Vitamin-A-Präparate sind hilfreich für Kinder, die einen Vitamin-A-Mangel haben. Aber die meisten gesunden, gut ernährten Kinder brauchen keine Nahrungsergänzungsmittel. Und manche Kinder nehmen vielleicht zu viel Vitamin A auf – durch den Verzehr von zu viel vorgebildetem Vitamin A in Leber, Milchprodukten, Fischöl, Multivitaminprodukten und bestimmten mit Vitaminen angereicherten Lebensmitteln.
Was ist Vitamin A?
Der Begriff „Vitamin A“ bezieht sich auf eine Gruppe von organischen Substanzen, darunter
- vorgebildetes Vitamin A (Verbindungen wie Retinol, Retinal, Retinsäuren und Retinylpalmitat, die aus Tierprodukten stammen und vom menschlichen Körper leicht verwertet werden können); und
- Provitamin Carotinoide (pflanzliche Pigmente, welche unsere Zellen in Provitamin A umwandeln).
Das wohl bekannteste Provitamin Carotinoid ist Beta-Carotin, das Karotten, Süßkartoffeln, Aprikosen und anderem Obst und Gemüse ihre leuchtend orange Farbe verleiht.
Warum brauchen wir Vitamin A?
Kleine Mengen von Vitamin A sind für unsere Gesundheit unerlässlich.
- Während der Schwangerschaft brauchen Babys Vitamin A für die Entwicklung ihrer Organe.
- Vitamin A wird für die Übertragung von Genen und für die einwandfreie Funktion des Immunsystems benötigt.
- Vitamin A ist entscheidend für die Entwicklung des Auges und die alltägliche Sehfunktion, einschließlich der Fähigkeit, bei schlechten Lichtverhältnissen zu sehen.
- Bei Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen kann ein Mangel an Vitamin A Symptome verschlimmern.
Weltweit leiden Kinder mit einem krankhaften Vitamin-A-Mangel häufiger an einer Reihe von Infektionskrankheiten und haben ein höheres Risiko für Sehprobleme, einschließlich Blindheit.
In wohlhabenden Ländern wie den Vereinigten Staaten ist Vitamin-A-Mangel relativ selten. In Entwicklungsländern ist dieser Mangel jedoch weit verbreitet und eine der Hauptursachen für Erblindung und hohe Sterblichkeitsraten bei Kindern.
Was sind gute Quellen für Vitamin A?
Es gibt zwei Quellen in der Ernährung – tierische und pflanzliche.
Die höchste Konzentration an vorgebildetem Vitamin A stammt aus tierischer Leber, doch wie ich weiter unten anmerke, kann Leber sogar zu reich an Vitamin A sein. Deshalb sollte man sie in geringer Menge verzehren.
Andere, tierische Quellen mit weniger vorgebildetem Vitamin A sind fettreicher Fisch wie Lachs und Milchprodukte, die aus Milchfetten hergestellt werden, wie Butter und Ghee.
Pflanzliche Vitamin-A-Quellen sind das oben erwähnte Obst und Gemüse mit Beta-Carotin – Karotten, Kürbis, Süßkartoffeln, Aprikosen, Mangos, Papaya und Melone. Beta-Carotin ist auch in dunkelgrünem Blattgemüse wie Spinat und Grünkohl enthalten.
Was ist mit Vitamin-A-Präparaten?
Handelsübliche Vitamin-A-Präparate bestehen in der Regel aus Retinylpalmitat – vorgeformtem Vitamin A. Einige Präparate enthalten Beta-Carotin.
Und einige Lebensmittel werden künstlich mit vorgeformtem Vitamin A angereichert. Dazu gehören z. B. Milchprodukte, Speiseöle und Getreide.
Ist zu viel Vitamin A schädlich?
Wir benötigen eine bestimmte Menge an Vitamin A und der Verzehr von pflanzlichen Carotinoiden ist im Allgemeinen unbedenklich. Aufgrund der Art und Weise, wie der Körper Carotinoide verarbeitet, kann man mit dem Verzehr von Obst und Gemüse nicht wirklich eine Überdosis Vitamin A konsumieren.
Aber zu viel der tierischen Form von Vitamin A – vorgebildetes Vitamin A – kann gesundheitliche Probleme verursachen.
Bei übermäßigem Verzehr kann vorgebildetes Vitamin A Kraftlosigkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, trockene Haut und andere Symptome verursachen. Im Laufe der Zeit kann ein chronischer Überschuss an vorgebildetem Vitamin A zu Gelenkschmerzen und zur Entkalkung der Knochen führen – und damit zu Osteoporose.
