Ist es unausweichlich, dass Kinder rebellieren? Nicht unbedingt. Die meisten Kinder sind bereit, zu kooperieren. Doch sie erkennen die Grenzen unserer Macht: Sie wehren sich, wenn sie das Gefühl haben, dass wir versuchen, sie zu kontrollieren. Die Lösung? Sei einfühlsam. Nimm ihre Wünsche wahr. Gib ihnen die Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen. Lehre sie, die Bedürfnisse anderer zu berücksichtigen.
Niemand ist von Geburt an darauf festgelegt, sich einer Autorität zu unterwerfen.
In den ersten Lebensjahren neigen Kinder dazu, ihren Impulsen zu folgen, was sie auch oft tun.
Der wohl älteste Ansatz in der frühen Kindheit – der von Jägern und Sammlern praktiziert wird – besteht darin, das Erteilen von Befehlen zu vermeiden.
In traditionellen landwirtschaftlichen Gesellschaften weltweit zucken Eltern kollektiv mit den Schultern, wenn es um die Disziplin von Kleinkindern geht. Kleine Kinder kann man nicht zur Vernunft bringen, und es fehlt ihnen an Selbstbeherrschung. Also mach dir keinen Stress, wenn du versuchst, das Unmögliche zu tun.
Die Erwachsenen warten, bis die Kinder älter sind – zwischen 5 und 7 Jahren -, bevor sie versuchen, ihnen Regeln für ihr Verhalten aufzuerlegen.
Vergessen wir also zunächst einmal die kleineren Kinder. Sie haben entwicklungsbedingte Einschränkungen, die das Risiko erhöhen, dass sie sich Autoritätspersonen widersetzen.
Was passiert jedoch später, wenn Kinder das Schulalter erreichen? Ob Kinder rebellieren oder nicht, hängt ganz von ihrer Erziehung ab.
Was wir von Jägern und Sammlern lernen können
Um zu verstehen, was ich meine, lass uns noch einmal die Lebensweise des Jagens und Sammelns betrachten, die mehr als 95% unserer Geschichte geprägt hat.
Heutzutage gibt es noch einige Jäger- und Sammlergesellschaften, deren Mitglieder es Anthropologen erlaubt haben, sie zu beobachten.
Wie du dir denken kannst, gehen die Kinder in traditionellen Jäger- und Sammlergesellschaften nicht zur Schule. Sie lernen allerdings wichtige Fähigkeiten durch Beobachtung, Spiel und gezieltes Üben.
Im Alter von 7 Jahren sind die Kinder oft schon so geschickt, dass sie ihren eigenen Lebensunterhalt teilweise selbst bestreiten können. Sie beteiligen sich an der Nahrungssuche und tragen wesentlich zu ihrem eigenen täglichen Energiebedarf bei.
In den Kinder- und Jugendjahren lernen sie die fortgeschrittenen Dinge – wie die Großwildjagd, Informationen über die lokale Ökologie und den Bau komplexer Werkzeuge.
Und ganz nebenbei lernen die Kinder, dass es wichtig ist, sich gegenseitig zu helfen. Ressourcen zu teilen. Gemeinsamkeiten zu finden.
Wie funktioniert das? Stellen Erwachsene Regeln auf, verlangen Gehorsam oder kommandieren Kinder herum? Sagen sie den Kindern, wo sie sitzen, was sie denken und wie sie ihre Freizeit verbringen sollen?
Jäger und Sammler schätzen Autonomie und verabscheuen Bevormundung. Ihr Überleben hängt von Gleichberechtigung und gegenseitiger Unterstützung ab.
Deshalb hat jeder das gleiche Mitspracherecht. Versucht ein Einzelner, sich durchzusetzen, wird er oder sie mit Spott und Zurückweisung empfangen. Kinder lernen, sich daran zu beteiligen, und Eltern lehren ihre Kinder spielerisch, zu teilen. Ansonsten haben Jugendliche viel Freiraum. Sie treffen ihre eigenen Entscheidungen.
Es ist eine Form von „Leben und leben lassen“, die von einer goldenen Regel geleitet wird. Respektiere die Rechte des Einzelnen. Kümmere dich um deinen Nächsten. Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden möchtest.
Dieses Verhaltensmuster wurde bei Jägern und Sammlern beobachtet, die in einer Vielzahl von Lebensräumen weltweit lebten, und es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit das Verhalten, das in unserer Entwicklungsgeschichte vorherrschte. Kinder wuchsen mit ihrer sozialen Verantwortung auf, aber sie waren auch sehr selbstständig. Es gab nichts, wogegen die Kinder rebellieren konnten.
