Eltern können vermuten, dass ihr Kind eine Lernbehinderung hat, wenn es Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben hat, die Schule meidet und Schwierigkeiten bei der Kommunikation hat.

Hier findest du einen Leitfaden zu den verschiedenen Arten von Lernbehinderungen mit Tipps zur Diagnose und zu Maßnahmen.

Anzeichen für Lernstörungen bei Kindern

Viele Kinder mit Lernschwierigkeiten sind extrem schlau. Oft nutzen sie ihre Stärken aus, um bestimmte Schwierigkeiten zu verbergen, wie z. B. ein außergewöhnliches auditives Gedächtnis, um nicht lesen oder Notizen machen zu müssen. Aber Anzeichen für eine Lernstörung treten meist schon auf, bevor die Kinder lesen und schreiben können.

Wenn du bemerkst, dass dein 3- bis 5-jähriges Kind Schwierigkeiten hat, Reime zu bilden, das Alphabetlied zu singen oder Wörter auszusprechen (besonders im Vergleich zu anderen Kindern in seinem Alter), könnte es eine Lernstörung haben. Hier sind weitere Anzeichen für eine Lernschwäche bei Kindern:

  • Falsche Aussprache von Wörtern (z.B. „ankenaus“ anstelle von „Krankenhaus“)
  • Ersetzen von Wörtern (z.B. „Dem Mann wuchs ein wuscheliger, langer ‚Bad‘.“)
  • Schlechte Rechtschreibung
  • Schwierigkeiten beim Kopieren von Formen, Buchstaben und Wörtern
  • Buchstaben- und Wortumkehrungen (z. B. ein „b“ statt „d“ verwenden, „war“ statt „sah“ schreiben) nach dem 7.

Obwohl diese Anzeichen darauf hindeuten können, dass dein Kind eine Lernschwäche hat, solltest du zunächst eine Sehschwäche ausschließen, die ebenfalls zu Leseschwierigkeiten führen kann. Lass dein Kind von einem Augenarzt untersuchen, um sicherzugehen, dass eine Brille nicht die Lösung ist, und hole immer eine professionelle Meinung ein.

Verschiedene Arten von Lernschwierigkeiten

„Lernstörung“ ist ein allgemeiner Begriff, der eine Vielzahl von Lernschwierigkeitn beschreibt. Es gibt viele verschiedene Arten von Lernstörungen – einschließlich der sechs hier beschriebenen – und es ist möglich, dass ein Kind mehr als eine davon hat.

Legasthenie

Entgegen der landläufigen Meinung ist Legasthenie eine sprachliche Störung und kein visuelles Problem, bei dem Kinder Buchstaben umdrehen. Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen der gesprochenen Sprache und der Lese- und Rechtschreibfähigkeit eines Schülers. Menschen mit Legasthenie können Probleme beim Lesen, Rechtschreiben und Schreiben haben, die mit Schwierigkeiten beim Verstehen und Ausdrücken von Sprache verbunden sind. Solche Probleme können schwerwiegend oder subtil sein und sind schwer zu erkennen.

Leseschwächen machen schätzungsweise mindestens 80 Prozent aller Lernstörungen aus, wobei bei Jungen häufiger Legasthenie diagnostiziert wird. Der Grund dafür könnte sein, dass Mädchen dazu neigen, ruhiger auf ihren Plätzen zu sitzen, während Jungen oft Verhaltensprobleme haben, die die Aufmerksamkeit auf Lernstörungen lenken.

Dyskalkulie

Dyskalkulie bezieht sich auf Schwierigkeiten in der Mathematik, z. B. beim Rechnen, beim Erinnern von mathematischen Fakten und beim Erlernen von Zeit- und Geldkonzepten. Die Anzeichen für Dyskalkulie verändern sich mit der Zeit. Sehr kleine Kinder können Schwierigkeiten beim Zählen haben; Kinder im Schulalter können Zahlen umdrehen und Spalten falsch ausrichten. Diese Art der Lernschwäche beeinträchtigt funktionale Fähigkeiten wie das Spielen von Brettspielen, das Zählen von Geld oder das Messen von Dingen.

Dysgraphie

Dysgraphie bezieht sich auf Schwierigkeiten beim Schreiben. Das Schreiben mit der Hand ist ein komplexer Prozess, bei dem es darum geht, Informationen zu verarbeiten, Gedanken zu Papier zu bringen und das Sehen und die Bewegungen des Stifts zu koordinieren, um Buchstaben und Wörter zu bilden. Kinder mit Dysgraphie haben Schwierigkeiten, Buchstaben, Wörter und Zahlen auf einer Seite anzuordnen. Infolgedessen kann eine geschriebene Seite als unleserliche Handschrift, eine Mischung von Groß- und Kleinbuchstaben und/oder ein ungeordnetes Durcheinander von Gedanken, Syntax, Grammatik und Zusammenhalt erscheinen. Kinder mit dieser Art von Lernstörung können auch Probleme mit anderen feinmotorischen Fähigkeiten und der Rechtschreibung haben.

Dyspraxie

Dyspraxie zeichnet sich durch Schwierigkeiten bei der Feinmotorik aus, z. B. bei der Kontrolle eines Bleistifts, dem Greifen einer Schere und der Hand-Augen-Koordination. Eltern können frühe Anzeichen von Dyspraxie bei einem Baby beobachten, das das Winken und Zeigen nicht nachahmt. Dyspraxie wirkt sich auch auf die Grobmotorik aus, z. B. auf die Koordination beim Fahrradfahren oder beim Sport.

