Einige Gedanken über die richtigen und falschen Wege, sich mit seinen Kindern anzufreunden

Sollten Eltern mit ihren Kindern Freunde – oder Kumpel – sein?

In ihrem Buch stellen die Autoren Jean Twenge und W. Keith Campbell fest, dass Eltern zu dem Problem beitragen, wenn sie sich mit ihren Kindern anfreunden wollen. Denn Eltern, die sich selbst als „Kumpel“ bezeichnen, fällt es schwer, Regeln und Normen durchzusetzen.

Weitere Forscher weisen auf die direkten negativen Folgen hin, die entstehen, wenn man Kinder wie Vertrauenspersonen behandelt. Kinder können durch schlechte Erfahrungen gestresst sein. Als Forscher zum Beispiel die jugendlichen Töchter von Geschiedenen befragten, stellten sie fest, dass Mädchen eher unter psychischen Problemen litten, wenn ihre Mütter sie ausführlich über ihre finanziellen Sorgen, berufliche Schwierigkeiten, persönliche Probleme und negative Gefühle gegenüber ihrem Ex-Mann aufklärten.

Sind Freundschaften zwischen Eltern und Kindern also eine schlechte Sache? Das hängt ganz sicher entscheidend davon ab, was du unter „Freundschaft“ verstehst.

Die Vorstellungen von Freundschaft

Die Vorstellungen von Freundschaft gehen weit auseinander: Sollten Eltern mit ihren Kindern befreundet sein, wenn das bedeutet, dass „keiner das Sagen hat“?

Für manche bedeutet das Wort „Freundschaft“, dass „niemand die Kontrolle hat“. Freunde sind immer gleichberechtigt. Keiner der beiden Freunde hat Autorität über den anderen.

Wenn man Freundschaft so versteht, dann sollte man sich bei dieser Frage mit den Folgen einer permissiven (oder sogar nachlässigen) Erziehung beschäftigen.

Die Forschung zeigt, dass es Kindern besser geht, wenn Eltern ihnen Zuneigung schenken und dem Verhalten ihrer Kinder angemessene Grenzen auferlegen (siehe unten).

Es gibt auch Hinweise dafür, dass ein permissiver Erziehungsstil mit der Entwicklung mangelhafter Selbstbeherrschung zusammenhängt.

In einer Studie mit afroamerikanischen Jugendlichen wurden die Kinder zum Beispiel gebeten, eine Reihe fiktiver Situationen zu durchdenken, die mit Enttäuschungen und Konflikten einhergingen. Die Kinder, die ihre Eltern als eher permissiv bezeichneten, gaben auch häufiger an, dass sie in Konfliktsituationen handgreiflich würden.

Offenbarungen führen nicht zu mehr Nähe

„Freundschaft“ kann auch Probleme verursachen, wenn sie bedeutet, „ein Kind wie einen erwachsenen Therapeuten zu behandeln“. Tatsächlich ist es nicht einmal klar, ob vertrauliche Geständnisse von Eltern dazu führen, dass sich Kinder wie Freunde fühlen – zumindest nicht, wenn die Geständnisse bedrückend sind. In der oben erwähnten Studie wurde festgestellt, dass detailliertere Offenbarungen von Müttern nicht mit einem stärkeren Gefühl der Nähe bei ihren Töchtern verbunden waren.

Doch nicht alle intimen Geständnisse sind belastend und es ist wahrscheinlich, dass manche Formen des Austauschs die Beziehung zwischen Eltern und Kindern stärken. In einer kürzlich durchgeführten Studie mit 790 niederländischen Jugendlichen fanden Forscher heraus, dass Kinder, die Geheimnisse mit ihren Eltern teilten, eine bessere Beziehung hatten und seltener straffällig wurden.

Eine andere Studie mit schwedischen Teenagern ergab, dass der Schlüssel zu gutem Benehmen und Harmonie in der Familie nicht in der übermäßigen elterlichen Überwachung liegt. Es war die Erkenntnis des Kindes, dass seine Eltern ihm vertrauten.

Intimität muss also nicht bedeuten, dass du dein Kind mit deinen persönlichen Problemen belastest. Und die Vermittlung von Vertrauen muss nicht die Botschaft vermitteln, dass „alles erlaubt ist“.

Eltern können eine enge, vertrauliche Beziehung zu ihren Kindern aufbauen und trotzdem verantwortungsbewusst bleiben. Nicht jede Freundschaft basiert auf der Gleichstellung.

Freundschaften mit Autoritätspersonen: Herzlichkeit, Vertrauen, Zusammenhalt …und Grenzen

Nehmen wir ein Elternteil, das Grenzen setzt und es vermeidet, seine Kinder mit detaillierten Schilderungen persönlicher Probleme als Erwachsene zu beunruhigen.

