Die sozialen Kompetenzen im Vorschulalter hängen von mehreren Grundfähigkeiten ab, insbesondere von Selbstbeherrschung, Einfühlungsvermögen und sprachlichen Fähigkeiten. Dazu gehört auch die Kenntnis grundlegender Umgangsformen – z. B. zu wissen, wann man „bitte“ und „danke“ sagt – doch die wichtigsten Fähigkeiten sind psychologisch.
Um sozial kompetent zu werden, müssen Kinder eine Menge über Emotionen und die menschliche Natur lernen. Sie müssen lernen, wie sie
- mit schlechten Gefühlen wie Wut und Traurigkeit umzugehen;
- auf die sozialen Signale um sie herum zu achten;
- erkennen, welche Gefühle andere Menschen empfinden;
- andere Sichtweisen und Standpunkte in Betracht ziehen;
- merken, wenn es jemandem schlecht geht, und Hilfe anbieten;
- Mitgefühl zeigen;
- Konflikte lösen, ohne auf Aggression zurückzugreifen;
- Freundschaften schließen und pflegen;
- verzeihen; und
- nach einer Verfehlung Reue zeigen und Wiedergutmachung leisten.
Das ist eine ganze Menge, die es zu bewältigen gilt, und das Lernen in diesem Bereich kennt kein Ende. Wir müssen unser ganzes Leben lang an unseren sozialen Fähigkeiten arbeiten. Aber der Aufwand lohnt sich.
Kleine Kinder mit herausragenden sozialen Kompetenzen werden eher von ihren Mitschüler/innen akzeptiert und gemocht. Sie haben eine größere Wahrscheinlichkeit, gute schulische Leistungen zu erbringen, und entwickeln seltener Verhaltensprobleme.
Wie fördern wir nun die sozialen Kompetenzen von Kindern im Kindergarten? Oft wird behauptet, dass kleine Kinder möglichst viel Zeit mit Gleichaltrigen verbringen sollten. Diese Behauptung ist aber historisch und anthropologisch nicht haltbar.
In den meisten vergangenen Gesellschaften wurden Kinder in altersübergreifenden Gruppen aufgezogen, nicht in Kindergärten. Kleinkinder lernten wichtige soziale Kompetenzen von Erwachsenen, Jugendlichen und älteren Kindern – nicht von anderen Kleinkindern. Wie könnte es auch anders sein?
Bei kleinen Kindern ist es unwahrscheinlicher, dass sie als Vorbild dienen, um die richtigen Verhaltensweisen und Reaktionsweisen zu vermitteln. Sie sind soziale Laien, daher sind sie nicht die besten Lehrmeister.
Nein, die nützlichsten sozialen Vorbilder sind ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Sie sind erfahrener und sachkundiger. Sie verfügen über ein umfangreicheres emotionales und geistiges Wissen, um Konflikte zu lösen, und sind damit bessere Vorbilder.
Und die Eltern? Eltern sind besonders wichtig. Sie dienen nicht nur als potenzielle Vorbilder und Mentoren. Sie prägen auch die frühkindliche Umgebung ihrer Kinder – sie geben ihnen ein Gefühl der Sicherheit, schützen sie vor Stress und sorgen dafür, dass sie genug Schlaf bekommen. All diese Dinge wirken sich stark auf das Sozialverhalten aus.
Hier sind einige Vorschläge, wie du die sozialen Fähigkeiten deines Kindes fördern kannst:
1. Eine sichere und liebevolle Beziehung
Wenn sich Eltern fürsorglich und verlässlich zeigen und einfühlsam auf die Bedürfnisse ihrer Kinder eingehen – entwickeln Kinder mit größerer Wahrscheinlichkeit eine sichere Bindungsbeziehung.
Kinder, die eine sichere Bindungsbeziehung haben, zeigen mit größerer Wahrscheinlichkeit auch gut ausgeprägte soziale Kompetenzen. Ein Beispiel:
- Kinder im Kindergarten, die im Alter von 2 bis 3 Jahren eine sichere Beziehung haben, sind eher in der Lage, zwischenmenschliche Probleme zu lösen, und sind seltener einsam.
