Agressivität, Ungehormsam, Ausrasten. Psycholog/innen nennen dies externalisierendes Verhalten – Störung, Aggression, Trotz oder unsoziales Verhalten.

Nahezu alle Eltern werden irgendwann damit konfrontiert, vor allem im Kleinkindalter. Kleine Kinder müssen erst noch lernen, ihre Emotionen und Impulse zu kontrollieren; sie müssen lernen, was von ihnen erwartet wird. Untersuchungen zeigen, dass mehr als zwei Drittel aller amerikanischer Kindergartenkinder Wutausbrüche haben.

Doch einige Kinder scheinen besonders anfällig für externalisierendes Verhalten zu sein, selbst nach der frühen Kindheit. Wie gehen wir mit diesen Verhaltensproblemen um?

Es gibt dafür keine pauschale Lösung. Kinder sind einzigartig. Was bei einem Kind funktioniert, klappt bei einem anderen nicht.

Doch Studien legen eine Reihe allgemeiner Prinzipien nahe, mit denen wir die Kooperation fördern und Aggressionen unter Kontrolle halten können. Hier sind einige evidenzbasierte Tipps.

1. Gute soziale Beziehungen beugen externalisierenden Verhaltensproblemen vor

In manchen Familien ist es relativ einfach, den Familienfrieden zu wahren.

In der Regel sind Kinder kooperativ, was es den Bezugspersonen erleichtert, gut gelaunt und fröhlich zu bleiben. Durch die ständigen positiven familiären Beziehungen fühlen sich die Kinder sicher und zugehörig und sind eher bereit, gute soziale Kompetenzen zu erlernen.

Schwieriger ist es, wenn Kinder störende, trotzige oder aggressive Verhaltensweisen an den Tag legen. Diese Kinder brauchen positive Bestärkung, um den Anschluss nicht zu verlieren. Ihr Fehlverhalten provoziert uns jedoch, macht uns reizbar, wütend, frustriert oder verzweifelt.

In gewissem Sinne sind aufsässige Kinder ihre eigenen Erzfeinde, denn sie stecken in Verhaltensweisen fest, auf die andere negativ reagieren. Eltern werden dadurch häufig selbst in unvorteilhafte Verhaltensmuster gedrängt – in einigen Fällen werden sie zu strafend, in anderen zu unbeteiligt.

Was ist die Lösung?

Psychologen wie Timothy Cavell raten Eltern, die in Bedrängnis geraten sind, ihre Schlachten zu wählen. Wenn euer Kind externalisierende Verhaltensprobleme hat, könnt ihr nicht erwarten, dass jeder Aspekt seines Verhaltens kontrollierbar ist. Denke stattdessen an ein disziplinarisches „Quotensystem“.

Setze die strengsten Grenzen für aggressives, unsoziales Verhalten durch – Handlungen, die Schaden anrichten, Gefühle verletzen oder zu körperlichen Verletzungen führen. Kinder brauchen nämlich die deutliche Botschaft, dass dieses Verhalten unakzeptabel ist. Studien zeigen, dass Kinder, die sich in Aggressionen jeglicher Art üben – einschließlich nicht-gewaltätigen Aggressionen – dazu neigen, ihr Verhalten zu eskalieren, wenn sie nicht gezügelt werden.

Gehe als Nächstes auf andere Arten von Fehlverhalten ein, aber nur, wenn du das tun kannst, ohne das Gleichgewicht zu stören. Du solltest darauf achten, dass deine Kommunikation überwiegend unterstützend wirkt – nicht abweisend, strafend oder einschüchternd.

Indem du dich auf den allgemeinen Umgangston in der Beziehung konzentrierst – und nicht auf die Details des neuesten, unbedeutenden Fehlverhaltens – ist es wahrscheinlicher, dass du einen positiven Einfluss ausübst und die Entwicklung deines Kindes längerfristig steuerst.

2. Hilf den Kindern ein Gespür für ihre Gefühle zu entwickeln

Es dauert Jahre, bis Kinder ein reifes Gespür für Gefühle entwickeln.

