Bauklötze sind solide Formen, die für Konstruktionsspiele verwendet werden.
Manche sind einfache Holzklötze. Andere sind ausgefallener, wie z. B. die ineinander greifenden Klemmbausteine von LEGO® und MEGA Bloks®.
Doch egal, welche Form sie haben, Bauklötze können als wirksame Lernwerkzeuge dienen. Studien zeigen beispielsweise, dass sie Kindern helfen können, ihre
- Motorik und Hand-Augen-Koordination
- räumliches Denken,
- kognitive Flexibilität,
- Sprachkenntnisse,
- die Fähigkeit zu kreativem, differenziertem Denken,
- soziale Kompetenz und
- technische Fähigkeiten zu verbessern.
Es gibt auch Hinweise dafür, dass komplexes Spiel mit Bauklötzen zu höheren mathematischen Leistungen führt.
Wie geht das? Es ist leicht nachzuvollziehen, wie das Stapeln und Zusammensetzen von Bauklötzen die motorische Entwicklung von Kleinkindern fördert. Doch um andere Fähigkeiten zu fördern, müssen Kinder wahrscheinlich mehr tun, als nur Bauklötze hin und her zu bewegen.
Forschungen haben ergeben, dass Kinder davon profitieren, wenn das Konstruktionsspiel zusätzliche Elemente enthält, z. B:
- das Bauen nach Vorlagen,
- kooperative Projekte durchführen und
- mit anderen über räumliche Zusammenhänge sprechen.
Im Folgenden findest du einen Überblick über die Forschungsergebnisse und einige Tipps, wie du das Spielen mit Bauklötzen verbessern kannst.
1. Bauklötze fördern das räumliche Vorstellungsvermögen
Wir wissen, dass es einen Zusammenhang zwischen räumlichem Vorstellungsvermögen und Konstruktionsspielen gibt.
Als Yvonne Caldera und ihre Kolleginnen und Kollegen beispielsweise die Konstruktionsaktivitäten von 51 Kindergartenkindern beobachteten, entdeckten sie ein Muster:
Kinder, die mehr Interesse am Bauen zeigten – und anspruchsvollere Strukturen bauten – schnitten bei einem standardisierten Test zur räumlichen Intelligenz besser ab.
Das gleiche Muster wurde auch von anderen berichtet. Doch wir können nicht automatisch davon ausgehen, dass das Spielen mit Bauklötzen dazu führt, dass Kinder ein besseres räumliches Vorstellungsvermögen entwickeln. Möglicherweise ist der Zusammenhang umgekehrt gelagert. Kinder mit fortgeschrittenem räumlichen Vorstellungsvermögen mögen möglicherweise lieber mit Bauklötzen spielen!
Das erklärt wahrscheinlich einen Teil des Musters. Es gibt aber auch guten Grund zu der Annahme, dass Konstruktionsspiele tatsächlich Auswirkungen auf die Entwicklung haben.
Als Forscher Kinder im Kindergartenalter an einem Programm mit geführten Konstruktionsspielen teilhaben ließen, schnitten diese Kinder bei Tests zur räumlichen Vorstellungskraft, zum Bauen mit Bauklötzen und zur „mentalen Rotation“ – der Fähigkeit, 3-D-Formen vor dem „inneren Auge“ zu drehen und zu analysieren – besser ab als ihre Altersgenossen.
Eine neuere experimentelle Studie untersuchte die Auswirkungen von strukturiertem Bauklotzspiel – bei der eine Struktur anhand eines Modells oder eines Bauplans nachgebaut wird.
Nachdem eine Gruppe von 8-Jährigen an nur fünf 30-minütigen Sessions des strukturierten Bauklotz-Spiels teilnahm, verbesserten sie ihre Fähigkeit zur mentalen Rotation.
Zudem zeigten Hirnscans Veränderungen in der Art und Weise, wie ihre Gehirne räumliche Informationen verarbeiteten. Bei den Kindern einer Kontrollgruppe waren diese Veränderungen nicht zu beobachten.
