Videospiele – Wie lehrreich sind sie für unsere Kinder?

Lernspiele sind ein großes Geschäft, aber halten sie auch was sie versprechen? Leider gibt es bisher nur wenige Studien, die diese Frage beantworten, vor allem, wenn es um Spiele geht, die sich gezielt an Kinder richten.

Eine kleine Studie ergab, dass Kinder, die Lernspiele spielten, in der Schule seltener unter Aufmerksamkeitsproblemen litten. Ganz im Gegensatz zu Kindern, die gewalttätige Videospiele und/oder sogenannte Arcade-Videospiele spielten. Kinder, die diese Spiele, welche nicht darauf ausgelegt sind einen Lerneffekt zu erzielen, spielten, hatten eher Aufmerksamkeitsprobleme.

Andere Studien legten allerdings auf der anderen Seite auch nahe, dass das Spielen von „Action“-Videospielen die visuell-räumlichen Fähigkeiten verbessern kann. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass eine kurze Partie die Fähigkeit der Schüler/innen verbessern kann, naturwissenschaftliche Themen zu lernen, die visuell-räumlich geprägt sind.

In einem Experiment mit 60 Studierenden wählte Christopher Sanchez nach dem Zufallsprinzip entweder ein Wortspiel oder das Actionspiel Halo: Combat Evolved aus, das mit einer Verbesserung der visuell-räumlichen Fähigkeiten in Verbindung gebracht wurde.

Nach 25 Minuten Spielzeit lasen die Schüler/innen einen komplexen Artikel über die Plattentektonik und mussten anschließend einen Aufsatz mit dem Titel „Wie kommt es zum Ausbruch eines Vulkans?“ verfassen. Obwohl die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die beiden Computerspiele als gleichermaßen unterhaltsam bewerteten, war ein Spiel mit besseren Leistungen bei den Aufsätzen verbunden. Die Schüler, die Halo spielten, hatten ein besseres Verständnis für die wissenschaftlichen Konzepte.

Es gibt auch Grund zu der Annahme, dass einige Videospiele Kinder dazu ermutigen, hilfsbereit und freundlich zu sein.

Wie sieht es mit der allgemeinen akademische Leistungsfähigkeit aus? Es gibt interessante Hinweise darauf, dass bestimmte Computerspiele die Fähigkeit des Arbeitsgedächtnisses steigern können – eine Grundvoraussetzung für schulischen Erfolg.

Wird die Forschung in Zukunft noch weitere gute Nachrichten bringen? Das ist sehr gut möglich. Es scheint wahrscheinlich, dass Eltern irgendwann auf eine Vielzahl von wissenschaftlich geprüften Videospielen zurückgreifen können, die Kindern wirklich beim Lernen helfen.

Lerneffekt von Videospielen

Es ist einleuchtend, dass Computerspiele wirksame Lehrmittel sein können. Wie Merrilea Mayo dargelegt hat, besitzt das Format des Videospiels viele Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Schulunterricht.

  • Spiele können komplexe Aufgaben in verschiedene Zwischenschritte aufteilen und die Spieler durch eine Reihe von Schritten führen
  • Die Lernenden können ihre Bewegungen in den Spielen selbst steuern.
  • Spiele können den Lernenden unmittelbares und fortlaufendes Feedback geben.
  • Die Spiele können an das individuelle Lerntempo der Lernenden angepasst werden.
  • Spielbasierte Aufgaben können die Lernenden dazu herausfordern, Hypothesen zu formulieren und zu experimentieren.

Jedes dieser Merkmale wurde mit besseren Lernergebnissen in Verbindung gebracht.

Und – wie James Paul Gee hervorhebt – zeigt die Popularität anspruchsvoller, komplexer Videospiele, dass Entwickler/innen etwas erreicht haben, an dem viele konventionelle Bildungsansätze gescheitert sind. Sie haben „sehr gute Methoden gefunden, um Menschen zum Lernen zu bringen und ihnen Spaß am Lernen zu vermitteln“.

Vorerst geht es jedoch darum, hochwertige Lernspiele für Kinder zu finden. Denn im schlimmsten Fall kann ein Videospiel sogar falsche Inhalte vermitteln.

Vorsicht bei der Wahl der Lernspiele

Forschende haben sich zum Beispiel über ein Computerspiel beschwert, das in Schulen eingesetzt wird und falsche Informationen über Formen lehrt. Diesem Spiel zufolge ist ein Quadrat nicht länger quadratisch, wenn man es mit der Spitze nach unten dreht. Dann ist es auf einmal eine Raute!