Sie sammeln immer noch Erfahrungen darüber, wie Menschen denken und sich verhalten, und versuchen, ihre eigenen Gefühle zu verstehen.

Was die Geduld, das Befolgen von Anweisungen, das Jonglieren verschiedener Anforderungen, das Merken von Plänen und die Kontrolle von Impulsen angeht, sind sie deutlich im Nachteil: Ihre Gehirne entwickeln diese Fähigkeiten erst noch.

Was geschieht, wenn wir das vergessen – oder die Einschränkungen in der Entwicklung eines Kindes versehentlich überschätzen? Wenn wir nicht altersgerechte Anforderungen stellen, wie z. B. von einem Dreijährigen zu erwarten, dass er während einer langen Mahlzeit in einem Restaurant still sitzt, führt das leicht zu Konflikten.

Wenn Kinder regelmäßig mit solch unrealistischen Erwartungen konfrontiert werden, können sie in der Entwicklung den Anschluss verlieren.

Wie bereits erwähnt, brauchen Kinder eine gute Atmosphäre, um motiviert und aufmerksam zu bleiben. Um ein gutes Benehmen zu entwickeln, müssen sie die Erfahrung machen, dass es sich lohnt, Anweisungen zu befolgen und die eigenen Gefühle zu beherrschen.

Setzen wir sie in Situationen, die ihre Fähigkeiten übersteigen, verpassen sie diese Gelegenheiten und lernen falsche Dinge: nämlich, dass sie unsere Ansprüche nicht erfüllen können, dass wir unfair oder unberechenbar sind und dass unser Beharren auf Zusammenarbeit bedeutet: „Ich gewinne, du verlierst.“

Deshalb ist es wichtig, dass du dich auf die aktuellen Fähigkeiten deines Kindes einstellst und Situationen vermeidest, in denen zu viel verlangt wird. Wenn du Kindern Aufgaben gibst, die sie tatsächlich meistern können – Aufgaben, die ihren Entwicklungsstand nicht überschreiten oder nur etwas anspruchsvoller sind -, lernen sie, was es heißt, sozial erfolgreich zu sein, und haben die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln.

Forscher/innen und Therapeut/innen empfehlen diese entwicklungsgerechten Taktiken:

  • Formuliere deine Erwartungen klar und gelassen und betone, dass du gute Entscheidungen bevorzugst, statt Verbote aufzuerlegen. Schikaniere die Kinder nicht mit vielen Vorschriften – Studien deuten darauf hin, dass solch ein tyrannisches Mikromanagement die Entwicklung von Selbstdisziplin und Selbstkontrolle beeinträchtigt. Wenn Kinder aber anfangen, vom Weg abzukommen, erinnere sie höflich daran, was sie tun sollen. Vielleicht fehlt es ihnen an Arbeitsgedächtnis und Aufmerksamkeit, um sich zu konzentrieren.
  • Sprich mit deinen Kindern darüber, wie Gefühle funktionieren. Was verursacht Wut oder Traurigkeit? Wie können wir diese Gefühle lindern oder verhindern, dass sie ausbrechen? Kinder, die mit diesen Themen aufwachsen, haben in der Regel bessere Leistungen, und Maßnahmen in der Schule, die darauf ausgerichtet sind, das soziale und emotionale Verständnis der Kinder zu verbessern, führen zu besseren Verhaltensweisen.
  • Halte Kindern, die nicht mithalten können, kein schnelles, von Erwachsenen vorgegebenes Tempo vor. Kinder brauchen länger, um von einer Aktivität zur nächsten zu wechseln, und haben eine langsamere Reaktionszeit. Gib den Kindern mehr Zeit, ihre Pläne in die Tat umzusetzen und gib ihnen eine Vorwarnung, bevor du sie zu einer anderen Aktivität bittest.
  • Erkenne und beseitige die wichtigsten Auslöser. Anstatt dein Kind im Vorschulalter zu drängen, sein Lieblingsspielzeug mit einem Freund, der gerade zu Besuch ist, zu teilen, solltest du es weglegen, bevor der Besucher kommt. Lass die Kinder mit etwas spielen, das weniger emotional besetzt ist.
  • Gib deinen Kindern ein ermutigendes, gutes Feedback, wenn sie etwas richtig gemacht haben. Das ist ein wirkungsvoller Weg, um das Verhalten zu beeinflussen. Achte aber darauf, welche Art von Lob funktioniert und welche nicht.
  • Beseitige Ablenkungen und unnötige Verlockungen. Es ist schwer, Hausaufgaben zu erledigen, wenn du eine Spielekonsole im Blick hast.