Dies ist ein Beweis gegen die Vorstellung, dass Rebellion ein unvermeidlicher Teil des Heranwachsens ist. Es ist auch ein Beweis gegen die Vorstellung, dass strenge oder autoritäre Zucht notwendig ist, um Kinder zu fähigen, produktiven und hilfsbereiten Menschen zu machen.
Doch was ist mit Gesellschaften, die nicht auf dem Jagen und Sammeln basieren?
In Agrar- und Industriegesellschaften sind die Menschen in der Regel viel weniger gleichberechtigt. Hier gibt es verschiedene Hierarchien, und wir erwarten, dass Kinder sich der Autorität Erwachsener beugen.
Damit sind die Weichen für Konflikte gestellt. Sind wir also zum Kampf verdammt? Ist Rebellion außerhalb einer Jäger- und Sammlerkultur unvermeidlich?
Die Antwort lautet erneut: Nein. Studien belegen, dass Kinder nicht zu gedankenloser, grundloser Rebellion neigen. Sie wissen die Vorteile der Zusammenarbeit zu schätzen und sind bereit, die Richtigkeit bestimmter Regeln anzuerkennen – z. B. Regeln, die der Sicherheit dienen und für Gerechtigkeit sorgen.
Doch – genau wie wir – betrachten sie bestimmte Dinge als privat. Und wenn sie denken, dass sich eine Autoritätsperson zu weit aus dem Fenster lehnt und sich in ihre persönlichen Angelegenheiten einmischt, wehren sie sich eher.
Es kommt darauf an, wie sie sich wehren. Sie könnten protestieren und argumentieren, in der Hoffnung, uns zu einer anderen Haltung zu überzeugen. Oder sie vermeiden eine direkte Auseinandersetzung und widersetzen sich heimlich. So oder so halten sie unsere Autorität für unrechtmäßig. Wir haben schlichtweg nicht berechtigt uns einzumischen.
Diese Erkenntnis kann uns dabei helfen, Prioritäten neu zu setzen und bessere – weniger konfrontative – Wege zu finden, um unsere Kinder zur Mitarbeit zu bewegen. Schauen wir uns die Beweislage einmal genauer an.
Wie Kinder Autoritätspersonen sehen
Wie siehst du selbst Autorität? Respektierst du Autorität oder lehnst du sie ab?
Vielleicht neigst du dazu, Autoritätspersonen zu vertrauen, vielleicht stellst du sie aber auch eher in Frage. Auf jeden Fall gehst du sicher differenziert vor. Du reagierst nicht in jeder Situation auf dieselbe Weise. Es kommt immer ganz darauf an. Welche Regel will die Autoritätsperson durchsetzen? Entspricht die Regel deinen eigenen moralischen Prinzipien bzw. ist sie vernünftig und liegt im Verantwortungsbereich der Autoritätsperson, wirst du sie wahrscheinlich befolgen. Der Zoowärter sagt dir, dass du nicht an der Tür des Löwenkäfigs rütteln sollst, also tust du es nicht. Der Museumsmitarbeiter sagt dir, dass du das Gemälde nicht anfassen sollst, also tust du es auch nicht.
Doch hoffentlich gibt keiner von uns den Autoritätspersonen grenzenlose Macht.
Versucht dein Chef, sich in deine privaten Angelegenheiten einzumischen und dir etwa vorschreiben will, wann du an deinem freien Tag aufstehen sollst, würdest du dich darüber aufregen und die Anweisung ignorieren. Die Autorität deines Chefs gilt nicht für dein Privatleben. Das ist tabu, deshalb ist der Anspruch hinfällig.
Es hat sich gezeigt, dass Kinder genauso denken, und ich spreche hier nicht nur von hochnäsigen Teenagern.
Schon lange vor der Pubertät haben Kinder ein ausgeprägtes Verständnis für die Autorität Erwachsener.
Das zeigt eine Studie, die von Kristin Lagatutta geleitet wurde. Sie und ihre Kollegen legten 60 amerikanischen Kindern (4-, 5- und 7-Jährigen) eine Reihe von Kurzgeschichten vor – Geschichten über Kinder als Protagonisten, die einen Konflikt mit ihren Eltern hatten.