2. Strukturiertes Spielen mit Bauklötzen kann die kognitive Flexibilität verbessern
„Kognitive Flexibilität“ ist die Fähigkeit, den Fokus schnell von einem wichtigen Stimulus auf einen anderen zu richten. Das ist für schulische Leistungen sehr wichtig. Manchen Kindern fällt dies jedoch schwer und bestimmte Umweltfaktoren – wie ein niedriger sozioökonomischer Status – erhöhen das Risiko für Entwicklungsverzögerungen.
Helfen Bauklötze in dieser Situation?
Eine aktuelle experimentelle Studie legt das nahe.
Sara Schmitt und ihre Kollegen wiesen einigen Kindern nach dem Zufallsprinzip tägliche Sessions mit strukturiertem Bauen zu.
In den ersten Sessions waren die Aufgaben relativ simpel (z. B. „Baue einen Turm“). Doch als die Kinder mit den Bauklötzen vertrauter wurden, bekamen sie anspruchsvollere Aufgaben (z. B. „Baue die Struktur auf diesem Bild nach“).
Die Forscher konnten im Laufe der Zeit keine gravierenden Veränderungen feststellen. Doch am Ende der Studie zeigten die Kinder, die an strukturiertem Bauen teilnahmen, eine verbesserte kognitive Flexibilität, vor allem Kinder aus Familien mit niedrigerem sozioökonomischen Status.
3. Bauklötze werden mit der Sprachentwicklung in Verbindung gebracht
Könnte es sein, dass Kinder durch das Spielen mit Bauklötzen auch sprachlich einen Schub bekommen? Das scheint denkbar.
Es gibt zum Beispiel Hinweise dafür, dass sehr kleine Kinder bessere Sprachkenntnisse entwickeln, wenn sie regelmäßig mit Bauklötzen spielen.
In einer von Mega Bloks gesponserten Studie gaben Forscher Bauklötze an Kleinkinder aus Familien mit mittlerem und niedrigem Einkommen. Die Kinder waren zwischen 1,5 und 2,5 Jahre alt und wurden nach dem Zufallsprinzip in eine von zwei Gruppen eingeteilt:
- Die Kinder in der Versuchsgruppe erhielten zu Beginn der Studie zwei Sets Mega Bloks – bestehend aus 80 Klemmbausteinen und einem Set mit besonderen Bauklötzen, darunter Autos und Menschen. Die Eltern dieser Kleinkinder erhielten Tipps, wie sie das Spielen mit Bauklötzen fördern.
- Die Kinder der Kontrollgruppe bekamen die Bauklötze erst am Ende der Studie. Die Eltern dieser Kinder erhielten keinerlei Ratschläge zum Spielen mit Bauklötzen.
Die Eltern beider Gruppen wurden gebeten, ein Tagebuch über die Aktivitäten ihrer Kinder zu führen. Den Eltern wurde der eigentliche Zweck der Studie nicht mitgeteilt – nur, dass ihre Kinder Teil einer Studie zur Zeiteinteilung der Kinder waren.
Nach sechs Monaten füllte jedes Elternteil eine Nachbefragung aus, in der auch die sprachlichen Fähigkeiten des Kindes bewertet wurden.
Das Ergebnis?
Kinder in der Versuchsgruppe
- schnitten bei den elterlichen Tests zu Wortschatz, Grammatik und Sprachverständnis besser ab und
- zeigten einen Trend, weniger fernzusehen.
Es ist unklar, warum das Spielen mit Bauklötzen diesen Effekt hatte. Eine mögliche Erklärung ist, dass sich die Kinder gar nicht wirklich unterschieden – sondern dass die Eltern in der Behandlungsgruppe lediglich eine größere Sprachkompetenz bei ihren Kindern wahrnahmen. Die Anregung zum Spielen mit Bauklötzen könnte sie dazu motiviert haben, der Entwicklung ihrer Kleinkinder mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Es ist jedoch plausibel, dass die Eltern in der Versuchsgrupppe mehr Zeit damit verbrachten, sich mit ihren Kindern zu unterhalten, was den sprachlichen Fortschritt erklären könnte. Kinder lernen sprechen, indem sie viele persönliche Gespräche mit anderen führen.
Es gibt auch Hinweise dafür, dass Kinder ein besseres Verständnis des räumlichen Vokabulars entwickeln, wenn wir mit ihnen über räumliche Beziehungen sprechen.