- Kleine Kinder mit sicheren Bindungsbeziehungen zeigen eher Empathie und kommen Menschen in Not zu Hilfe.
- Vorschulkinder mit sicherer Bindungsbeziehung teilen eher und zeigen eher Großzügigkeit gegenüber Personen, die sie nicht mögen.
Warum stehen sichere Bindungsbeziehungen mit sozialer Kompetenz im Zusammenhang?
Das hat vermutlich etwas mit Stress zu tun. Wie ich bereits an anderer Stelle erwähnt habe, schützen sichere Bindungsbeziehungen Kinder vor den Auswirkungen von schädlichem Stress. Kinder leiden weniger unter Angstzuständen. Sie fühlen sich seltener bedroht.
Kinder, die sich sicher fühlen, können daher eher auf andere zugehen und sich besser auf das Erlernen sozialer Kompetenzen konzentrieren.
Bei manchen Kindern ist dieser Zusammenhang besonders stark ausgeprägt. Studien zeigen, dass manche Menschen eine genetische Veranlagung haben, die sie besonders empfänglich für die positiven Auswirkungen von sicheren Bindungsbeziehungen machen.
Aber um eines deutlich hervorzuheben: Eine einfühlsame, zugewandte Erziehung ist keine Garantie dafür, dass dein Kind zu einem sozialen Überflieger wird. Sie garantiert auch nicht, dass dein Kind eine sichere Bindungsbeziehung eingehen wird. Viele andere Faktoren – einschließlich der Erbanlagen – spielen ebenfalls eine ausschlaggebende Rolle.
So wird zum Beispiel die Fähigkeit eines Kindes, sich zu konzentrieren, teilweise durch genetische Faktoren beeinflusst. Und eine schlechte Konzentrationsfähigkeit kann sowohl die Entwicklung einer sicheren Bindungsbeziehung als auch die Entwicklung sozialer Kompetenzen bremsen.
Eine einfühlsame, zugewandte Erziehung sollte also nicht der einzige Bestandteil unserer Liste sein. Die Entwicklung sicherer Bindungsbeziehungen – und sozialer Kompetenzen – ist viel komplexer. Doch eine einfühlsame, zugewandte Erziehung ist ein entscheidender Ausgangspunkt.
2. Bring deinen Kindern den Umgang mit Gefühlen bei
Emotionale Kompetenz ist der Schlüssel zu starken sozialen Kompetenzen im Kindergarten. Je besser Kinder Gefühle verstehen, desto mehr mögen Gleichaltrige sie.
Zurückhaltende Kinder laufen zum Beispiel eher Gefahr, von Gleichaltrigen zurückgewiesen zu werden. Wenn sie über eine gute Fähigkeit verfügen, Emotionen zu erkennen, ist dieses Risiko deutlich kleiner.
Wie können wir also Kindern helfen, Gefühle zu verstehen? Indem wir sie in Gespräche verwickeln. Indem wir mit ihnen über Situationen und Ereignisse sprechen, die Gefühle auslösen.
Was regt uns auf? Was macht uns traurig? Besorgt? Ängstlich? Und Was macht uns glücklich? Wenn Erwachsene Gefühle und ihre Ursachen erklären, sowie hilfreiche Ratschläge für den Umgang mit schlechten Gefühlen geben, lernen Kinder, wie sie sich selbst besser beherrschen können.
In einer Studie zeigte sich, dass Kinder deren Eltern häufiger und ausführlicher über ihre Gefühle sprachen, besser mit Wut und Enttäuschung umgehen konnten.
In einer anderen Studie verbesserten sich die Verhaltensweisen von Kindern, wenn sie gezielt von ihren Eltern gecoacht wurden. Kindergartenkinder waren dann besser in der Lage, ihre Frustration zu bewältigen.