3. Verstehe das Verhalten deiner Kinder

Bei sehr kleinen Kindern ist das, was nach Trotz aussieht, in der Regel etwas anderes: Es ist eine entwicklungsbedingte Unfähigkeit, Impulse zu kontrollieren, mit Emotionen umzugehen, sich an Regeln zu erinnern oder zu erkennen, welche Gefühle andere Menschen haben.

Ältere Kinder können ähnliche Schwierigkeiten haben. Manche Kinder haben beispielsweise Schwierigkeiten mit dem Kurzzeitgedächtnis: Es ist für sie schwieriger, Anweisungen zu befolgen.

Doch bei vielen normal entwickelten Kindern hängt das Widersetzen von den Überzeugungen der Kinder über Autonomie und Fairness ab. Kinder erkennen, dass es gerechtfertigt ist, auf bestimmte Dinge zu bestehen – wie z. B. auf Regeln gegen Gewalt. Aber sie glauben, dass es Grenzen gibt, und wenn wir diese Grenzen überschreiten, werden sie unsere Autorität eher als unbegründet ansehen.

Daher ist es wichtig, dass du dich mit deinem Kind darüber verständigst, was fair und angemessen ist.

4. Spielerisch externailisierenden Verhaltensproblemen vorbeugen

Wenn du mit einem aufsässigen oder aggressiven Kind zu kämpfen hast, hast du vielleicht keine Lust auf Spiel und Spaß. Aber Kinder lernen spielerisch, und Studien legen nahe, dass bestimmte Arten von Spielen Kindern helfen, mit anderen zurechtzukommen.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie hat zum Beispiel herausgefunden, dass kleine Kinder (im Alter von 3 bis 4 Jahren) ihre Aggressionen besser in den Griff bekamen, wenn sie zufällig Spiele zur Selbstregulierung wie „Simon Says“ (das aufmerksames Zuhören und Selbstbeherrschung erfordert) und „Musical Statues“ (bei dem sich die Kinder auf ein Verlangen hin bewegen – und einfrieren – müssen) spielten.

Darüber hinaus gibt es gute Hinweise dafür, dass eine Vielzahl von spielerischen sozialen Tätigkeiten Kindern dabei helfen kann, ihr soziales Geschick und ihre soziale Kompetenz zu entwickeln.

5. Schlafmangel führt zu externalisierenden Verhaltensproblemen

Es ist kein Geheimnis, dass Schlaf die Stimmung beeinflusst, aber Schlafmangel macht uns nicht nur launisch. Er beeinträchtigt unsere Fähigkeit, den Gesichtsausdruck zu lesen, was zu Missverständnissen und Konflikten führen kann. Die Forschung belegt zudem einen dauerhaften Zusammenhang zwischen Schlafproblemen und externalisierendem Verhalten.

In einem Experiment zeigten Jugendliche, die nur wenig Schlaf bekamen, mehr “ Konfliktverhalten“, wie Wut, Streit und Feindseligkeit.

In einer anderen Studie zeigten kleine Kinder, die schon früh dazu tendierten, sich einer Autorität zu widersetzen, besonders empfindlich auf die Auswirkungen von Schlafmangel. Bei ihnen war die Gefahr, dass sie mit der Zeit externalisierende Verhaltensstörungen entwickelten, größer als bei anderen Schlechtschläfern.