Daher kann ein vom einem Arzt verschriebenes Vitamin-A-Präparat eine hilfreiche Maßnahme sein, wenn man unter Vitamin-A-Mangel leidet. Wenn kein Mangel vorliegt, kann die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln jedoch problematisch werden, da es für eine genrell gesunde, gut ernährte Person relativ leicht ist, zu viel vorgeformtes Vitamin A aufzunehmen.
In den USA hat eine landesweite Stichprobe von mehr als 3.000 Kindern ergeben, dass 97 % der Kleinkinder, die Multivitamine zu sich nahmen, übermäßig viel Vitamin A erhielten – Mengen, die über dem „zulässigen oberen Grenzwert“ lagen. Selbst von den Kleinkindern, die keine Nahrungsergänzungsmittel einnahmen, erhielten 15 % zu viel Vitamin A.
Aber was genau verstehen wir unter „zu viel“ Vitamin A?
Empfohlene Vitamin-A-Zufuhr
Betrachte die empfohlene Tagesdosis für Vitamin A, die von den U.S. National Institutes of Health empfohlen wird. Sie geben an, wie viel Vitamin A ein Kind durchschnittlich pro Tag zu sich nehmen sollte.
Ich gebe sie hier in RAE („retinol activity equivalents“) an, die in Mikrogramm (μg) pro Tag gemessen werden. Ich gebe auch das entsprechende Verhältnis in „internationalen Einheiten“ ( IU) an, das auf einigen Lebensmittel- und Vitaminetiketten zu finden ist.
Empfohlene Tagesdosis pro Tag nach Alter
1-3 Jahre – 300 RAE µg/Tag (1000 IU)
4-8 Jahre – 400 RAE µg/Tag (1330 IU)
9-13 Jahre – 600 RAE µg/Tag (2000 IU)
Betrachte nun den „zulässigen Grenzwert“ – die Menge an vorgebildetem Vitamin A, die Kinder nicht überschreiten sollten:
Empfohlene Höchstmenge pro Tag nach Alter
1-3 Jahre – 600 RAE µg/Tag (2000 IU)
4-8 Jahre – 900 RAE µg/Tag (3000 IU)
9-13 Jahre – 1700 RAE µg/Tag (5660 IU)
Beachte auch hier, dass diese zweite Liste die empfohlene Tageshöchstmenge an vorgebildetem Vitamin A angibt.
Wenn dein Kind seinen Vitamin-A-Bedarf durch den Verzehr von Beta-Carotin deckt, musst du dir keine Gedanken über eine Begrenzung der Aufnahme machen.
Wenn dein Kind jedoch die tierische Form von Vitamin A zu sich nimmt – aus tierischen Produkten, Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln – ist Vorsicht geboten.
Wie sich die Zufuhr von vorgebildetem Vitamin A addieren kann
Nach Angaben der U.S. National Institutes of Health enthalten 90 gram Rinderleber 6.582 RAE µg vorgeformtes Vitamin A – mehr als das Doppelte der empfohlenen Tageshöchstmenge für Kinder unter 8 Jahren.
Es ist klar, dass kleine Kinder Leber, wenn überhaupt, nur sehr begrenzt essen sollten. Doch selbst wenn du Leber meidest, gibt es noch andere Quellen für vorgebildetes Vitamin A, und die können sich durchaus auftürmen.
Schau dir zum Beispiel diese Milchprodukte an:
- Vanilleeis. 140g enthält 278 RAE µg (830 IU).
- Milch, 2% Fett, angereichert mit A. Ein Glas (240 ml) enthält 139 RAE µg (464 IU).
- Butter. Ein Esslöffel (15 mL) hat über 95 RAE µg (317 IU).
- Cheddar-Käse. Ein Stück von 28 g enthält etwa 84 RAE µg (281 IU).
- Ein gekochtes Ei hat etwa 78 RAE µg (260 IU).
- Vollmilchjoghurt. 225 g enthalten 67 RAE-µg (225 IU).
- Gekörnter Frischkäse, 2% Fett. 240g enthält 50 RAE µg (167 IU).
Und die Menge an vorgebildetem Vitamin A in fettigem Fisch:
- Matjes Hering. 90g enthalten 219 RAE µg (731 IU)
- Makrele. 90g enthalten 65 RAE µg (214 IU)
- Lachs, Rotlachs. 90g enthalten 59 RAE µg (176 IU)
Als Nächstes musst du bedenken, wie viel vorgebildetes Vitamin A in bestimmten abgepackten Lebensmitteln wie Cerealien und Tiefkühlprodukten enthalten ist. Nach Angaben der National Institutes of Health kann eine Schüssel angereicherte Cerealien bis zu 130-150 RAE µg vorgebildetes Vitamin A enthalten.
