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Mobbing in der Schule, zu Hause und im Tierreich

by Lara

Früher ging man mit Mobbing in der Schule ganz locker um.

Mobbing wurde als normaler Teil des Heranwachsens betrachtet. Man überließ es den Kindern, die Dinge selbst zu regeln.

Es gibt jedoch eindeutige Hinweise darauf, dass Mobbing kein Teil einer guten Kindheit ist.

Ja, Mobbing gibt es überall auf der Welt. Es kommt sogar bei Menschenaffen vor (siehe unten).

Doch Mobbing ist nicht nur eine andere Form des aggressiven Konflikts. Es geht darum, ein verletzliches Opfer, das einen niedrigeren sozialen Status hat, wiederholt zu schikanieren.

Diese Opfer sind möglicherweise nicht in der Lage, die Attacken “ zu verarbeiten“ , und sie können langfristige Folgen erleiden. Kinder, die gemobbt werden, leiden eher an klinischen Ängsten, Depressionen und dem Gefühl sozialer Isolation. Sie meiden eher die Schule, und der ständige Stress macht sie körperlich krank. Als Erwachsene leiden sie 3 bis 5 Mal häufiger an Angstzuständen, Panikstörungen und Platzangst (Agoraphobie).

Obwohl wir bei Mobber/innen oft an aggressive Gleichaltrige auf dem Spielplatz denken, sind manche Mobber/innen viel vertrauter. In einer kürzlich durchgeführten Studie mit mehr als 3500 amerikanischen Kindern fanden Forscher/innen heraus, dass ein Drittel aller Kinder im letzten Jahr von einem Geschwisterkind drangsaliert wurde und dass diese Kinder öfter unter psychischen Problemen litten.

Mobbing wirft also einen langen Schatten, und die Opfer sind nicht die einzigen, die unter einer schlechten psychischen Gesundheit leiden. Studien deuten darauf hin, dass einige Kinder, die andere tagtäglich mobben, ein höheres Risiko haben, psychiatrische Probleme zu entwickeln, einschließlich einer Antisozialen Persönlichkeitsstörung.

In der Schule wird Mobbing mit teils verstörenden Erklärungen versucht moralisch zu rechtfertigen, wie mit dem Gedanken, dass die Opfer es verdienen, „wie Tiere“ behandelt zu werden.

Doch das muss nicht sein. Ich habe viele Studien darüber gelesen und bin davon überzeugt, dass wir die Opfer gut schützen und die Häufigkeit von Mobbing stark reduzieren können.

Ich vermute auch, dass wir verhindern können, dass Kinder überhaupt erst zu Mobber/innen werden.

Dazu müssen wir jedoch Mobber/innen verstehen: Was tun sie, warum tun sie es, und wie unterscheiden sie sich von anderen Kindern.

Und hier (unten) gebe ich einen Überblick über Mobbing und betrachte den vielleicht wichtigsten Punkt von allen:

Geht es bei Mobbing nicht vor allem um Machthierarchien?

Sind Mobber/innen „cool“ oder beliebt, dann können wir nicht erwarten, dass wir Mobbing in der Schule verhindern können, wenn wir das Verhalten einzelner Personen ändern. Vielmehr müssen wir die Art und Weise ändern, wie alle – auch die Unbeteiligten – auf Mobbing reagieren.

Definitionen: Mobbing ist nicht nur eine Form der Aggression

Bei Mobbing – ob in der Schule oder sonst wo – geht es nicht nur um Aggression. Aggressive Kinder schlagen sich vielleicht oft. Doch sie haben es nicht unbedingt auf bestimmte Opfer abgesehen. Sie haben es auch nicht zwingend auf Menschen abgesehen, die als schwächer oder verletzlicher gelten.

Im Gegensatz dazu geht es bei Mobbing darum, ein Opfer wiederholt und absichtlich einzuschüchtern, zu schikanieren, zu demütigen oder körperlich zu verletzen.

Diese Definition gilt sowohl für

„direktes Mobbing“, das körperliche Übergriffe und Drohungen beinhaltet, und
“ beziehungsorientiertes Mobbing“, zu dem Beschimpfungen, soziale Herabsetzungen und die Verbreitung bösartiger Gerüchte gehören.

Das gilt auch für den in den vergangenen Jahren zunehmend an Relevanz gewinnenden Bereich Cybermobbing, bei dem Kinder durch Drohungen oder demütigende Botschaften im Internet und anderen elektronischen Medien schikaniert werden.

Das hört sich sehr modern und Hightech an. Doch natürlich ist Mobbing kein neuartiges Problem. Es ist nicht einmal ein rein menschliches Phänomen.

Mobbing bei Tieren

Falls du Mobber/innen bei der Arbeit sehen willst, beobachte eine Gruppe von Backentaschenaffen – wie Savannenpaviane.

Diese Affen leben in Hierarchien und verbringen einen Großteil ihrer Zeit damit, sich gegenseitig zu bedrohen. Sich gegenseitig zu schikanieren. Sie machen sich das Leben gegenseitig zur Qual.

Sozial aufstrebende Männchen sind Teil des Problems. Kurz bevor ein Männchen das Erwachsenenalter erreicht, muss es seine ursprüngliche Gruppe verlassen und eine neue Gruppe finden. Als neues Mitglied nehmen diese Männchen in der Regel die unterste Position auf der sozialen Leiter ein. Doch mit der Zeit kann sich ein ehrgeiziges Männchen in der Hierarchie nach oben arbeiten.

Wie schafft es das? Das kann von verschiedenen Faktoren abhängen: von seiner Fähigkeit zu kämpfen, von der Dauer seines Aufenthalts in der neuen Gruppe und von seiner Fähigkeit, Allianzen mit anderen Männchen zu bilden.