Bei Kindern, die an einer Störung im Autismus-Spektrum leiden, steht der Schlaf ebenfalls im Zusammenhang mit Verhaltensauffälligkeiten. In einer aktuellen Studie fanden Forscher/innen heraus, dass Kinder mit Schlafstörungen aggressiver, reizbarer und abgelenkter sind.

Und es gibt Hinweise darauf, dass schlechter Schlaf zu Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsdefiziten führt.

So entwickeln Kinder im Kindergartenalter mit Schlafproblemen eher diese Symptome, und bei Kindern, die mit ADHS diagnostiziert wurden, kann es zu erheblichen Beeinträchtigungen kommen, wenn sie nicht genug schlafen.

In einer Studie wurde eine Gruppe von Kindern mit ADHS einem Programm unterzogen, bei dem die regelmäßige nächtliche Schlafdauer um eine Stunde reduziert wurde. Nach sechs Tagen waren die Kinder nicht nur leicht beeinträchtigt, sondern litten sogar unter einer klinisch bedeutsamen Beeinträchtigung ihrer Aufmerksamkeitsfähigkeit.

Außerdem scheint es, dass wir die Symptome von Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivität lindern können, indem wir die Schlafprobleme der Kinder behandeln.

So fanden Forscher/innen in einer randomisierten, kontrollierten Studie heraus, dass ein besserer Schlaf bei ADHS-Patienten zu einem besseren Verhalten im Unterricht und weniger externalisierenden Verhaltensproblemen führte. Bei manchen Kindern kann ein besserer Schlaf die Symptome ganz auslöschen.

6. Reduziere dein eigenes Stresslevel

Es ist schwer, gelassen zu bleiben, wenn dein Kind einen Wutanfall hat, und deine persönliche Anspannung macht alles noch schlimmer – auch das Verhalten deines Kindes.

Studien zeigen, dass Kinder sich eher verbessern, wenn ihre Eltern die eigenen Erwartungen senken, sich Unterstützung holen und ihr eigenes Stresslevel reduzieren.

7. Fördere gute Beziehung zu Geschwistern

Wir wissen, dass Missbrauch durch die Eltern und Übergriffe durch Altersgenossen schlecht für Kinder sind. Die Aggressoren eskalieren mit der Zeit. Die Opfer haben ein erhöhtes Risiko, emotionale Störungen wie Angstzustände oder Depressionen zu entwickeln. Und bei einigen löst die Schikanierung externalisierende Verhaltensstörungen aus. Gemobbte Kinder werden oft selbst zu Tyrannen.

Aber was ist mit Aggressionen zwischen Geschwistern? Wenn dein Bruder dich schlägt oder schikaniert, ist das eine harmlose Angelegenheit – Teil des Heranwachsens?

Aktuelle Studien beantworten diese Frage mit einem eindeutigen „Nein“. Wenn Forscherinnen und Forscher die Entwicklung von Kindern verfolgen, stellen sie fest, dass die Aggression zwischen Geschwistern die gleichen negativen Auswirkungen hat wie andere Formen der Gewalttätigkeit. Dissoziales Verhalten unter Geschwistern schürt externalisierendes Verhalten, selbst wenn die Forscher/innen die gemeinsame Genetik berücksichtigen.

Und wenn sich Kinder streiten, leidet die Qualität der Erziehung. Gestresste Eltern greifen eher zu strengen Maßnahmen, treffen unüberlegte und ungerechte Entscheidungen oder kümmern sich weniger um die Bedürfnisse der Kinder.

Deshalb sollten Wohlwollen und Zusammenhalt schon zu Hause beginnen. Die Beziehungen zwischen den Geschwistern verbessern sich, wenn wir ihnen die Grundsätze von Gerechtigkeit vermitteln und durchsetzen.

Indem wir den Geschwistern zeigen, wie sie ihren eigenen Standpunkt vertreten können, und eingreifen, wenn Verhandlungen scheitern, können wir ein Umfeld schaffen, das die Selbstkontrolle fördert. Indem wir ältere Kinder über die Grenzen ihrer jüngeren Geschwister aufklären und sie für ihr verantwortungsbewusstes und rücksichtsvolles Verhalten belohnen, können wir Eifersucht entschärfen.