Lies auch das Etikett auf deinen Multivitaminen und Nahrungsergänzungsmitteln. In den USA gibt es eine Reihe von Multivitaminen für Kinder, die Retinylpalmitat, eine Art von vorgeformtem Vitamin A, enthalten. Auf den Etiketten wird den Eltern in der Regel empfohlen, ihren Kindern bis zu 630 RAE µg (2100 IU) pro Tag zu geben.
Es ist also leicht nachvollziehbar, dass ein Kind durch den Verzehr von tierischen Produkten, in Kombination mit angereicherten abgepacktren Lebensmitteln und Multivitaminen zu viel vorgebildetes Vitamin A zu sich nehmen kann.
Ein kleines Kind, das nur einige der Lebensmittel auf diesen Listen isst – ein Glas Milch, eine Schüssel Cerealien, ein Stück Käse und ein Stück Butter – hat bereits etwa 400 RAE µg vorgebildetes Vitamin A aufgenommen. Wenn es dann noch Multivitamine zu sich nimmt, überschreitet es den zulässigen Grenzwert.
Wie wichtig ist das? Muss ich mir Sorgen machen, wenn mein Kind zu viel vorgebildetes Vitamin A zu sich nimmt?
In der Studie mit amerikanischen Kleinkindern erhielt ein Großteil der Kinder, die Vitaminpräparate einnahmen, zu viel Vitamin A. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie unter schädlichen Auswirkungen litten.
Wenn die Gesundheitsbehörden einen Grenzwert für die zulässige Höchstmenge festlegen, berücksichtigen sie dabei eine gewisse Sicherheitsspanne. In der Regel liegt der Wert um das 2,5-fache unter der Tagesdosis, die nachweislich gesundheitsschädlich ist.
Es ist auch unklar, wie oft Hersteller von Multivitaminpräparaten und angereicherten Lebensmitteln sich tatsächlich an ihre Angaben halten.
Zum Beispiel verringert Sonneneinstrahlung die Potenz von Retinol und viele Vitaminpräparate für Kinder werden in trasparenten Plastikflaschen verkauft. Wie wirksam sind diese Produkte wirklich? Darauf gibt es keine Antworten. Vielleicht werden sich Forscher künftig mit dieser Frage befassen.
Sicher ist jedoch, dass viele Kinder – gesunde, gut genährte Kinder – zu viel vorgeformtes Vitamin A zu sich nehmen, als sie brauchen. Das ist im besten Fall übergflüssig.
Nimmt ein Kind viel vorgebildetes Vitamin A zu sich, kann das zu langfristigen Gesundheitsproblemen führen.
Wie bereits erwähnt, kann ein regelmäßiger übermäßiger Konsum von vorgebildetem Vitamin A zu Krankheiten und Knochenschwund führen.
Eine Überdosis Vitamin A kann auch zu Geburtsdefekten führen. Aus diesem Grund sollten pränatale Vitamine Beta-Carotin und KEIN vorgebildetes Vitamin A enthalten.
Und Multivitamine für Kinder sind oft als Bonbons oder Gummibärchen erhältlich, was Kinder dazu verleiten kann, zu viel davon zu konsumieren. Es ist wichtig, Vitamine in Flaschen mit Kindersicherungen aufzubewahren und mit deinem Arzt oder deiner Ärztin zu sprechen, wenn du den Verdacht hast, dass dein Kind zu viel davon zu sich nimmt.
Kurz gesagt: Es gibt keinen Grund zur Panik. Dennoch ist es ratsam, sich der Quellen für vorgeformtes Vitamin A in der Ernährung deines Kindes bewusst zu sein, die Etiketten zu lesen und Vitaminpräparate sorgfältig auszuwählen.
Wenn dein Kind keinen Vitamin-A-Mangel aufweist, braucht es wahrscheinlich überhaupt keine Nahrungsergänzungsmittel mit vorgebildetem Vitamin A zu sich zu nehmen. Tatsächlich deckt ein gut ernährtes Kind seinen Vitamin-A-Bedarf durch den Verzehr von Obst und Gemüse, das reich an Beta-Carotin ist. 85g rohe Karotten enthalten mehr als 450 µ RAE an Vitamin A.
Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/stillleben-container-gesundheitswesen-vitamin-14027301/