3. Erkenne alle Emotionen deines Kinder an
Sei gelassen und hilfsbereit, wenn Kinder wütend sind, und ignoriere ihre schlechten Gefühle nicht.
Dieser Punkt geht mit der Rolle als Emotionscoach deines Kindes einher. Wenn ein Kind einen scheinbar grundlosen Tränenausbruch hat, ist es normal, dass du es beruhigen willst. Aber einem Kind einfach zu sagen, dass es ruhig sein soll, hilft dem Kind nicht zu lernen.
Studien zeigen, dass Kinder eher soziale und emotionale Kompetenzen entwickeln, wenn wir ihre negativen Gefühle anerkennen und ihnen bessere Wege zur Lösung ihrer Probleme bieten. Wie?
In einer Studie, welche die Entwicklung von Kleinkindern über einen Zeitraum von zwölf Monaten verfolgte, stellte sich heraus, dass Eltern, die diesen Ansatz verfolgten, mit höherer Wahrscheinlichkeit sehr soziale Kinder aufzogen. Das galt sogar, nachdem die Forscher/innen die anfänglichen Tendenzen eines Kindes, (1) in Not zu geraten und (2) sich sozial zu verhalten, berücksichtigt hatten.
Andere Studien zeigen, dass kleine Kinder, die emotionale Zuwendung erhalten, seltener negative Gefühle gegenüber Gleichaltrigen zeigen. Außerdem sind sie bei ihren Altersgenossen beliebter und werden von den Lehrern als sozial kompetenter eingeschätzt.
4. Achte auf genügend Schlaf
Du hast sicherlich bereits festgestellt, dass dein Kind launisch und unaufmerksam ist, wenn es schlecht schläft. Aber was ist, wenn der Zustand dauerhaft ist? Was ist, wenn ein Kind ständig unter Schlafmangel leidet?
Studien zeigen immer wieder das Gleiche: Die Dauer des Schlafs hängt mit sozialen Kompetenzen und Verhaltensstörungen zusammen.
In einer Studie mit Kindergartenkindern stellten Forscher/innen fest, dass Kinder, die nachts länger schlafen, mit höherer Wahrscheinlichkeit gute soziale und emotionale Kompetenzen aufweisen. Diese gesunden Schläfer wurden auch eher von ihren Mitschülern angenommen.
Eine andere Studie ergab, dass Kindergartenkinder mit Schlafproblemen eher Probleme mit Aufmerksamkeit und Hyperaktivität entwickeln – Probleme, die sich auch auf das soziale Verhalten eines Kindes auswirken.
Es ist also wichtig, die Bedeutung von guten Schlafgewohnheiten nicht zu übersehen.
5. Induktive Disziplin
Weltweit wenden viele Eltern das Konzept der sogenannten induktiven Disziplin an, d. h. sie erklären die Gründe für Regeln und sprechen ruhig und einfühlsam mit ihren Kindern, wenn sie sich falsch verhalten.
Induktive Disziplin ist eine der zentralen Komponenten der autoritativen Erziehung, einem Erziehungsstil, der mit weniger Verhaltensproblemen verbunden ist. Außerdem gibt es Belege dafür, dass dieser gesprächsorientierte Ansatz der Disziplinierung die Entwicklung von Empathie und Moral fördert.
In einer Studie, in der etwa 300 Kindergartenkinder über einen Zeitraum von drei Jahren beobachtet wurden, fanden Deborah Laible und ihre Kolleg/innen heraus, dass die Kinder sozialer sind, wenn ihre Mütter eine induktive Erziehung praktizierten.
Eine ältere Studie ergab, dass Kindergartenkinder von „induktiven“ Müttern sozialer und beliebter bei ihren Altersgenossen waren. Zudem neigten sie weniger zu störendem, unsozialem Verhalten.