8. Negative Haltungen führen zu externalisierenden Verhaltensproblemen

Einige Menschen neigen dazu, in den Absichten anderer Feindseligkeit zu sehen, auch wenn das nicht der Fall ist. Dies führt dazu, dass sie sich feindselig verhalten und eine sich selbst erfüllende Prophezeiung schaffen. Sie provozieren Menschen, die ihnen sonst vielleicht in einem neutralen oder freundlichen Sinne begegnen würden.

Daher ist es wichtig, Kindern zu helfen, eine flexiblere, entspanntere und zuversichtlichere Haltung einzunehmen. Kleine Kinder profitieren davon, wenn wir ihnen mögliche Erklärungen für vermeintlich schlechtes Verhalten aufzeigen.

Sie ist dir nicht böse, sie hat nur einen schlechten Tag.

Er wollte dich nicht verletzen, er hat nur gespielt.

Als die Forscher/innen kleine Kinder (im Alter von 4-9 Jahren) aufforderten, solche Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, zeigten die Kinder anschließend eine veränderte Einstellung: Die Kinder neigten seltener dazu, feindselige Vermutungen anzustellen.

Auch ältere Kinder profitieren davon, vor allem wenn wir ihnen erklären, wie anpassungsfähig ihre Persönlichkeit ist. Menschen sind nicht dazu verdonnert, „gut“ oder „böse“ zu sein. Sie passen sich ihrer Umwelt an, können sich verändern und werden von Umständen beeinflusst.

Als Forscher/innen Jugendliche über diese Flexibilität aufklärten, wurden sie nicht nur nachsichtiger gegenüber dem Verhalten anderer. Sie neigten auch seltener dazu, in alltäglichen, uneindeutigen Handlungen Feindseligkeit zu sehen.

Kinder, die sich in einer vermeintlichen Gefahrensituation befanden, z. B. wenn jemand sie in einem überfüllten Gang anrempelte, sahen dies eher als Zufall an. Und sie sagten nur halb so oft, dass sie mit Vergeltung und Aggression reagieren würden.

Eine vergleichbare Studie ergab, dass Kinder, die mit dem Training zur Anpassungsfähigkeit der Persönlichkeit geschult wurden, anders auf vermeintliche Mobbing-Szenarien reagierten. Im Vergleich zu den Schülerinnen und Schülern einer Kontrollgruppe gaben sie an, sich seltener rächen zu wollen. Positive Gedanken gegenüber Mitmenschen kann also externailiserenden Verhaltensproblemen vorbeugen.

9. Weniger Raum für negative Gedanken

Wahrscheinlich hast du schon davon gehört, dass man wütenden Kindern sagt, sie sollen tief durchatmen und bis zehn zählen. Das ist ein guter Ratschlag. Die Forschung hat aber noch eine andere Strategie entwickelt. Wir können Kindern beibringen, ihre negativen Emotionen mit der Macht ihrer Gedanken – und ihrer Nächstenliebe – zu entschärfen.

In Experimenten, in denen Probanden an vertrauensvolle soziale Beziehungen erinnert wurden – indem ihnen „wohltuende“ Bilder von freundlichen und hilfsbereiten Menschen gezeigt wurden – geschah etwas in ihren Gehirnen. Das System der Reaktion auf Bedrohung wurde vorübergehend ausgeschaltet, so dass sie nicht so stark auf wütende Gesichter reagierten.

In anderen Studien fanden Forscher/innen heraus, dass es ausreichte, Menschen zu bitten, sich ihre Liebsten vorzustellen – oder sich an eine Zeit zu erinnern, in der sie sich von jemandem unterstützt fühlten -, um ihre Reaktionen im sozialen Bereich zu verändern.

Die Teilnehmer/innen fühlten sich weniger aggressiv und hatten mehr Mitgefühl für andere. Selbst ein paar unterbewusste Erinnerungen – wie die Worte „Liebe“ und „Umarmung“, die für ein paar Millisekunden vor den Augen aufblitzen – können diesen Effekt bewirken.

