Hast du einen wählerischen Esser zu Hause?

Nach dem zweiten Lebensjahr passiert etwas spannendes mit Babys – selbst mit solchen, die gerne essen. Kinder, die früher gerne allerlei gegessen haben, lehnen plötzlich ihre bisherigen Lieblingsspeisen ab. Sie weigern sich auch, neue Lebensmittel zu probieren.

Interessant ist, dass dies ungefähr der Zeitpunkt ist, an dem Kinder in traditionell geprägten Kulturen nicht mehr gestillt werden. Obwohl der genaue Zeitpunkt des Abstillens in den unterschiedlichen Gesellschaften sehr verschieden ist, hören die meisten damit erst nach 24 Monaten auf.

Hat die Phase des „wählerischen Essens“ eine Schutzfunktion, die Kinder, die gerade unabhängig geworden sind, davon abhält, gefährliche Lebensmittel zu probieren?

Das mag sein. Aber in einer Welt voller Supermärkte ist es unwahrscheinlich, dass sich die meisten Kinder vergiften, indem sie giftige Blätter oder Beeren essen.

Das größte Problem in der heutigen Zeit ist es, eine ausgewogene Ernährung zu gewährleisten.

Hier sind einige wissenschaftlich belegte Tipps für den Umgang mit einem wählerischen Esser.

1. Versuche nicht, einen wählerischen Esser zu füttern, wenn er nicht hungrig ist … lass ihn aber auch nicht verhungern

Das mag offensichtlich klingen. Doch es ist nicht immer einfach, das richtige Timing zu finden. Der Appetit eines Kindes kann sich von Woche zu Woche ändern, je nachdem, wann es seine Wachstumsschübe hat. Du solltest dein Kind nicht füttern, wenn es nicht hungrig ist. Aber du solltest es auch nicht zu lange zwischen den Mahlzeiten warten lassen. Wenn der Blutzuckerspiegel deines Kindes sinkt, könnte es sich schlecht fühlen oder ihm übel werden – und das Interesse am Essen verlieren.

Generell gibt es keine Beweise dafür, dass es sich lohnt, Kinder zum Essen zu zwingen. Die meisten Studien, die sich mit diesem Thema befassen, deuten darauf hin, dass strenge Maßnahmen nach hinten losgehen.

2. Verstehe die Grundlagen von Geschmacksvorlieben und Abneigung gegen Lebensmittel

Während du versuchst, deinen wählerischen Esser dazu zu bringen, neue Lebensmittel zu probieren, solltest du bedenken, dass seine Wahrnehmung von gutem Geschmack sich womöglich von deiner eigenen unterscheidet. Biete deinem Kind auch Lebensmittel an, die dir persönlich nicht unbedingt zusagen. Dein „Picky Eater“ könnte sie lieben.

3. Kombiniere neue Speisen mit alten Lieblingsgerichten

Wenn dein wählerischer Esser keine Lust hat, neue Lebensmittel zu probieren, kannst du versuchen, seinen Gaumen auszutricksen, indem du neue Lebensmittel mit den Geschmacksrichtungen kombinierst, die er liebt.

Forscher/innen haben diese Idee getestet, indem sie Kindern zwei Sorten Chips zur Auswahl stellten – eine vertraute und eine neue. Außerdem wurde einigen Kindern ein bekannter Dip angeboten. Andere bekamen einen neuen Dip. Die Kinder, die Zugang zu dem bekannten Dip hatten, waren eher bereit, die neuen Chips zu probieren.

In ähnlicher Weise zeigen Studien, dass Kinder ein neues Lebensmittel – auch ein bitteres oder saures – eher akzeptieren, wenn sie es zunächst mit etwas Süßem probieren.

Kleine Kinder verloren in einem Experment ihre Abneigung gegen bitteren Grapefruitsaft, wenn man ihn anfangs mit zusätzlichem Zucker vermischte.

In einem weiteren Experiment gaben die Forscher den Kindern mehrmals gesüßtes Gemüse. Sie baten die Kinder dann, das Gemüse in seinem natürlichen, ungesüßten Zustand zu probieren und zu bewerten. Die Kinder gaben an, dass sie die ungesüßten Versionen des Gemüses lieber mochten.

Das zeigt, wie du deinen wählerischen Esser dazu bringen kannst, mehr Gemüse zu essen. Serviere gedünstetes Gemüse mit dem Lieblingsgewürz deines Kindes.

4. Setze dein Kind mit guten Vorbildern in Kontakt

Im gesamten Tierreich sind soziale Signale wichtig: Junge Menschen essen eher etwas, wenn sie sehen, dass andere es auch essen.

Tiere sind da keine Ausnahme.

In einer experimentellen Studie zeigte sich, dass Eltern, die ihren Obst- und Gemüseverzehr erhöhten, eher in der Lage waren, den Verzehr bei ihren Kindern zu steigern.