In einem kürzlich veröffentlichten Experiment wiesen Forscher Mütter an, beim Spielen mit ihren 5-jährigen Kindern relevante räumliche Ausdrücke zu verwenden – und das zeigte Wirkung: Kinder, die mit dieser räumlichen Sprache konfrontiert wurden, benutzten sie mit größerer Wahrscheinlichkeit auch selbst.
4. Bauklötze können kreatives, divergentes Problemlösen anregen
Psychologen kennen zwei Haupttypen von Problemen. Konvergente Probleme, die nur eine richtige Lösung haben. Divergente Probleme, die auf mehrere verschiedene Arten gelöst werden können.
Da Kinder Bauklötze auf verschiedene Arten zusammensetzen können, ist das Spielen mit Bauklötzen ein divergentes Spiel. Und divergentes Spielen mit Bauklötzen kann Kinder befähigen, kreativ zu denken und divergente Probleme besser zu lösen.
In einem Experiment haben Forscher Vorschulkindern zwei Arten von Spielsachen vorgelegt.
- Einige Kinder bekamen konvergente Spielsachen (Puzzlestücke).
- Andere Kinder bekamen Spielsachen für divergentes Spiel (grobe, bauklotzartige Schaumstoffformen).
- Den Kindern wurde Zeit zum Spielen gegeben und dann wurde ihre Fähigkeit, Probleme zu lösen, getestet.
Das Ergebnis? Kinder, die mit Bauklötzen spielten, schnitten bei divergenten Aufgaben besser ab. Sie zeigten auch mehr Kreativität bei ihren Lösungsversuchen.
5. Kooperatives Konstruktionsspiel verbessert die sozialen Kompetenzen von Kindern
Forschungen legen nahe, dass Kinder freundlicher und sozialer werden, wenn sie an kooperativen Bauprojekten arbeiten.
In Studien mit autistischen Kindern haben sie, wenn sie an Spielgruppen mit Bauklötzen teilnahmen, größere soziale Fortschritte gemacht als Kinder, denen der soziale Sprachgebrauch beigebracht wurde.
Und Untersuchungen an normal entwickelten Kindern zeigen, dass Kinder, die an kooperativen Spielen teilnehmen, bessere Freundschaften schließen.
6. Kinder, die gut mit Bauklötzen umgehen können, sind tendenziell bessere Mathematiker/innen
Das Spielen mit Bauklötzen wurde auch mit mathematischen Fähigkeiten in Verbindung gebracht. In einer Studie wurde festgestellt, dass die Komplexität des Spiels mit LEGO im Alter von 4 Jahren eine langfristige Aussagekraft hat: Je komplexer das Spiel in diesem Alter war, desto höher waren die mathematischen Fähigkeiten in der Schule, selbst wenn man den IQ des Kindes berücksichtigte.
Andere Studien haben einen Zusammenhang zwischen der Fähigkeit eines Kindes, bestimmte Strukturen nachzubauen und seinen aktuellen mathematischen Fähigkeiten festgestellt.
Und eine niederländische Studie ergab, dass Schüler der 6. Klasse, die mehr Zeit mit Konstruktionsspielen verbrachten, bei Tests für mathematische Textaufgaben besser abschnitten.
Bedeutet dies, dass das Spielen mit Bauklötzen langfristige Verbesserungen der mathematischen Fähigkeiten bewirkt?
Nicht unbedingt. Doch in der bereits erwähnten experimentellen Studie mit Vorschulkindern unter der Leitung von Sara Schmitt fanden die Forscher Hinweise dafür, dass strukturiertes Spielen mit Bauklötzen sowohl die mathematischen Fähigkeiten als auch die kognitive Flexibilität verbessert. Das galt jedenfalls für Kinder aus Familien mit niedrigerem sozioökonomischen Status.
Angesichts des bekannten Zusammenhangs zwischen räumlichem Vorstellungsvermögen und mathematischen Leistungen ist es plausibel, dass das strukturierte Spielen mit Bauklötzen das räumliche Vorstellungsvermögen indirekt verbessert.