Bislang hat noch niemand dieses Phänomen an Kindern getestet. Doch sobald Kinder alt genug sind, um zu diskutieren und fröhliche Erinnerungen hervorzurufen, sind sie möglicherweise bereit, diese Technik anzuwenden. Und schon lange davor können wir den Grundstein dafür legen, indem wir auf ihre emotionalen Bedürfnisse eingehen.

10. Die Strategie des moralischen Rückzugs

Wir denken oft, dass unsoziales Verhalten ein Symptom für verringerte Empathie ist. Aber viele Aggressionen werden von Menschen verübt, die über gute empathische Fähigkeiten und soziale Kompetenzen verfügen. Sie haben die psychologischen Fähigkeiten, um andere nicht zu verletzen, aber sie nutzen diese nicht.

Stattdessen sind sie davon überzeugt, dass ihr Verhalten richtig ist.

Albert Bandura hat eine Vielzahl von Mechanismen identifiziert, mit denen Menschen sich selbst aus der Verantwortung ziehen.

Zum Beispiel können Menschen Folter gutheißen, wenn sie glauben, dass sie dadurch den Behörden relevante Informationen liefern. Der Zweck heiligt die Mittel.

Sie können sich von jeglicher persönlicher Verantwortung befreien. Ich hab nur Befehle befolgt.

Möglicherweise unterschätzen oder bagatellisieren sie den von ihnen verursachten Schaden. Das ist doch nicht so schlimm.

Und sie geben vielleicht dem Opfer die Schuld oder erniedrigen die Menschen, die darunter leiden. Sie haben das selbst verursacht. Die sind nicht wie wir. Die fühlen Dinge anders als wir.

Das hört sich nach erwachsenen Rechtfertigungen an. Doch Studien zeigen, dass selbst Schulkinder schon dazu neigen, insbesondere diejenigen, die von Mobbing und Aggressionen unter Gleichaltrigen betroffen sind.

Es gibt also Grund zur Annahme, dass wir Kindern helfen können, indem wir ihnen beibringen, moralische Rückschritte in Aktion zu erkennen . Indem wir Ihnen eindrucksvolle Gegenbeispiele geben und sie ermutigen, die fragwürdigen Rechtfertigungen, die sie in ihrer Umwelt wahrnehmen, zu hinterfragen.

Es gibt auch Hinweise dafür, dass Tipp #9 helfen kann. Als Dolly Chugh und ihre Kollegen (2014) Freiwillige baten, über die Unterstützung von nahestehenden Personen nachzudenken, stellten sie fest, dass diese Erfahrung wie ein Schutzschild gegen den moralischen Rückzug wirkte. Im Gegensatz zu den Mitgliedern einer Kontrollgruppe waren die Freiwilligen, die auf Geborgenheit bedacht waren, widerstandsfähiger gegen selbstsüchtige moralische Rechtfertigungen.

11. Problemlösen lehren kann externalisierenden Verhaltensproblemen vorbeugen

Studien deuten darauf hin, dass strenge Bestrafung dazu führen können, dass Kinder immer gravierendere Verhaltensprobleme aufweisen.

Bestimmte Arten von Kritik können dazu führen, dass Kinder denken, sie seien von Natur aus minderwertig oder schlecht und könnten sich deshalb nicht ändern. Kinder, die regelmäßig (öfter als einmal im Monat) geschlagen werden, neigen dazu, mit der Zeit aggressiver zu werden. Und die Taktik der Beschämung kann zu Verbitterung und Wut führen, statt zu Reue.

Was sollen Eltern also tun?

Aggressionen zu ignorieren ist schlecht. Wie bereits erwähnt, deuten Forschungsergebnisse darauf hin, dass Eltern, die Aggressionen zulassen oder Wutausbrüchen dulden, eher damit rechnen müssen, dass sich das Verhalten ihrer Kinder mit der Zeit verschlechtert.