6. Förderung von Empathie
Empathie ist ein Teil der menschlichen Natur. Schon Babys weisen Anzeichen von Empathie auf. Das bedeutet jedoch nicht, dass Empathie sich automatisch und ohne Rückmeldung aus der Umwelt entwickelt. Die Entwicklung von Empathie hängt zum Teil auch vom Lernen ab. Und das ist etwas, bei dem wir Kinder unterstützen können.
Wenn jemand leidet, können wir sie darauf aufmerksam machen und sie auffordern, sich vorzustellen, wie sich diese Person fühlt.
Studien mit Grundschülern haben ergeben, dass es genügt, die Kinder aufzufordern, über die Notlage eines anderen nachzudenken, um ihr Einfühlungsvermögen zu steigern.
Außerdem haben Forscher/innen mit dem Training von Mitgefühl – bei dem Kinder gebeten werden, sich die Gefühle anderer Menschen vorzustellen – das Einfühlungsvermögen und die sozialen Kompetenzen von Kindergartenkindern gestärkt.
7. Abwechseln beibringen
Bringe den Kindern bei, sich abzuwechseln, und ermutige sie, das Abwechseln tagtäglich zu üben.
Das Abwechseln ist für alle Formen sozialer Interaktion wichtig. Es fördert den Sinn für Ordnung, gegenseitigen Respekt und Rücksichtnahme. Und wie Rodolfo Cortes Barragan und Carol Dweck herausgefunden haben, kann es sogar Freundlichkeit auslösen.
In einer Reihe von Experimenten zeigten die Forscher/innen, dass kleine Kinder nach einer einfachen, gemeinsamen Aktivität selbstloser wurden.
Nach einem kurzen Spiel, bei dem ein Fußball mit einem Fremden hin und her gerollt wurde, zeigten diese Kinder ihrem neuen Spielkameraden gegenüber Großzügigkeit. Wenn sich die Gelegenheit bot, waren sie eher bereit, einen Gewinn zu teilen.
Im Gegensatz dazu waren Kinder weniger großzügig, wenn sie nur ein „Parallelspiel“ erlebt hatten, bei dem sie mit einem Fremden spielten, ohne einen Fußball hin und her zu bewegen.
8. Ermunternde Worte statt Kritik.
Kleine Kinder freuen sich sehr über Lob, vor allem wenn wir ihre guten Entscheidungen und Handlungen loben.
Was ist mit Kritik? Hier ist Vorsicht geboten, denn Kinder können den Eindruck gewinnen, dass wir sie grundsätzlich für minderwertig oder schlecht halten. Und dieser Eindruck hemmt ihre Motivation, sich zu verbessern.
Deshalb ist es sinnvoll, eine negative Wortwahl soweit möglich zu vermeiden, wenn das Verhalten deines Kindes enttäuschend ist. Sei nicht so gemein. Ich kann dich nirgends mit hinnehmen. Du bist völlig verrückt! Warum bist du so schüchtern? In der Hitze des Gefechts können solche Worte angebracht scheinen und schnell ausgesprochen sein. Doch sie sind nicht hilfreich und machen alles nur noch schlimmer.
Besser ist ein aufbauender Ansatz, bei dem die Kinder herausgefordert werden, sich zu überlegen, was sie besser machen können.
9. Großzügigkeit
Biete Kindern die Möglichkeit, freiwillig und zwanglos zu erfahren, wie sich Großzügigkeit auszahlt.
Warum sind Menschen großzügig zueinander? Es gibt dafür viele Gründe. Wir empfinden Mitgefühl für Menschen in Not. Oft verspüren wir spüren vielleicht Verantwortung oder einen moralischen Instinkt zu handeln.
Doch es gibt auch ein selbstsüchtiges Motiv. Geben tut gut. Es löst einen Rausch in uns aus. Es verbessert unsere Stimmung. Und sogar kleine Kinder erleben diesen Effekt.
Wir können also soziales Verhalten fördern, indem wir Kinder dazu ermutigen, sich im Alltag großzügig zu verhalten. Kinder lernen, dass sich gute Taten emotional lohnen, und werden mit der Zeit immer großzügiger.