Auf ähnliche Art und Weise habe ich „Lernspiele“ für Kinder gesehen, die schlechte Lerninhalte über das Rechnen vermitteln. In einem Spiel sollen Kinder zwei Gruppen Fische auswählen um eine neue Summe zu bilden – z. B. 4 Fische + 4 Fische = 8 Fische.
Das Problem dabei? Es scheint, dass die Entwickler/innen des Spiels schlampig gearbeitet haben und nicht alle denkbaren Kombinationen von Fischen in Betracht zogen. Daher sind nur einige Kombinationen wie (4 + 4) und (3 +5) zulässig. Wenn Ihr Kind (1+7) addieren möchte, geht das nicht.

Andere Spiele fügen nur oberflächliche Lernelemente hinzu, wie z. B. die „Mathe“-Aktionsspiele, bei denen die Kinder bestimmte Zahlen „abschießen“ müssen.

Generell bieten viele digitale Lernspiele für Kinder nicht das nötige Feedback, das die Spielenden zum Lernen brauchen. Das ist jedoch kein Versagen des Konzepts der Lernspiele an sich. Es ist vielmehr ein Versagen der Branche, qualitativ hochwertige Spiele zu entwickeln. Was ist also mit dem Guten?

Gute Lernspiele

Sasha Barab und Kolleg/innen entwickelten ein Lernspiel, das sich in einer virtuelle 3D Umgebung für mehrere Spielenden abspielt, in der das Kind (im Alter von 9 bis 16 Jahren) in den Bereichen Schreiben, Mathematik, Biologie, Weltraum und Sozialkunde geschult wird.

In diesem Spiel tauchen die Spieler/innen in eine virtuelle Welt ein. Jeder Spieler oder Spielerin hat eine Persona oder einen Avatar, der mit anderen Charakteren interagieren kann.

Die Spieler/innen werden zu Protagonist/innen in einer Reihe von interaktiven Aufgaben. Sie werden mit Herausforderungen konfrontiert – wie einem verschmutzten Fluss, der gereinigt werden muss – und suchen nach Lösungen. Realistische Situationen ermöglichen es den Kindern, die Konsequenzen ihrer Entscheidungen zu erfahren und ihre Lösungsansätze entsprechend zu ändern.

Ist das Spiel ein Erfolg? Vorläufige Untersuchungen deuten darauf hin, dass es funktioniert. In einer kürzlich durchgeführten Studie unterteilten Barab und Kolleg/innen Schüler/innen beispielsweise in drei Gruppen.

  • Eine Gruppe lernte eine Unterrichtseinheit durch das Lesen eines 38-seitigen Lehrbuchs am Bildschirm.
  • Die zweite Gruppe lernte, indem sie ein simples, interaktives zweidimensionales Videospiel spielte, das die Informationen durch eine Erzählung in der dritten Person vermittelte.
  • Die letzte Gruppe lernte, durch das Spiel von Sasha Barab mit einem Avatar und dreidimensionalen Simulationen spielte.

Anschließend mussten die Schüler/innen mehrere Tests durchführen, darunter Multiple-Choice-Fragen und ein Aufsatz mit offenem Ende zur Überprüfung des kritischen Denkens, bei dem die Schüler/innen ihr Wissen auf ein unbekanntes Problem anwenden mussten.

Die Schüler/innen, die mit Hilfe von Lernspielen gelernt hatten, schnitten besser ab als die Schüler, die lediglich am Computer lasen. Und die Schüler/innen, die das dreidimensionale Spiel gespielt hatten, schnitten bei der Aufgabe bezüglich des kritischen Denkens am besten ab.

Könnten Lernspiele also den Unterricht in der Schule ersetzen?

Das ist unwahrscheinlich. Das Spiel von Sasha Barab und seinem Team wurde für den Einsatz im Klassenzimmer entwickelt, wo die Schüler/innen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Spieles miteinander und mit ihren Lehrkräften interagieren. Der Sinn von Projekten wie diesem besteht jedoch darin, das herkömmliche „Sitzen und dem Lehrer bei seinem Vortrag zuhören“ durch eine interaktive Art des Lernens zu ersetzen.

Bildquelle: https://unsplash.com/photos/RZamNjYMjU0


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