Aber es gibt noch einen anderen Weg: Wir können uns darauf konzentrieren, den Kindern konkrete Lektionen zu erteilen – wie sie ihre Impulse kontrollieren, Probleme lösen, Konflikte aushandeln und Wiedergutmachung leisten können.

Als Forscherinnen und Forscher zum Beispiel verschiedene disziplinarische Maßnahmen verglichen, stellte sich heraus, dass nicht das Schlagen, das Schimpfen oder das Verweisen am effektivsten war.

Am wirksamsten waren die Taktiken, die Sanktionen mit Argumenten kombinierten und nicht körperlich waren – Regeln und ihren Zweck erklärten und mit den Kindern darüber sprachen, wie sie Schwierigkeiten vermeiden können.

Es gibt gute Gründe für die Vermutung, dass das Erlernen sozialer Kompetenzen – z. B. wie man Kompromisse findet oder den Schaden nach einem Konflikt behebt – Kindern helfen kann, Aggressionen zu vermeiden und die Akzeptanz von Gleichaltrigen zu gewinnen.

Studien haben gezeigt, dass 6- und 7-Jährige viel nachsichtiger sind, wenn sich ihre Mitschüler/innen entschuldigen und versuchen, den Schaden wiedergutzumachen. Wenn du den Klötzchenturm eines anderen Kindes umgekippt hast, macht es womöglich einen großen Unterschied, wenn du hilfst, diesen wiederaufzubauen.

12. Manchmal braucht man fachmännischen Rat

Mit deinem Kind zu sprechen, könnte dir wie ein Traum erscheinen, wenn es besonders aufsässig ist. Es könnte unmöglich erscheinen, wenn es Probleme mit der Konzentration oder emotionale Schwierigkeiten hat. Wenn dein Kind dich in die Enge treibt – oder dich etwas verunsichert – hol dir professionellen Rat.

Bestimmte Verhaltensweisen sind Warnsignale – Anzeichen dafür, dass dein Kind das Risiko für eine Emotions- oder Verhaltensstörung trägt.

Wenn dein Kind zum Beispiel sehr oft, lange und heftig tobt oder „aus heiterem Himmel“ die Beherrschung zu verlieren scheint, solltest du deinen Kinderarzt oder eine Kinderärztin aufsuchen. Wissenschaftler/innen raten Eltern außerdem dringend, einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen, wenn sie beobachten, dass ihr Kind ein bedrohliches Verhalten an den Tag legt.

Das heißt aber nicht, dass du auf diese speziellen Hinweise warten musst, um Hilfe zu bekommen.

Wie bereits erwähnt, können Kinder aus einer Vielzahl von Gründen Probleme mit störendem Verhalten entwickeln. Manchen Kindern fällt es schwer, die Beweggründe und Gefühle anderer Menschen zu deuten. Manche Kinder haben Schwierigkeiten, ihre eigenen Gefühle zu verstehen. Einige Kinder haben möglicherweise Lern- oder Sprachverzögerungen.

Manche Kinder leiden unter Hyperaktivität, Impulsivität, Aufmerksamkeitsdefiziten, Einschränkungen des Arbeitsgedächtnisses, zu viel Stress oder zu wenig Schlaf. Was auch immer die Probleme deines Kindes sind, ein Spezialist für das Verhalten von Kindern kann dir dabei helfen, besser zu verstehen, was vor sich geht – und Möglichkeiten zur Problemlösung zu finden.

Erkundige dich also bei deinem Kinderarzt oder deiner Kinderärztin oder in der Schule nach den örtlichen Beratungs- und Diagnosestellen und lass die Sache nicht auf sich beruhen, wenn diese Stellen nicht auf deine Bedürfnisse eingehen. Unter Umständen musst du mehr als einen Ansatz ausprobieren, bevor du die beste Methode findest.

Bildquelle: https://www.freepik.com/free-photo/i-know-what-exhausted-young-mom-feeling-tired-while-trying-stop-her-children-from-screaming-fighting-home_27507635.htm

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