Der entscheidende Gesichtspunkt ist jedoch dieser: Paviane „zeigen“ ihre Dominanz häufig, indem sie Tiere mit niedrigeren Rängen bedrohen und belästigen.

Und das ist nicht nur eine Männersache. Weibliche Backentaschenaffen haben ihre eigenen, Hierarchien, und das Leben kann für die Weibchen mit niedrigem Status sehr unangenehm sein. Ranghöhere Weibchen haben Untergebene so sehr tyrannisiert, dass die Opfer keinen Eisprung mehr hatten oder Fehlgeburten erlitten.

Das bedeutet nicht, dass Mobbing unvermeidbar ist, in unseren Genen vorprogrammiert ist oder dass Menschen sich wie Paviane benehmen (müssen).

Tatsächlich verhalten sich nicht einmal Paviane wie Paviane.

Nehmen wir Robert Sapolskys Waldtruppe, eine Gruppe wilder Savannenpaviane, die er seit Jahrzehnten untersucht. In den frühen 1980er Jahren zeichnete sich diese Gruppe durch die für Savannenpaviane typische stressreiche und aggressive Lebensweise aus.

Doch dann starben bei einer Umweltkatastrophe die meisten Gruppenmitglieder, darunter auch die aggressivsten Männchen. Nur einige wenige Männchen blieben übrig, und diese waren kooperativ und sanftmütig.

Unter den Überlebenden änderte sich das soziale Miteinander. Hochrangige Männchen belästigten ihre Untergebenen nur noch selten. Freundliches, partnerschaftliches Verhalten nahm zu. Die Weibchen wurden entspannter. Sapolskys Team beobachtete sogar, dass erwachsene Männchen sich gegenseitig pflegten – etwas, das sie zuvor nur selten beobachteten.

Und jetzt kommt der wirklich interessanteste Teil:

Sobald die neuen Gewohnheiten etabliert waren, blieben sie bestehen.

Als neue Männchen der Gruppe beitraten, lernten diese, sich anzupassen. Die Mitgliederzahl des Waldtrupps hat sich in den letzten 20 Jahren verändert, aber die neue, unbeschwerte „Kultur“ ist geblieben.

Erkenntnisse für die Menschheit?

Natürlich sind Menschen keine Paviane und das Mobbingverhalten von Menschen ist wahrscheinlich komplizierter als die Schikanen, die ranghöhere Paviane ausüben.

Aber ich denke trotzdem, dass Saploskys Geschichte relevant ist.

Die Geschichte der Waldtruppe zeigt, dass eine Kultur des zügellosen Mobbings – selbst bei Tieren, die für ihre Aggressivität bekannt sind – keine Notwendigkeit und veränderbar ist.

Außerdem können wir möglicherweise noch etwas anderes von den Pavianen lernen: Nämlich, dass Mobbing ein Zeichen von Dominanz oder sozialem Status ist.

Psychologie, Status und Mobbing in der Schule

Als ich aufwuchs, hörte ich, dass Mobber/innen Menschen sind, denen es an Selbstbewusstsein mangelt. Nach dieser Ansicht mobben Kinder, weil sie sich dadurch besser fühlen.

Ich hörte auch, dass Mobber sozial inkompetent sind – Menschen mit schlechten sozialen Kompetenzen, die zu Mobbing greifen, weil sie keinen anderen Weg kennen, um das Verhalten anderer Menschen zu beeinflussen.

Neuere Forschungen haben diese Theorien aber durchlöchert.

Es hat sich herausgestellt, dass einige Mobber/innen – die sogenannten „reinen Mobber/innen“ – selbstbewusst und sozial kompetent sind.

Sie sind nicht immer besonders beliebt und Mitschüler/innen verbringen lieber keine Zeit mit ihnen.

Doch sie werden respektiert. Ihre Mitschüler/innen denken, dass sie die „Coolsten“ sind.

Sehen Kinder Mobbing in der Schule als ein Zeichen von Dominanz?

Das ist schwer zu sagen, denn es gibt nur sehr wenige Untersuchungen, die sich direkt mit dieser Frage befassen.

Allerdings haben Forscher/innen festgestellt, dass Mobbing in Bereichen mit hierarchischen Strukturen (wie Militärakademien) aufblüht.

Eine Studie über amerikanische Schüler/innen der Mittelstufe hat darüber hinaus ergeben, dass Kinder mit zunehmendem sozialen Aufstieg zu mehr sozialer Aggression neigen.

Außerdem scheinen Mobber/innen „vor einem Publikum zu spielen“ und ziehen es vor, ihre Streitereien dort zu inszenieren, wo andere Kinder sie sehen können.

Eine aktuelle finnische Studie ergab außerdem, dass Mobber/innen mehr Wert darauf legen, respektiert und bewundert zu werden, als ihre Opfer.

Vielleicht werden Mobber/innen also durch den Wunsch motiviert, wichtiger und einflussreicher zu erscheinen.

Aber was auch immer die Beweggründe von Mobber/innen sind, ihr hoher sozialer Status hat wichtige Folgen für die Prävention von Mobbing in der Schule.

Wie die UCLA-Psychologin Jaana Juvoven feststellt, wird Mobbing ermutigt, wenn Mobber als „cool“ wahrgenommen werden.

Wenn wir das Verhalten von Mobbern ändern wollen, müssen wir die Haltung aller in der Schule ändern – der Mobber, der Opfer und der Umstehenden gleichermaßen.

Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/bucher-schule-kind-student-7929375/

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