Eine andere Studie ergab, dass Kinder ein neues Lebensmittel eher akzeptieren, wenn sie einen Erwachsenen dabei beobachten, wie er es aß. Und in neueren Experimenten mit amerikanischen Kindergartenkindern bevorzugten Kinder eher Lebensmittel, die andere Kinder aßen. Erwachsene Vorbilder waren im Vergleich weniger einflussreich. Die Auswirkungen des Einflusses von Gleichaltrigen wurden auch bei älteren Schulkindern nachgewiesen.

Es scheint also, dass du deinem wählerischen Kind helfen kannst, indem du ihm gute Vorbilder lieferst. Und vernünftige, autoritative Erklärungen helfen auch:

In einer Beobachtungsstudie brachten Bezugspersonen, die ihren Kindern die Vorzüge einer gesunden Ernährung und die Folgen einer ungesunden Ernährung erklärten, Vorschulkinder eher dazu, Gemüse zu essen.

5. Zwinge dein Kind nicht zu essen

Auf Dauer scheinen solche Taktiken nach hinten loszugehen.

Eine Beobachtungsstudie hat zum Beispiel ergeben, dass Kinder, die eher zum Essen gezwungen wurden, weniger Obst und Gemüse und mehr ungesunde Snacks verzehrten.

Eine andere retrospektive Studie ergab, dass Schüler, die sich daran erinnerten, dass sie als Kinder gezwungen wurden, etwas zu essen, die Lebensmittel, die sie gezwungenermaßen aßen, auch weiterhin verabscheuten. Vor die Wahl gestellt, würden sie diese Lebensmittel daher vermeiden.

Und selbst in den Fällen, in denen der Zwang zu wirken scheint, spielen wahrscheinlich noch weitere Faktoren eine Rolle. In einer Studie wurde zum Beispiel ein positiver Zusammenhang zwischen dem elterlichen Druck und einem höheren Obst- und Gemüsekonsum bei Kindern festgestellt. Doch die Eltern, die in dieser Studie „viel Druck“ ausübten, waren auch bessere Vorbilder und aßen selbst mehr Obst und Gemüse. Außerdem hatten ihre Kinder weniger Abneigung gegen Lebensmittel. Als die Forscher den elterlichen Konsum und die Abneigung der Kinder kontrollierten, verschwand der Zusammenhang zwischen elterlichem Druck und dem Konsum der Kinder.

Falls du den übrigen Zusammenhängen skeptisch gegenüberstehst, solltest du dieses kontrollierte Experiment von Amy Galloway und ihren Kollegen genauer unter die Lupe nehmen.

Galloways Team gab Kindern eine Suppe und setzte einige von ihnen unter Druck, diese aufzuessen.

Die Forscher fanden heraus, dass Kinder, die nicht unter Druck gesetzt wurden, deutlich mehr Suppe aßen und weniger negative Kommentare abgaben.

Und, Achtung! Je öfter die Kinder zu Hause unter Druck gesetzt wurden, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich weigerten, die Suppe zu essen.

6. Bring dein wählerisches Kind ständig mit vielen verschiedenen Lebensmitteln in Kontakt

Eine Studie hat einen Zusammenhang zwischen der Anzahl der verschiedenen Obst- und Gemüsesorten, die Eltern zu Hause anbieten und der Bereitschaft ihrer Vorschulkinder, Obst und Gemüse zu essen, festgestellt.

Andere Studien belegen, dass die Vorliebe und der Verzehr von Gemüse bei Kindern steigt, wenn sie zwei Wochen täglich dazu aufgefordert werden, es zu probieren.

Auch bei Babys hatte wiederholtes Probieren eine Auswirkung. In einem Experiment stellte sich heraus, dass Babys, die acht Tage hintereinander mit verschiedenem Gemüse in Berührung kamen, eher bereit waren, eine weitere Gemüsesorte – zum Beispiel grüne Bohnen – zu essen, als sie überprüft wurden.

Es gibt jedoch drei Bedenken bezüglich dieses Effekts.

Erstens ist der Erfolg wahrscheinlicher, wenn die Kinder die Lebensmittel tatsächlich probieren. Eine Studie berichtet, dass das bloße Anschauen von Bildern neuer Lebensmittel eine positive Wirkung auf Kleinkinder hatte. Doch andere Untersuchungen deuten darauf hin, dass Kinder Lebensmittel probieren müssen, um ihre Verhaltensmuster zu ändern.

Zweitens solltest du deine Kinder nicht dazu zwingen, Lebensmittel zu probieren (siehe Punkt 5 oben). Vielmehr solltest du versuchen, sie zu ermutigen, indem du die Lebensmittel anpreisst und sie selbst isst.

Drittens solltest du vermeiden, deinem wählerischen Kind mehr als ein neues Lebensmittel auf einmal anzubieten – zumindest bis es älter wird.