Achte aber darauf, dass du es nicht erzwingst. Werden Kinder zum Geben gezwungen, erleben sie möglicherweise nicht dieses angenehme Gefühl. Die Erfahrung des „gezwungenen Gebens“ lehrt Vorschulkinder deshalb nicht, großzügiger zu sein. Im Gegenteil, es verringert die Wahrscheinlichkeit, dass sie in Zukunft spontan großzügig handeln.
Die beste Lösung? Befolge einen Ansatz, der von Forscher/innen getestet wurde: Biete deinem Kind ungezwungene und freiwillige Gelegenheiten, großzügig zu sein. Ist jemand traurig? Braucht jemand Hilfe? Sprich mit deinem Kind darüber, was dieser Person helfen würde, und lass dein Kind entscheiden, was es tun möchte.
10. Achte darauf, dass du keine materiellen Belohnungen für gute Taten anbietest.
Forschungen mit Kleinkindern und Grundschülern haben ergeben, dass wir die Hilfsbereitschaft unserer Kinder beeinträchtigen können, wenn wir sie mit materiellen Belohnungen für ihre Freundlichkeit bestechen.
11. Soziale Beziehungen
Sprich mit deinen Kindern über ihre sozialen Beziehungen und zeige ihnen konkrete, positive Strategien, um mit anderen auszukommen.
Wenn dein Kind Probleme mit Gleichaltrigen hat, ermutige es dazu trotzdem ein positives Selbstbild zu entwickeln. Lass dein Kind erkennen, dass jeder von Zeit zu Zeit zurückgewiesen wird. In einer Studie wurde etwa die Hälfte aller sozialen Annäherungsversuche von Vorschulkindern durch ihre Altersgenossen abgelehnt.
Kinder mit den besten sozialen Fähigkeiten sehen Zurückweisungen als vorläufige Rückschläge an, die überwunden werden können. Diese Einstellung können wir fördern, indem wir Kindern helfen, Ablehnung in einem weniger dramatischen Licht zu sehen. Vielleicht will ein anderes Kind nicht mit uns spielen, weil es schüchtern ist. Vielleicht möchte sie gerade alleine spielen.
Zudem können wir den Kindern helfen, Lösungen zu finden und sie dazu ermutigen, unterschiedliche soziale Strategien abzuwägen.
Solche Denkanregungen ermutigen Kinder, sich in die Gefühle anderer Menschen hineinzuversetzen. Sie ermöglichen es den Kindern auch, herauszufinden, wie sie sich anpassen und einfügen können.
Ein Kind, das auf Widerstand stößt („Du kannst nicht mit uns Feuerwehr spielen, weil im Löschfahrzeug nicht genug Platz ist“), kann zum Beispiel einen anderen Weg finden, um mitzuspielen („Hilfe, mein Haus brennt!“). Dies ist eines der Geheimnisse von Kindern mit guten sozialen Kompetenzen im Vorschulalter. Sie gehen auf das Spiel der anderen ein und wissen, wie sie ihr Verhalten mit dem ihrer möglichen Spielkameraden abgleichen können.
12. Entschuldigen und Verzeihen
Zeige Kindern, wie man sich entschuldigt, etwas wiedergutmacht und verzeiht.
Interessante Experimente mit Kleinkindern zeigen, dass sie den Unterschied zwischen dem Schaden, den sie ungewollt verursachen, und dem Schaden, der von anderen verursacht wird, verstehen. Wenn 2- und 3-Jährige zum Beispiel glauben, dass sie einen Unfall verursacht haben, fühlen sie einen größeren Drang, die Sache wieder gut zu machen.
Experimente zeigen außerdem, dass kleine Kinder wahrnehmen, wenn sich Schuldige nicht entschuldigen und ihre Hilfe anbieten. Das mag die schlechte Stimmung des Opfers nicht verbessern, aber es kann die schlechten Gefühle dem Schuldigen gegenüber lindern. Wenn jemand es versäumt, sich auf diese Weise zu entschuldigen, schadet das seinem Ansehen bei Gleichaltrigen. Im Laufe der Zeit kann es passieren, dass sie von anderen Kindern immer häufiger abgelehnt werden.