In jeder Erzählung ging es um dieselbe Ausgangssituation: Ein Elternteil verbietet einem Kind etwas, das es gerne tun würde. Doch die Art des Verbots war unterschiedlich.
In einigen Fällen untersagten die Eltern dem Kind eine eindeutig schlechte Handlung (z. B. Diebstahl). In anderen Fällen versuchten die Eltern, ihr Kind daran zu hindern, eine persönliche Entscheidung zu treffen – z. B. was es anziehen möchte, welcher Freizeitbeschäftigung es nachgehen möchte oder mit welchem Freund es spielen möchte.
Nachdem sie diese Geschichten erzählten, baten die Forscher/innen die Kinder, vorauszusagen, was als nächstes passieren würde.
Wird das Kind – der Protagonist – dem Befehl der Eltern Folge leisten? Und wie fühlt sich das Kind?
Wie erwartet, gab es einen Altersunterschied. Entsprechend ihrer Entwicklung und der damit verbundenen Widerspenstigkeit sagten die 4-Jährigen eher voraus, dass der Protagonist sich den moralischen Anweisungen der Eltern widersetzen würde (z. B. beim Diebstahl).
Im Gegensatz dazu sagten ältere Kinder eher voraus, dass das Kind moralischen Anweisungen gehorchen und sich dabei gut fühlen würde.
Es gab jedoch keinen Unterschied in Bezug auf das Alter, wenn die Szenarien private Belange betrafen. Wenn es um elterliche Befehle in Bezug auf persönliche Entscheidungen ging, waren selbst die ältesten Kinder, die 7-Jährigen, skeptisch. Sie sagten häufig voraus, dass die Kinder rebellieren und sich den Eltern widersetzen würden. Und darüber glücklich sind!
Kinder rebellieren und sind überzeugt das Recht dazu zu haben
Die Studie von Lagatuta legt nahe, dass Kinder rebellieren und sich dabei gut fühlen. Doch fühlen sie sich auch moralisch im Recht?
Matthew Gingo meint ja.
In einer Studie mit 120 amerikanischen Grundschülern (im Alter von 8 bis 12 Jahren) präsentierte Gingo den Kindern seine eigene Reihe von Geschichten.
- In manchen der Geschichten wurde dem Protagonisten des Kindes ein Befehl erteilt, der „vernünftig“ war oder darauf abzielte, das Kind zu schützen. Zum Beispiel wurde dem Kind verboten, auf eine Felswand zu klettern. Die Autoritätsperson sagte, diese sei zu hoch und gefährlich.
- In anderen Geschichten wurde das Kind von der Autoritätsperson dazu gedrängt, etwas Unsoziales zu tun. Nachdem ein Kind zum Beispiel während eines Ballspiels versehentlich von seinem Freund getreten wurde, befahl sein Vater Vergeltung: Tret ihn zurück!
- Und schließlich gab es noch Geschichten, in denen die Autoritätsperson versuchte, das Privatleben des Kindes zu kontrollieren. In einem Fall ging ein Mädchen seiner Lieblingsbeschäftigung im Park nach – dem Malen von Bildern. Ihre Mutter befahl ihr, damit aufzuhören und stattdessen Fußball zu spielen, obwohl ihre Tochter protestierte, weil sie Fußball nicht mag. In einer weiteren Geschichte bestand ein Vater darauf, dass sein Sohn nicht mit einem guten Freund spielt. Der Vater war der Meinung, dass dieser Freund nicht gut sei.
Jede dieser Geschichten endete auf dieselbe Art und Weise: Zuerst lehnte das Kind die Regel ab. Als sich der Erwachsene weigerte, nachzugeben, gehorchte das Kind dem Erwachsenen heimlich nicht – und log danach darüber.
Gingo wollte wissen, wie Kinder diese Situationen beurteilen. Also bat er die Kinder, die selben Fragen zu jedem Szenario zu beantworten.
Hatte der Erwachsene das Recht, die Anweisung zu geben? War es richtig, dass das Kind diesen missachtete? Hatte das Kind das Recht, hinterher darüber zu lügen?
Die überwiegende Mehrheit der Kinder stimmte zu, dass es richtig ist, wenn eine Autoritätsperson vernünftige Regeln bezüglich der Sicherheit und des Wohlbefindens aufstellt.
Alle 8-Jährigen sprachen ihren Eltern diese Befugnis zu, und auch die meisten älteren Kinder (90 % der 10-Jährigen und 80 % der 12-Jährigen) taten dies.
