Unsicherheit als Elternteil – Woher sie kommt und wie wir sie überwinden können

Ich tue mein Bestes.

Ich versuche, mein Kind so gut zu versorgen, wie ich es kann. Tun wir das nicht alle? Ich versuche, meinen Sohn gut zu erziehen, fundierte Entscheidungen zu treffen und ihn bis an die Grenzen meiner menschlichen Belastbarkeit zu lieben.

Und irgendwie ist das nicht genug. Und zu viel. Alles auf einmal.

Die Kommentare und Ratschläge aus meiner Umgebung begannen an dem Tag, als er aus dem Krankenhaus nach Hause kam. Oder besser gesagt, eigentlich schon an dem Tag, an dem ich erfuhr, dass ich schwanger war. Zuerst schätzte ich es, die verschiedenen Perspektiven zu hören und alles, was nicht stimmte, ließ ich einfach über mich ergehen:

Stoffwindeln sind lästig. Wegwerfwindeln enthalten Chemikalien.
Er sollte auf dem Rücken schlafen. Er sollte auf dem Bauch schlafen.
Er braucht die Sonne für Vitamin D. Ach geh nicht in die Sonne, nimm ein Nahrungsergänzungsmittel.
Trage Sonnenschutzmittel. Trage keine Sonnencreme.
Wie lange stillst du? Oder du solltest nicht stillen.
Wenn du dich nicht impfen lässt, könnte er sterben. Oder wenn du es tust, könnte er sterben.
Er sollte eigentlich jetzt schon besser schlafen. Er wird schon schlafen, also mach dir keine Sorgen.
Gib ihm einen Schnuller. Gib ihm keinen Schnuller. Es ist zu früh. Es ist zu spät. Es ist zu lang.
Achte darauf, dass du ihn mit Vollwertkost fütterst. Verschwende deine Zeit nicht mit all diesen „ausgefallenen“ Lebensmitteln.
Schreie es heraus. Benutze einen Zeitplan. Schreie es nicht heraus. Mach keinen Zeitplan. Lass ihn ein Kind sein und mach dein Ding.

Die Liste an „Ratschlägen“ ist fast grenzenlos.

Und weißt du, was das für mich als frischgebackene Mutter nach meinem ersten Jahr bedeutet? – Ich bin unglaublich unsicher.

Egal, was ich tue oder nicht tue. Ich bin unsicher.
Ganz gleich, was ich tue oder nicht tue. Ich fühle mich wie ein Versager.
Doch dieses Problem ist keine Frage der Meinung. Oder ein Problem mit den ungefragten Kommentaren.

Es geht hier um mich. Und warum?

Es ist ein inneres Problem. Die Unsicherheit entsteht dadurch, wie ich die Meinungen und Kommentare verarbeite. Nicht die Kommentare selbst. Es läuft auf diese eine Frage hinaus: Wo suche ich nach meiner Sicherheit? Als ich mir diese Frage stellte, war die Antwort offensichtlich:

Ich suche Sicherheit in öffentlicher Anerkennung. Darin, eine perfekte Mutter zu sein oder als solche wahrgenommen zu werden.

Das ist wohl einer der schlechtesten Arten, die es gibt, um persönliche Sicherheit und Bestätigung zu finden.

Kann das jemand nachvollziehen oder bin ich hier ganz allein?

Ich möchte die perfekte Mutter sein. Ich möchte, dass alle meine Erziehungsmethoden mögen. Ich möchte, dass alle meine Erziehungsentscheidungen unterstützen und gutheißen. Doch jetzt kommt der große Knackpunkt. Wenn sie das nicht tun, bedeutet das für mich, dass ich eine schlechte Mutter sein muss. – Richtig?

Falsch! Wir alle wissen, dass das falsch ist, eine Lüge. Trotzdem lasse ich es schon seit Monaten zu, dass sich diese Lüge als Wahrheit ausgibt. Und das hat mich unglaublich verunsichert.

Wie können wir unsere Unsicherheit als Elternteil überwinden?

Das habe ich gelernt:

1. Sei offen und nicht allwissend

Ich gebe zu, dass ich nicht alles weiß. Es ist allerdings trotzdem leicht, insgeheim für sich zu denken, dass ich es doch so sei.

Es ist einfach nicht gesund, so sehr an „meinen Ansichten“ festzuhalten, dass ich mich gegen die Meinung anderer wehren muss. Und es ist leicht, an diesen Punkt zu gelangen.

Offen zu sein in der Erziehung bedeutet, anzuerkennen, dass ich mit den Informationen und Ressourcen, die mir zur Verfügung stehen, mein Bestes gebe, auch wenn ich nicht alles weiß. Vielleicht lerne oder entdecke ich etwas, das mich dazu veranlasst, mich zu ändern. Und das ist in Ordnung. Das ist gut so.

Es geht nicht um mangelnde Entschlossenheit. Es geht nicht darum, seine Überzeugung aufzugeben. Es geht nur darum, zuzugeben, dass wir nicht allwissend sind. Denn das sind wir nicht.

2. Sei neugierig und respektiere andere Meinungen

Stelle Fragen. Versuche, andere Meinungen zu verstehen, wenn sie auftauchen (ohne zu urteilen). Wir müssen nicht mit allem einverstanden sein, wenn wir nachdenkliche Fragen stellen, um uns gegenseitig zu verstehen.

Das zeugt von Respekt. Und Demut.

Und am Ende des Tages können wir einander respektieren, ohne völlig einer Meinung zu sein.

Wenn wir das nicht tun, wird die Welt ziemlich schnell hässlich.

Neugier lässt uns lernen, lässt uns demütig bleiben (indem wir andere über uns selbst stellen) und lässt uns einander respektieren.

3. Räume deine Wahrheitsschublade auf

Welche Lügen glaubst du? Erkenne sie.

Einer der großen Mentoren in meinem Leben sagt, dass wir regelmäßig „unsere Wahrheitsschublade ausräumen“ müssen.

Wir alle haben eine. Eine Schublade voller Dinge, die wir für wahr gehalten haben. Manchmal landen allerdings Dinge in der Schublade, die eigentlich gar nicht wahr sind.

„Ich bin eine schlechte Mutter, wenn jemand nicht mit dem einverstanden ist, was ich tue“, ist eine der Lügen, die in meiner Schublade gelandet ist.

Was bewahrst du in deiner Wahrheitsschublade auf, das dort nicht sein sollte? Wie wirkt sich das auf dich aus?

Bildquelle: https://www.pexels.com/photo/smiling-mother-looking-at-her-baby-on-the-seashore-4668985/


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