Auditive Verarbeitungsstörung

Kinder mit auditiven Verarbeitungsstörungen haben Schwierigkeiten, auditive Informationen im Zusammenhang mit der Sprachentwicklung und dem Lesen zu interpretieren. Eltern und Lehrer/innen können Schwierigkeiten bei der Unterscheidung ähnlicher Laute und Wörter, beim Befolgen von Anweisungen und beim Unterscheiden wichtiger Geräusche (z. B. die Stimme des Lehrers/der Lehrerin) von Hintergrundgeräuschen (z. B. das Knittern von Papier) beobachten.

Sensorische Verarbeitungsstörung

Lernstörungenen beeinträchtigen die Fähigkeit des Gehirns, Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und funktional zu nutzen, z. B. beim Lesen, Schreiben oder Befolgen von Anweisungen. Aufgrund von Unterschieden in der Gehirnverdrahtung haben Kinder mit Lernstörungen oft sensorische Verarbeitungsprobleme, die ihre Schwierigkeiten noch verstärken. Unangenehme Erfahrungen wie Überempfindlichkeit gegenüber Lärm, grellem Licht im Klassenzimmer, kratzenden Kleidungsstücken und sogar dem Geruch von Mitschülern oder Schulsachen können das Fokussieren und Konzentrieren sehr.

Visuelle Verarbeitungsstörung

Bei einer Sehverarbeitungsstörung können Menschen Schwierigkeiten haben, visuelle Informationen beim Lesen, Schreiben und Rechnen zu interpretieren. Sie haben z. B. Probleme, visuelle Ähnlichkeiten und Unterschiede (z. B. in Wörtern oder Mustern) zu erkennen und Gegenstände auf dem Tisch oder Wörter auf einer Seite zu finden, weil sie eine schlechte visuelle Unterscheidung zwischen Figur und Grund haben. Andere Anzeichen für eine visuelle Verarbeitungsstörung sind Schwierigkeiten beim Ordnen von Symbolen, Wörtern oder Bildern und beim Buchstabieren.

HINWEIS: Viele Kinder können sowohl eine Lernstörung als auch eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) haben, aber obwohl diese Störungen ähnliche Merkmale aufweisen, ist ADHS keine Art von Lernbehinderung.

Diagnostik

Um herauszufinden, warum ein Schüler oder eine Schülerin sein/ihr Potenzial nicht ausschöpft, bieten Lehrer/innen in der Regel eine Überweisung für einen Lerntest an. In der Regel ist die Diskrepanz zwischen der erwarteten Leistung eines Schülers/einer Schülerin (z. B. Lesen auf Klassenniveau) und der tatsächlichen schulischen Leistung ein Anzeichen für eine Lernschwäche.

Verschiedene Gutachten können bestimmte Lernschwächen diagnostizieren. Eltern können sich auch für eine private Beurteilung durch einen Neuropsychologen entscheiden, der qualifiziert ist, eine Diagnose zu stellen. Ein Logopäde kann zusammen mit einem Audiologen Legasthenie oder eine auditive Verarbeitungsstörung diagnostizieren. Auch eine ergotherapeutische Untersuchung kann auf Dyspraxie, Dysgraphie oder eine visuelle Verarbeitungsstörung hinweisen.

Obwohl Entwicklungs- oder Lernschwierigkeiten schon bei jüngeren Kindern beobachtet werden können, werden Lernschwierigkeiten in der Regel bei Kindern im Schulalter festgestellt, wenn die schulischen Anforderungen steigen und die Fähigkeiten genau beobachtet werden.

Förderung

Lernstörungen sind unterschiedlich stark ausgeprägt und betreffen verschiedene Sinnessysteme (z. B. visuell, motorisch oder auditiv) und Funktionen (z. B. Sprechen, Lesen oder Schreiben). Eltern, die feststellen, dass ihr Kind Schwierigkeiten beim Lernen hat, sollten ihre Schule bitten, umfassende Tests durch ein Team aus Psychologen, Ergo- und Physiotherapeuten, Sprachpathologen und Erziehungswissenschaftlern durchführen zu lassen. Sie können ihr Kind auch privat untersuchen lassen – in der Regel von einem Neuropsychologen – um eine zweite Meinung einzuholen.

Ein Teamansatz kann den komplexen Lernbedürfnissen des Kindes am besten gerecht werden. Logopäden und Sprachpathologen können im Unterricht Strategien und direkte Behandlungen anbieten, um die Artikulation, das Leseverständnis und die Fähigkeit, Laute zu unterscheiden, zu verbessern. Ergotherapeuten können dazu beitragen, die sensorischen Erfahrungen des Kindes zu normalisieren, indem sie die Fähigkeit des Kindes zur Verarbeitung von Sinneseindrücken verbessern und die Aufgaben und die Umgebung geringfügig sensorisch intelligent verändern.

Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten können in der Schule gemeinsam mit der Lehrkraft drei Ansätze entwickeln, um den Kindern zu helfen: Anpassungen (z. B. Tastaturalternativen zur Handschrift), Modifikationen (z. B. mündliche statt schriftliche Berichte) und Nachhilfe (z. B. Training von Fähigkeiten mit visuellen Hinweisen oder Selbstkontrolle). Es ist wichtig, dass Kinder durch frühzeitige Erkennung und Interventionen ihr Potenzial ausschöpfen können.

Bildquelle: https://pixabay.com/photos/people-child-school-genius-316506/

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