Kinder sind also bereit, etwas über Versöhnung zu lernen und haben einen natürlichen Ansporn, dies zu tun. Aber was genau soll man eigentlich tun, wenn man zu aufdringlich war und die Klötzchenburg von jemand anderem umgestoßen hat? Oder wenn man etwas Gemeines gesagt hat, das jemanden zum Weinen gebracht hat?
Für kleine Kinder kann es schwierig sein herauszufinden wie sie in solchen Situationen handeln sollten. Wir können ihnen dabei helfen, indem wir ihnen zeigen, was sie tun können – wie sie etwas sagen können, sich entschuldigen und helfen, den Schaden zu beheben oder dem Geschädigten etwas Aufmunterndes oder Nettes anbieten (z. B. die Möglichkeit, gemeinsam ein Spiel zu spielen).
Wir können Kindern auch zeigen, wie man eine Entschuldigung richtig annimmt und sie daran erinnern, dass wir alle Fehler machen. Es ist wichtig, dass Kinder eine auf Mühe basierende Einstellung entwickeln: Ein Verständnis dafür, dass Menschen nicht gut oder schlecht sind, sondern vielmehr unvollkommene Personen, die aus ihren Fehlern lernen können.
Studien zeigen, dass diese Denkweise Kinder davor bewahrt, sich überfordert und hilflos zu fühlen.
13. Dankbarkeit
Der Ausdruck von Dankbarkeit hilft, die Räder der sozialen Maschine zu ölen. Sie sind unverzichtbar, um in der Gesellschaft zurechtzukommen. Experimente zeigen aber ebenfalls, dass sie unsere Stimmung und unsere Lebenseinstellung verbessern. Sie sorgen dafür, dass wir uns weniger ausgegrenzt und eher von freundlichen, fürsorglichen Menschen umgeben fühlen. Allein die Erinnerung an eine Zuwendung kann uns sogar sozialer machen.
Aus diesen Gründen betonen Forscher/innen, die Lehrpläne für soziale Kompetenzen im Kindergarten entwickeln, die Bedeutung von Dankbarkeit.
In einem an der University of Wisconsin-Madison entwickelten Lehrplan für Vorschulkinder lesen Kinder Geschichten über die alltägliche Freundlichkeit, die Menschen weltweit einander erweisen. Sie lernen über Menschen aus ihrer Umgebung, die anderen helfen (z. B. Feuerwehrleute, Ärzte und Busfahrer), und schlüpfen in die Rollen dieser Menschen, indem sie sie nachahmen. Die Lehrer/innen teilen ihre eigene Dankbarkeit mit den Kindern und zeigen ihnen, wie sie diese zum Ausdruck bringen.
14. Bringe den Kindern kooperative Spiele bei
Wie ich in diesem Artikel erkläre, sind kooperative Spiele besser für die Entwicklung von Vorschulkindern geeignet. Und wie bei Spielen, bei welchen Kinder abwechselnd dran sind, scheinen kooperative Spiele Kinder dazu zu ermutigen, sich gegenseitig besser zu behandeln.
15. Soziale Kompetenzen durch Rollenspiele
Biete Gelegenheiten zum Rollenspiel mit älteren Kindern und Erwachsenen.
In der Vorschulzeit ist spielen einer der besten Wege für Kinder um Freundschaften zu schließen.
Vorschulkinder, die gemeinsam spielen, streiten sich seltener als andere Kinder und haben weniger Probleme bei der Verständigung.
Außerdem kann dramatisches Rollenspiel, bei dem Kinder bestimmte Szenarien nachspielen und die Handlungen und Gefühle verschiedener Figuren darstellen, Kindern helfen, bestimmte Formen der Selbstkontrolle und Empathie zu entwickeln.