In anderen Fällen stellten die Kinder die Autorität der Erwachsenen deutlich in Frage.
Die Kinder waren sich am stärksten in ihrer Ablehnung unsozialer Befehle einig, wobei selbst die jüngsten Kinder – die 8-Jährigen – eine mutige Haltung einnahmen: 95 % von ihnen hielten es für angemessen, dass der Protagonist einen solchen Befehl von Eltern oder Lehrern missachtet.
Die Kinder waren auch gegen Vorschriften, die Hobbys und Freundschaften betreffen.
Von den 8-Jährigen hielten nur 60% es für richtig, dass Eltern sich auf diese Weise einmischen – deutlich weniger als die 100%, die Anweisungen zu Sicherheit und Wohlbefinden unterstützen. Und die älteren Kinder waren sogar noch ablehnender: bis zu 90% von ihnen sahen darin eine unrechtmäßige Anmaßung von Autorität.
Die Kinder dieser Studie haben also eine nuancierte Sicht auf ihre Verpflichtungen gegenüber Autoritätspersonen. Sie stimmten zu, dass Erwachsene zu Recht bestimmte Einschränkungen auferlegen können, die jedoch mit den früheren moralischen Überzeugungen eines Kindes übereinstimmen müssen (z. B. ist es falsch, eine unschuldige Person zu treten). Und Erwachsene müssen sich auf bestimmte, diskrete Gebiete beschränken.
Kinder sind bereit, Autorität zu akzeptieren, wenn es um das Verbot von aggressivem, asozialem Verhalten geht. Sie finden es vielleicht akzeptabel, dass wir Regeln für Sicherheit und Gesundheit aufstellen. Aber wenn es um persönliche Entscheidungen geht, lehnen Kinder unsere Autorität eher ab.
Doch was ist mit der Kultur? Kommt es häufiger vor, dass Kinder rebellieren, je nachdem wo sie aufwachsen?
In den Studien, die wir besprochen haben, ging es um Kinder aus den Vereinigten Staaten, und ja, die Kultur spielt eine Rolle. Es gibt kulturelle Unterschiede in der Art und Weise, wie Kinder Autoritätspersonen sehen.
Interessanterweise zeigt sich aber in allen Kulturen dieselbe Tendenz bei persönlichen Angelegenheiten.
Als Judith Smetana und ihre Kollegen zum Beispiel Kinder in den USA mit denen in Hongkong verglichen, stellten sie fest, dass die Kinder in beiden Ländern die selben Einstellungen zur Kontrolle ihrer Person haben. Kinder halten Regeln, die persönliche Entscheidungen betreffen, seltener für rechtmäßig.
Beeinflussen also die Ansichten der Kinder über Autorität tatsächlich ihr Verhalten im Alltag? Wenn deine Kinder deine Autorität als unrechtmäßig empfinden, werden sie dir dann weniger gehorchen?
Ja, die Forschung unterstützt diese Idee.
Emily Kuhn und ihre Kollegen haben zum Beispiel mehr als 200 amerikanische Kinder zu zwei Zeitpunkten befragt – einmal am Ende der fünften Klasse und ein zweites Mal, nachdem sie die sechste Klasse abgeschlossen hatten.
Die Forscher/innen befragten die Kinder zu den Regeln, die ihnen ihre Eltern auferlegt hatten, und ob sie sich daran hielten oder nicht.
Was fanden sie heraus? Kinder, die sich berechtigt fühlen, sind eher bereit, mit ihren Eltern zu kooperieren:
„Kinder, die die Vorschriften ihrer Eltern für rechtmäßig hielten, waren insgesamt folgsamer als Kinder, die die Vorschriften als weniger legitim empfanden“.
Forscher/innen in China haben ähnliche Beweise gefunden. In der oben erwähnten Studie mit fast 200 chinesischen Teenagern wurden tägliche Konflikte mit der Legitimität der Eltern in Verbindung gebracht. Wenn Kinder das Gefühl hatten, dass ihre Eltern sich in persönliche Angelegenheiten einmischten, wehrten sie sich eher.
Und was ist mit Teenagern? Neigen sie nicht einfach dazu, zu rebellieren, egal was wir tun?
Wie bereits erwähnt, neigen Kinder immer mehr dazu, sich gegen Autoritäten aufzulehnen, insbesondere wenn sie in die Pubertät kommen und sich zu jungen Erwachsenen entwickeln. Manchmal sieht das wie eine Rebellion um ihrer selbst willen aus.