7. Konstruktionsspiele helfen Kindern, technische Fähigkeiten zu entwickeln
Es ist leicht einzusehen, dass Konstruktionsspiele wertvolle Erkenntnisse über Architektur und Ingenieurwesen vermitteln können. Kleine Ingenieurinnen und Ingenieure müssen sich mit denselben physikalischen Gesetzen auseinandersetzen, die auch für die Konstruktion von Brücken und Kathedralen gelten.
Aus diesem Grund bauen Ingenieure und Wissenschaftler Modelle: So können sie ihre Ideen prüfen und erforschen.
Studien zeigen auch, dass Schüler am besten über physikalische Gesetze lernen, wenn sie sie aus erster Hand erfahren. Wenn wir also wollen, dass Kinder ein Gespür für mechanische Kräfte – wie die Kräfte von Spannung und Druck – entwickeln, bietet das Konstruktionsspiel hervorragende Lernmöglichkeiten.
In einem aktuellen Projekt lehrten Forscher Sechstklässler die Prinzipien des Ingenieurwesens durch ein spielerisches Programm für den Entwurf und die Konstruktion erdbebensicherer Gebäude.
Es scheint also, dass Bauklötze eine hervorragende Investition in die Bildung sind.
Sechs Tipps: Wie du das Meiste aus Bauklötzen herausholst
1. Beteilige kleine Kinder, indem du selbst mitmachst – und sie in ein Gespräch über räumliche Gegebenheiten verwickelst
Die oben genannten Studien legen nahe, dass Kinder mehr vom Spielen mit Bauklötzen profitieren, wenn ihnen jemand zeigt, wie man damit baut. Kinder profitieren auch davon, wenn wir mit ihnen über räumliche Konzepte sprechen.
2. Ermutige kooperative Bauprojekte
Jüngere Kinder brauchen manchmal Hilfe, um das Eis zu brechen, also spiele die Rolle der leitenden Person, um gemeinsame Bauprojekte in Gang zu bringen.
3. Fordere Kinder mit speziellen Konstruktionsaufgaben heraus
Freies Spielen mit Bauklötzen ist wichtig. Doch wie erwiesen, profitieren Kinder besonders davon, wenn sie versuchen, ein Bauwerk an eine Vorlage anzupassen. Um damit anzufangen, schlägst du eine Struktur vor. Du kannst Bilder und Grafiken verwenden, um Bauprojekte zu inspirieren oder zu unterstützen.
4. Denke daran, dass Fantasie ein wertvoller Aspekt des Spiels ist – auch beim Spielen mit Bauklötzen
Konstruktionsspiele scheinen so offensichtlich mechanisch zu sein, dass es leicht ist, nur an die Entwicklung praktischer technischer Fähigkeiten zu denken. Doch Kinder profitieren auch von Fantasie und Vorstellungskraft.
So haben Experimente ergeben, dass Kinder kreativer und erfinderischer werden, wenn sie Geschichten über Magie hören. Und wenn man Vorschulkinder dazu ermutigt, fantasievoll und einfallsreich zu spielen, kann man ihnen helfen, ihre exekutive Fähigkeit, wie die Impulskontrolle, zu verbessern.
Auch wenn sich das Spiel deines Kindes mehr auf die Fantasie als auf die Konstruktion konzentriert, profitiert es dennoch kognitiv.
5. Wecke das Interesse an Bauklötzen, indem du dein Kind Spielfiguren und anderes Zubehör zur Verfügung stellst.
Baut dein Kind ungern? Nimm dir ein Beispiel an dem Experiment zur Sprachkompetenz von Kleinkindern: Die Forscher gaben den Kindern nicht nur Bauklötze. Sie gaben den Kindern auch Zubehör in angemessener Größe, wie Menschen und Autos. Solche Spielzeuge inspirieren die Kinder zu Bauprojekten (z. B. ein Stall für eine Spielzeugkuh) und regen zum Spielen an.
6. Verbinde das Spielen mit Bauklötzen mit Geschichten.
Die Forscherin Janie Heisner benutzte Bauklötze und Zubehör, um Teile einer Geschichte zu illustrieren, die sie den Kindern eines Kindergartens vorlas. Nach jeder Geschichte erhielten die Kinder Gelegenheit, die Requisiten zu benutzen. Diese Taktik schien das fantasievolle Spiel zu fördern. Zudem gab sie den Kindern Anregungen, was sie bauen könnten.
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