Eine kürzlich veröffentlichte experimentelle Studie hat zum Beispiel erwiesen, dass vierjährige Kinder ihre Emotionen besser kontrollieren können, wenn sie an einer Theatergruppe teilgenommen haben.
Das Rollenspiel ist also ein vielversprechendes Mittel, um soziale Kompetenz zu entwickeln, aber denk daran: Vorschulkinder brauchen vielleicht einen Anstoß von uns, um die Vorteile voll auszuschöpfen.
In der experimentellen Studie zum Rollenspiel sagten die Forscher/innen den Vorschulkindern nicht einfach, dass sie sich etwas ausdenken sollen. Sie stellten den Kindern bestimmte Aufgaben (z. B. “ Zieh eine Schürze an und backe mir einen Geburtstagskuchen“). Die Erwachsenen ermunterten die Kinder, „die Rollenspiele auszuüben und sich auf die Aufgaben zu konzentrieren“. Und dieses Mitwirken der Erwachsenen könnte entscheidend gewesen sein.
Ein zusätzlicher Aspekt, den du beachten solltest? Es ist wichtig, nicht zu befehlen. Untersuchungen haben ergeben, dass Kinder mit guten sozialen Kompetenzen im Vorschulalter Eltern haben, die mit ihnen auf eine fröhliche, kooperative Weise spielen.
16. Schieb Gespräche über die eigene Herkunft nicht auf
Eine gängige Fehleinschätzung, die einige Eltern – insbesondere weiße Eltern – machen ist, dass sie davon ausgehen, dass ihre Kinder zu jung sind, um über Herkunft zu sprechen. Mein Kind hat noch nicht einmal bemerkt, dass es ethnische Unterschiede gibt. Ist das nicht eine gute Sache? Hilft das nicht, dass mein Kind frei von Vorurteilen gegenüber anderen aufwächst?
Das mag logisch klingen. Doch Studien belegen, dass unsere Kinder rassistische Andeutungen schon aufgreifen, lange bevor sie sprechen gelernt haben. Sie werden in der Populärkultur mit Stereotypen über verschiedene Herkünfte konfrontiert. Versäumen wir es, mit unseren Kindern offen und ehrlich über Herkunft und Vorurteile zu sprechen, ist es wahrscheinlicher, dass sie selbst solche Vorurteile entwickeln.
17. Wähle gewaltfreie und altersgemäße Fernsehsendungen
Studien zeigen, dass dies einen großen Unterschied macht.
In einer randomisierten, kontrollierten Studie wiesen Dimitri Christakis und seine Kolleg/innen einige Eltern an, gewalttätigere Sendungen, die ihre Vorschulkinder normalerweise sahen gegen gewaltfreie, lehrreiche Fernsehsendungen (wie die Sesamstraße und Dora the Explorer) auszutauschen.
Sechs Monate später wiesen die Kinder dieser Gruppe bessere soziale Kompetenzen im Kindergarten auf – und weniger Verhaltensprobleme – als die Kinder der Kontrollgruppe.
18. Verschiedene Arten des Teilens
Einige Arten des Teilens sind für Vorschulkinder relativ einfach. Gab es einen großen Vorrat an Süßigkeiten zum Teilen, hat das Geben kaum Nachteile. Aber was passiert, wenn das Geben ein Minusgeschäft ist – z. B. wenn du dein Lieblingsspielzeug jemandem leihst, sodass du selbst nicht damit spielen kannst?
Wie bereits erwähnt (Nr. 8), können solche großzügigen Taten Kindern ein angenehmes Gefühl vermitteln. Aber die guten Gefühle entstehen, wenn Kinder freiwillig teilen. Versuche, sie dazu zu zwingen, gehen nach hinten los. Die Kinder sind dann in der Zukunft seltener großzügig.