In einer kulturübergreifenden Studie fanden Patricio Cumsille und seine Kolleg/innen einen direkten Zusammenhang zwischen familiären Konflikten und der Anzahl von Regeln: Je mehr Regeln es in der Familie gibt, desto mehr Streit haben die Kinder.
Aber es ist auch klar, dass die elterliche Legitimität eine Rolle spielt.
Jugendliche bestätigen, dass Eltern das Recht haben, Regeln durchzusetzen, die andere Menschen nicht verletzen. Sie befürworten auch einige Regeln zu Gesundheit und Sicherheit und glauben, dass es legitim ist, wenn Eltern auf bestimmte Verhaltensweisen bestehen, wie z. B. auf gutes Benehmen.
Bei Regeln, die ihre persönlichen Entscheidungen betreffen, sind sie jedoch anderer Meinung. Wenn Eltern versuchen, das Privatleben der Heranwachsenden zu kontrollieren, empfinden sie unsere Autorität eher als unzulässig.
Die Entscheidungen können Musik, Kleidung oder Freizeitaktivitäten betreffen. Sie können die Freunde betreffen, mit denen ein Kind Zeit verbringen möchte, oder die Medien, die ein Kind online konsumieren möchte. Es kann auch darum gehen, wofür ein Kind sein Taschengeld ausgibt. Oder wie lange ein Kind an den Wochenenden ausschläft.
In den einzelnen Familien können die Konfliktthemen variieren. Aber die Begründung ist die selbe. Ich tue niemandem etwas, bringe mich nicht in Gefahr und dränge niemandem etwas auf. Das ist eine Frage meiner persönlichen Entscheidung, daher hast du kein Recht, dich einzumischen.
Das Ausmaß des Widerstands kann unterschiedlich sein, und die Kinder werden sich auf verschiedene Weise wehren.
Einerseits können Kinder, die glauben, dass sie gezwungen werden zu gehorchen – ob du nun Recht hast oder nicht – protestieren und argumentieren. Der einzige Ausweg für sie ist, dich zu überzeugen, deine Meinung zu ändern. Das kann zu einem verbalen Schlagabtausch führen.
Andererseits können Kinder auch beschließen, heimlich zu handeln. Anstatt dich zu konfrontieren, missachten sie die Regeln unauffällig – ohne dein Wissen.
Aber egal wie, Kinder unterscheiden immer gleich. Studien auf der ganzen Welt – von den USA bis Japan, von Chile bis zu den Philippinen, vom Irak bis nach China – haben ergeben, dass Jugendliche die Autorität ihrer Eltern als weniger legitim ansehen, wenn diese versuchen, ihr Privatleben zu kontrollieren.
Natürlich sind sich die Eltern in der Regel einig, dass es Grenzen gibt. Sie erkennen das Recht ihrer Kinder an, persönliche Entscheidungen zu treffen. Aber das Leben ist kompliziert, und viele Entscheidungen umfassen mehr als einen Bereich.
Die Wahl der Freunde ist eine persönliche Angelegenheit, aber was ist, wenn dein Kind mit Gangmitgliedern abhängt?
Das Schlafzimmer eines Kindes ist möglicherweise sein Privatgelände. Aber was ist, wenn es unordentlich ist und der Kleiderhaufen auf einem Kabel eine Brandgefahr darstellt?
Selbst wenn wir uns bemühen, legitime Autorität auszuüben, wird es zu Konflikten mit unseren Kindern kommen.
Die Forschung zeigt, dass wir diese Konflikte eher lösen können, wenn wir mit unseren Kindern über die notwendige Ausgewogenheit sprechen – zwischen unseren berechtigten Anliegen und dem Bedürfnis unserer Kinder nach Autonomie. Hier sind einige Vorschläge, wie wir dies erreichen können.
Tipps, wenn Kinder rebellieren
1. Beteilige dich am Leben deines Kindes, indem du Fragen stellst, zuhörst und Hilfe anbietest.
Wenn Kinder heranwachsen, werden sie immer unabhängiger, aber das bedeutet nicht, dass Eltern nichts über das Privatleben ihrer Kinder wissen dürfen. Tatsächlich legen Untersuchungen nahe, dass Kinder uns eher eine legitime Autorität einräumen, wenn wir uns einmischen und sie fragen, was sie in ihrer Freizeit machen.