In erster Linie ist sie Mutter.

Vielleicht betrachtet sie sich aber auch als Freundin, weil sie ein Gefühl der gegenseitigen Loyalität, des Vertrauens und des Respekts mit ihren Kindern teilt.

Darüber hinaus…

  • behandelt sie ihre Kinder als eigenständige Persönlichkeiten mit eigenen Gedanken.
  • spricht sie mit ihren Kindern über ihre Gedanken, Hoffnungen, Ideen und Gefühle.
  • berichtet sie ihnen außerdem von ihrem eigenen „Gefühlsleben“ – nicht von dem, was die Kinder womöglich beunruhigt, sondern von dem, was ihnen hilft, ihre Eltern als Menschen zu sehen (Beispiel: „Ich bin traurig. Ich wünschte, wir könnten auch nach Disneyland fahren, doch wir können es uns nicht leisten.“).

Diese Auffassung von Freundschaft scheint mit den Erkenntnissen aus Fachliteratur über sichere Bindungsbeziehungen, „einfühlsame Erziehung“, induktive Disziplin (die erklärt, warum es wichtig ist, Regeln zu befolgen) und autoritative Erziehung (eine Erziehung, die warmherzig ist und auf die Kinder eingeht, aber auch hohe Standards setzt) übereinzustimmen.

Bedeutet das wirklich Freundschaft?

Es handelt sich nicht um eine streng gleichberechtigte Freundschaft. Sie ähnelt eher der Art von Freundschaft, die manche Erwachsene mit Autoritätspersonen wie älteren Kollegen, Vorgesetzten oder anderen Ratgebern pflegen.

Beide Parteien respektieren einander. Sie sorgen sich um einander und vertrauen einander. Sie führen tiefgründige Gespräche und genießen die Gesellschaft des anderen in einem zwanglosen Rahmen. Doch es gibt Einschränkungen. Die übergeordnete Partei muss einige Informationen für sich behalten. Und es gibt Zeiten, in denen die stärkere Partei ihre Autorität ausüben muss.

Lohnt sich das? Ich nehme an, das hängt von deinen persönlichen Merkmalen und kulturellen Überzeugungen ab. Eventuell gibt es Kinder, die sich nicht so gut an die Idee „Eltern als autoritäre Freunde“ gewöhnen.

Doch Studien über westliche Kinder sprechen im Allgemeinen für den sachlichen, freundlichen und autoritativen Ansatz in der Erziehung.

  • Induktive Disziplin (das Erklären der Gründe für Regeln und der sozialen und moralischen Folgen von schlechtem Verhalten) wird mit mehr Selbstkontrolle, weniger Aggression und einem reiferen guten Urteilsvermögen in Verbindung gebracht.
  • Freundliche, verständnisvolle und einfühlsame Eltern haben möglicherweise mehr moralischen Einfluss auf ihre Teenager. In einer Studie wurden amerikanische Schüler vor fiktive moralische Situationen gestellt und gefragt, wie sie diese bewältigen würden. Schüler, die bei autoritativen Eltern aufwuchsen, orientierten sich bei moralischen Entscheidungen eher an ihren Eltern als an ihren Mitschülern.
  • Eine vertrauensvolle und offene Beziehung zwischen Eltern und Kindern kann Heranwachsende vor riskantem Verhalten schützen. In einer Studie mit amerikanischen Neunt- und Zehntklässlern fanden Forscher heraus, dass Jugendliche eher zu sexuellen Handlungen neigen, wenn sie unbeaufsichtigt sind. Aber auch freundschaftliche Beziehungen zwischen Eltern und Kindern waren von Bedeutung. Mädchen, die ihre Eltern als vertrauensvoll wahrnahmen, waren seltener sexuell aktiv und rauchten seltener Zigaretten und Cannabis. Jungen, die ihre Eltern als vertrauensvoller wahrnahmen, konsumierten seltener Alkohol. Weitere, ähnliche Studien unterstützen diese Erkenntnisse.

Keiner dieser Beweise ist eindeutig. Die von mir zitierten Studien zeigen nur Korrelationen auf. Zudem konzentrieren sich diese Studien auf Kinder, die in westlichen Gesellschaften leben. Möglicherweise ist der Ansatz von Eltern als Freunde aufgrund kultureller Faktoren in manchen Ländern weniger erfolgreich.

Ich denke aber abschließend, dass es ausreichend Beweise gibt, die eine freundliche, einfühlsame und autoritative Erziehung befürworten.

Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/s-9746/

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