung und der ausgewählten Vorgehensweise eines Kindes.

In einer Studie wurden Vorschulkindern zwei Rätsel gestellt, die sie lösen sollten, und anschließend erhielten sie eine von drei Rückmeldungen:

  • Lob für die „Person“, das die Intelligenz betont („Du bist ein:e wirklich guter Problemlöser:in!“)
  • „Prozess“-Lob, das Anstrengung und Strategien hervorhebt („Du findest wirklich gute Wege, das zu tun!“)
  • Neutrales Feedback („Du hast beide Rätsel gelöst.“)

Als Nächstes bekamen die Kinder ein viel schwierigeres Rätsel, bei dem sie scheiterten.

Als den Kindergartenkindern Wochen später ein ähnliches Puzzle angeboten wurde, zeigten die Kinder, die gelobt wurden, mehr Motivation als Kinder, die neutrales Feedback erhielten. Dabei zeigten die Kinder, die ein Lob für den Prozess erhielten, mehr Motivation als die Kinder, die ein Lob für die Person bekamen.

Ein anderes Experiment lieferte vergleichbare Ergebnisse. In dieser Studie sahen sich Vorschulkinder ein Puppenspiel an, in dem der Protagonist ein Bild zeichnete und von einer Lehrkraft gelobt wurde.

Einige Vorschulkinder sahen, wie der Protagonist ein allgemeines Lob über seine Talente erhielt („Du bist ein guter Zeichner“).

Andere Vorschulkinder sahen, wie der Protagonist nur für diese spezielle Zeichnung gelobt wurde („Das hast du gut gezeichnet“).

Dann machte der Protagonist einen Fehler, zu dem die Lehrerin eine entsprechende Aussage machte. Was hielten die Kinder von der Sendung?

Die Kinder, die gesehen hatten, wie der Protagonist ein allgemeines Lob erhielt („Du bist ein guter Zeichner“), waren über den nachfolgenden Fehler aufgebrachter. Auf die Frage, ob sie selbst gerne zeichnen würden, antworteten diese Kinder mit Nein.

Im Gegensatz dazu zeigten die Kinder, die ein spezielles Lob gehört hatten („Das hast du gut gezeichnet“), eher Interesse am Zeichnen.

Was ist also das Fazit?

Es kommt auf die Art des Lobs an

Kindern zu sagen, dass sie schlau sind, kann durchaus kontraproduktiv sein, doch das bedeutet nicht, dass wir unsere Kinder nicht loben sollten. Wie bereits erwähnt, kann selbst die „falsche“ Art des Lobens motivierender sein als gar kein Lob. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass die richtige Art von Lob – nämlich Lob für Anstrengungen – Kindern einen Vorteil verschafft.

In einer Studie, in der amerikanische Kinder vom Säuglingsalter bis zum Grundschulalter begleitet wurden, fanden Elizabeth Gunderson und Kolleg:innen (2013) heraus, dass Kinder in der zweiten oder dritten Klasse eher eine „Ich schaffe das“-Einstellung haben, wenn sie während der frühen Kindheit einen höheren Anteil an Lob für Fleiß erhalten.

Es ist also wichtig, Lob hervorzuheben, das Kindern ein Gefühl der Widerstandsfähigkeit vermittelt. Wenn man Kindern sagt, dass sie klug oder talentiert sind, haben sie Angst zu versagen. Sie wurden als intelligent oder begabt abgestempelt und haben Angst, das zu verlieren.

Außerdem neigen Kinder, die für ihre Intelligenz gelobt werden, zu der Annahme, dass Intelligenz etwas Erbliches und Unveränderliches ist. Das hat zur Folge, dass diese Kinder sich bei Misserfolgen hilflos fühlen. Wenn du scheiterst, bist du nicht klug. Aus und vorbei.

Wenn wir uns diese Grundsätze vor Augen halten, wird klar, welche Art von Lob am besten ist. Anstatt deinem Kind zu sagen, dass es schlau oder talentiert ist, probiere diese Alternativen aus.

  • Lobe dein Kind für seine Strategien (z.B. „Du hast eine wirklich gute Möglichkeit gefunden, das zu tun“)
  • Lobe dein Kind für besondere Leistungen (z. B. „Du hast die Matheaufgaben gut gelöst“)
  • Lobe dein Kind für seine Ausdauer oder seinen Einsatz (z. B. „Ich kann sehen, dass du fleißig geübt hast“ und „Deine Mühe hat sich wirklich ausgezahlt“)

Wenn du dein Kind für seine Bemühungen (und nicht für seine Talente) lobst, kann dies dazu beitragen, dass es eine bessere Einstellung zum Lernen entwickelt.

Es gibt noch andere Fallstricke, die du vermeiden solltest. Zum Beispiel kann selbst Lob für Leistung in bestimmten Situationen nach hinten losgehen.

Und was ist mit dem Gegenteil von Lob – Kritik?

Kritik zu üben kann genauso knifflig sein wie zu loben. Vielleicht ist es sogar noch schwieriger, weil Kritik an sich schon negativ ist.

Bildquelle: https://www.freepik.com/free-photo/front-view-smiley-man-with-glasses-showing-thumbs-up_13757616.htm

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