Welche Auswirkungen haben Videospiele? Das kommt ganz auf das jeweilige Spiel an. Manche gewalttätige Spiele machen Kinder unmittelbar nach dem Spielen etwas aggressiver. Sie scheinen auch dazu zu führen, dass Menschen weniger Mitgefühl für Opfer von Gewalt haben – zumindest vorübergehend.

Andere Videospiele – gewaltfreie Spiele, bei denen die Spieler/innen die Rolle eines freundlichen Helfers übernehmen – stehen mit besserem Verhalten in Verbindung. Kinder, die solche Spiele spielen, sind eher freundlich oder kooperativ.

Doch gibt es Grund zu der Annahme, dass soziale Videospiele Spieler/innen dazu ermutigen könnten, etwas zu tun, was Forscher/innen als Altruismus bezeichnen? Risiken einzugehen oder etwas zu opfern, um anderen in der Realität zu helfen? Ein ausgeklügeltes Experiment mit Studierenden legt nahe, dass soziale Spiele Menschen tatsächlich dazu bringen können, selbstlos zu handeln.

Die Forscher:innen Tobias Greitemeyer und Sylvia Osswald ließen Studierende eines von zwei Videospielen spielen:

  • Tetris (ein sehr bekanntes Computerspiel, das keine sozialen Inhalte hat) oder
  • City Crisis (eine Simulation, in der Spieler:innen die Rolle eines Hubschrauberpiloten einnehmen, der Menschen vor Bränden und anderen Bedrohungen rettet).

Alle Teilnehmer/innen spielten 10 Minuten lang in einem ruhigen Raum, in dem sich auch eine junge Versuchsleiterin aufhielt. Dann erfolgte eine Unterbrechung – eine von den Forscher:innen inszenierte Täuschung.

Ein junger Mann (ein Schauspieler) betrat den Raum. Er näherte sich der Versuchsleiterin und schien wütend zu sein. Er sagte zu ihr: „Hier bist du also! Ich habe dich im ganzen Gebäude gesucht! Warum ignorierst du mich? Warum tust du mir das an? Red doch endlich mal mit mir!“

Der Mann redete laut, danach schrie er und trat gegen einen Mülleimer. Er zog außerdem am Arm der Frau und versuchte, sie dadurch zu zwingen, den Raum mit ihm zu verlassen. Die Versuchsleiterin verhielt sich die ganze Zeit über sehr zurückhaltend. Sie wiederholte die gleichen Sätze mit leiser Stimme: „Pst, sei bitte ruhig. Ich muss hier arbeiten, ich kann jetzt nicht mit dir reden. Du störst das Experiment. Sei bitte nicht so laut.“

Wie reagierten die Leute? Die Forscher:innen hielten fest, ob die Teilnehmer etwas unternahmen, um der Frau zu helfen, z. B. sie zu fragen, ob sie Hilfe brauchte.

Und die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Spielen von City Crisis, dem sozialen Videospiel, einen Unterschied machte. Zehn von 18 Personen, die City Crisis spielten, griffen ein. Im Gegensatz dazu waren es nur vier der 18 Personen, die Tetris spielten.

Es war nur eine kleine Studie, und die Ergebnisse sollten mit Vorsicht aufgenommen werden. Zum einen untersucht die Studie nur die unmittelbare und sehr kurzzeitige Auswirkung. Zum anderen frage ich mich, ob das Spielen eines Spiels wie Tetris, bei dem man sich sehr konzentrieren muss, dazu führt, dass man weniger aufmerksam ist und sich weniger auf die Welt um sich herum einlassen kann. Andererseits ist unklar, ob Tetris packender ist als ein Hubschrauberspiel.

Die Auswirkungen vieler Variablen dieses Experiments sind also unklar. Diese Ergebnisse sind allerdings kein Einzelfall. Ähnliche Experimente deuten darauf hin, dass das Spielen von gewalttätigen Videospielen dazu führt, dass Menschen weniger bereit sind, ein Risiko einzugehen und zu helfen, wenn sie eine Person in Schwierigkeiten sehen.

Eine Reihe von Studien deutet darauf hin, dass soziale Spiele die Menschen freundlicher machen, darunter ein neues Experiment mit Videospielen von Gunwoo Yoon und Patrick Vargas.

Die Forscher:innen wiesen 194 Schüler:innen nach dem Zufallsprinzip die Rolle von Superman oder Voldemort zu. Nach nur 5 Minuten Spielzeit (in denen die Spieler:innen in einer virtuellen Spielwelt gegen ihre Feinde kämpften) ließen sie die Schüler:innen ein Lebensmittel wählen, das sie einem Fremden mit verbundenen Augen zu Essen geben sollten: Schokolade oder scharfe Soße?

Spieler:innen, die den Helden Superman gespielt hatten, wählten häufiger Schokolade und seltener scharfe Soße. Spieler:innen, die in die Rolle von Voldemort schlüpften, zeigten die entgegengesetzte Tendenz.

Die Annahme liegt also nahe, dass Simulationen und Rollenspiele das Verhalten beeinflussen können. Warum auch nicht?

Es ist offensichtlich, dass das, worüber wir nachdenken, unsere Gefühle und unser Verhalten beeinflusst. Das gilt für starke Emotionen, z. B. wenn wir Bilder vom Tod sehen. Aber die Wirkung ist nicht nur auf Extremfälle beschränkt.

Studien haben erwiesen, dass schon die bloße Erinnerung an Unhöflichkeit – indem man Menschen bittet, Worträtsel zu lösen, die Wörter wie “ widerwärtig“, „aufdringlich“ und “ lästig“ enthalten – dazu führt, dass sie eher dazu neigen, ein Gespräch zu unterbrechen.

Vielleicht lohnt es sich also, Kinder auf Spiele mit sozialem Inhalt zu lenken.

Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/kinder-spielen-videospiele-1103563/

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