Kinder teilen uns nicht alles mit. Sie haben ihren eigenen, sich entwickelnden Sinn für Privatsphäre. Doch wir können die Kommunikationswege offen halten, indem wir ihnen gut zuhören und sie bei der Lösung von Problemen unterstützen.
2. Erziehe autoritativ – nicht autoritär
Es gibt einen großen Unterschied zwischen diesen beiden Erziehungsstilen.
Autoritäre Eltern neigen dazu, bedingungslosen Gehorsam einzufordern. Sie versuchen, den Gehorsam durch Drohungen, Bestrafungen und psychologische Kontrolle zu erzwingen.
Autoritative Eltern hingegen verfolgen einen weniger diktatorischen Ansatz. Sie setzen Grenzen und stellen hohe Anforderungen an die Kinder. Aber sie bieten viel Warmherzigkeit und erklären die Gründe ihrer Regeln. Sie ermutigen die Kinder, nachzufragen, und haben ein offenes Ohr für die Anliegen ihrer Kinder. Autoritative Eltern sind bereit, ihre Regeln zu ändern – vorausgesetzt, das Kind kann gute Gründe dafür vorbringen.
Du kannst dir vorstellen, wie der letztere, autoritative Ansatz dazu führen kann, dass die Kinder die Familienregeln eher unterstützen: Die Kinder verstehen die Beweggründe der Regeln und glauben, dass sie ein Mitspracherecht haben. Studien untermauern diese Meinung.
In so verschiedenen Ländern wie Chile, den Philippinen und den Vereinigten Staaten glauben Jugendliche mit autoritativen Eltern eher, dass ihre Eltern eine legitime Autorität haben.
3. Nimm dir ein Beispiel an den Eltern von Jägern und Sammlern. Fördere sowohl Autonomie als auch Kooperation.
Unsere Kinder wollen selbst entscheiden können. Doch es gibt immer Grenzen der persönlichen Freiheiten. Was ist, wenn das, was ich will, jemandem Schaden zufügt? Oder die Freiheit anderer einschränkt?
Kinder können dieses grundlegende Konzept schon von klein auf verstehen. Babys scheinen es vorzuziehen, dass Ressourcen gerecht verteilt werden. Sie mögen keine Menschen, die schikanieren oder selbstsüchtig die Kontrolle an sich reißen.
Wir können uns also ein Beispiel an den Eltern von Jägern und Sammlern nehmen und unsere Kinder so erziehen, dass sie sowohl die Individualität als auch das Miteinander schätzen.
Unser Wohlergehen hängt von mehr als nur unserer eigenen, individuellen Lebensumständen ab. Uns geht es besser, wenn es den anderen Mitgliedern unserer Gruppe – Familie, Freunden, Nachbarn – ebenfalls gut geht, sie leistungsfähig, glücklich und gesund sind.
Sollte dein Kind nach mehr Freiheit streben, die mit den Bedürfnissen anderer in Konflikt steht, hilf deinem Kind dabei, konstruktive Ideen für einen Kompromiss zu entwickeln, von dem alle profitieren.
4. Sei dir darüber im Klaren, dass sich deine Aufgabe ständig ändert: Je älter die Kinder werden, desto mehr Verantwortung musst du ihnen übertragen – und desto mehr Autonomie musst du ihnen gewähren.
Dies ist der Hauptgrund, warum Kinder rebellieren: Zwar erkennen Teenager immer noch an, dass Erwachsene berechtigte Autorität ausüben können, aber sie haben eine immer eingeschränktere Sichtweise darauf, was Erwachsene berechtigt kontrollieren dürfen. Angelegenheiten, die einst in den Bereich der Aufsichtspflicht fielen – wie die Frage, ob ein Kind seine Winterjacke auf dem Schulweg tragen muss oder nicht – fallen nun in den privaten Bereich.
Wenn Kinder älter werden, verlangen sie mehr Selbstständigkeit, und das ist eine vernünftige Forderung. Schließlich werden sie zu kleinen Erwachsenen – Menschen, die in der Lage sind, alle möglichen Entscheidungen für sich selbst zu treffen, einschließlich Entscheidungen über ihre eigene Gesundheit und ihr Wohlergehen. Wenn wir das ignorieren und versuchen, die Beschränkungen der Grundschule auf Kinder im Schulalter anzuwenden, stellen wir uns unweigerlich als illegitime Autoritäten dar.
Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/kind-mutter-sprechen-drinnen-8489322/