Deshalb müssen wir geduldig sein und die Hindernisse erkennen, die Kinder überwinden müssen, bevor sie zum Teilen aufgefordert werden. Vor allem kleinen Kindern fällt es oft schwer, über die Gegenwart hinaus zu denken. Wenn wir sie bitten, ihr Spielzeug zu verleihen, glauben sie möglicherweise, dass sie ihr Spielzeug nicht zurückbekommen werden. Außerdem sind die Kinder, die sich ein Spielzeug borgen, häufig nicht bereit, es zurückzugeben.
Die Schlussfolgerung? Wir sollten sorgfältig überlegen, wann wir unsere Kinder zum Teilen auffordern und sie nicht zu etwas zwingen.
19. Beobachte den Umgang mit anderen
Löse Cliquen auf, die eine schlechte Haltung vermitteln, und achte auf die Zurückweisung durch Gleichaltrige.
Manchmal bringen Kinder das Schlimmste in den anderen hervor. In einer Studie beobachteten Forscher/innen Kinder während der freien Spielzeiten in einem Kindergarten. Sie beobachteten, welche Kinder dazu neigten, zusammen zu spielen, und beobachteten ihr Verhalten.
Einige der Gruppen wiesen ungewöhnlich viele negative Emotionen und unsoziales Verhalten auf, und diese Gruppen wurden von ihren Lehrern und Eltern als weniger sozial kompetent eingestuft.
Außerdem war die Teilnahme an einer solchen Gruppe eine Garantie für schlechte soziale Kompetenzen im Kindergarten ein Jahr später.
Was sollten wir tun, wenn wir diese Art von Negativität sehen?
Wenn Kinder mit aggressivem Verhalten zu kämpfen haben, müssen wir ihnen beibringen, wie sie Konflikte friedlich lösen können. Manchmal ist es am besten, die Gruppe aufzulösen und neue Spielkameraden zu finden, mit denen sich dein Kind anfreunden kann.
Was ist, wenn dein Kind negatives Verhalten an den Tag legt und deshalb von Gleichaltrigen abgelehnt wird? Es ist wichtig, sich einzumischen, denn die Forschung zeigt, dass wir Kindern helfen können, indem wir ihnen beibringen, wie man Freunde findet.
Studien zeigen, dass eine einzige Freundschaft mit einem Altersgenossen Kindergartenkinder vor anhaltenden Aggressionen und Ablehnung schützen kann. Und Vorschulkinder haben eine größere Chance, Gleichaltrige für sich zu gewinnen, wenn sie sich sozial verhalten und angemessen auf Gespräche reagieren.
20. Nimm es dir nicht zu Herzen
Trotz des beliebten Hollywood-Images von Kindern als intelligente Zyniker, die alles besser wissen als ihre Eltern, haben kleine Kinder ein schlechteres Gespür für die Welt.
Es fällt ihnen zum Beispiel schwer, die Sichtweisen anderer Menschen zu verstehen. Die meisten Kinder unter 4 Jahren haben noch nicht verstanden, dass verschiedene Personen verschiedene Dinge annehmen können – auch solche, die offensichtlich falsch sind.
Daher ist es nicht überraschend, dass Kinder auch Schwierigkeiten haben, das Konzept von Lügen zu begreifen. Kleine Kinder neigen dazu, alle Falschaussagen als Lügen zu bezeichnen – selbst solche, von denen der Sprecher überzeugt ist, dass sie wahr sind.
Und obwohl sie wissen, dass Lügen schlecht ist, fehlt ihnen die Fähigkeit älterer Kinder, sich vorzustellen, wie ihre Worte andere beeinflussen. Die Folgen einer Lüge – und die Moral der Lüge – müssen sie erst erlernen.
Wenn dein Vorschulkind etwas Unhöfliches oder Verletzendes sagt, nimm es nicht persönlich. Doch ignoriere es auch nicht. Verwende die Gelegenheit, um zu erklären, wie Worte uns verletzen können. Sobald dein Kind die Macht der Worte versteht, wird es seine sozialen Kompetenzen verbessern.
Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/junge-im-weissen-langarmhemd-und-in-der-grunen-hose-die-auf-boden-neben-madchen-in-rot-sitzen-3661452/