In einer Studie wurden Kindern vier schmackhafte neue Lebensmittel hintereinander angeboten. Dies steigerte das Interesse bei 10- bis 12-Jährigen, neue Lebensmittel zu probieren. Bei kleineren Kindern (im Alter von 7-9 Jahren) war dies jedoch seltener der Fall. Die Forscher Loewen und Pliner vermuten, dass die kleineren Kinder sich von der Unsicherheit des Probierens neuer Lebensmittel erholen wollten.

7. Biete frisches Obst anstelle von Saft, Keksen, Bonbons und anderen Süßigkeiten an … aber vermeide strikte Regeln gegen Junk Food

Zu viel zuckerhaltiges, stärkehaltiges „Junk Food“ kann Kindern den Appetit auf gesündere Lebensmittel verderben und das Risiko für Fettleibigkeit erhöhen. Daher ist es sinnvoll, zuckerhaltige Getränke und Snacks für gelegentliche Süßigkeiten zu limitieren.

Aber es ist wahrscheinlich besser, einen positiv motivierenden Ansatz zu wählen, indem du frisches Obst als Alternative anbietest, anstatt wie ein Ernährungspolizist zu handeln.

Wenn du die Aufmerksamkeit deines Kindes auf Obst lenkst, erhält es mehr Ballaststoffe und Vitamine in seiner Ernährung.

Das könnte auch verhindern, dass dein Kind eine Vorliebe für „verbotene“ Lebensmittel entwickelt.

Studien belegen nämlich, dass ein strenger, einschränkender Umgang mit Junk Food nach hinten losgehen kann.

In Experimenten von Jennifer Fisher und Leann Birch wurden Kindern (im Alter von 3 bis 6 Jahren) zwei ähnliche, schmackhafte Lebensmittel vorgestellt: Apfel- und Pfirsich-Fruchtriegel. Die Tests ergaben, dass die Kinder beide Sorten mochten, auch wenn es sich nicht um ihre Lieblingsessen handelte.

Dann beschränkten die Forscher den Zugang zu einer der beiden Sorten. Die Kinder bekamen nach dem Zufallsprinzip entweder nur Apfel- oder nur Pfirsichriegel für 5 Wochen.

Man könnte meinen, dass die Kinder eine Vorliebe für den vertrauten Riegel entwickelten. Doch das Gegenteil scheint der Fall gewesen zu sein. Wenn Kinder die Möglichkeit hatten, fragten sie viel häufiger nach der anderen Sorte und aßen diese.

8. Achte auf bestimmte Beschwerden und vermeide neue Lebensmittel, wenn es deinem Kind nicht gut geht

Der Mensch ist mit einer sehr alten, sehr primitiven und sehr schnellen Form des Lernens ausgerüstet. Wenn du einem Menschen ein neues Lebensmittel gibst und es ihm kurz darauf schlecht geht, wird er eine Abneigung gegen den Geruch und den Geschmack dieses Lebensmittels entwickeln.

Dabei spielt es keine Rolle, ob das Essen die Ursache für die Beschwerde war. Die primitive Logik geht davon aus, dass jedes neue Lebensmittel, das unmittelbar vor dem Auftreten von Beschwerden gegessen wurde, schlecht ist.

Wenn dein wählerisches Kind sagt, dass es ein Lebensmittel verabscheut, solltest du es auf Krankheitssymptome untersuchen. Lebensmittelallergien sind nicht selten, aber es gibt auch andere Möglichkeiten. Manche Kinder haben Probleme mit Sodbrennen oder Säurerückfluss. Andere Kinder leiden womöglich unter Migräne, die durch bestimmte Lebensmittel ausgelöst werden kann.

Deshalb ist es sinnvoll, deinem Kind keine unbekannten Lebensmittel zu servieren. Insbesondere wenn es sich unwohl oder krank fühlt. Insbesondere sollte deshalb auf Neues vor einer langen Autofahrt oder einem Flug, oder wenn dein Kind gerade eine Grippe auskuriert, verzichtet werden.

9. Beteilige die Kinder beim Anbau und der Zubereitung von Lebensmitteln

Wenn du dein wählerisches Kind „hinter den Kulissen“ teilhaben lässt, wird es womöglich vertrauter mit den Speisen, die du zubereitest – und verliert sein Misstrauen. Also nimm deine Kinder mit in die Küche und bitte sie, zu helfen. Versuche es auch mit Gartenarbeit. Studien zeigen, dass Kinder mehr Obst und Gemüse essen, wenn sie es selbst angepflanzt haben.

10. Biete ihnen eine einfache Alternative zu ausgefallenen Mahlzeiten

Manche Kinder sind nicht so sehr wählerisch, sondern eher pingelig: Sie essen alle Arten von Lebensmitteln, solange sie schlicht und einfach zubereitet sind. Sie trauen den vielen reichhaltigen Soßen, Bratensoßen und geheimnisvollen Aufläufen einfach nicht.

Zugegeben, ich war auch mal so und habe gerne einfach nur Thunfisch und Toast gegessen. Aber wenn der Thunfisch mit Mayonnaise vermischt wurde, war ich abgeneigt. Das Gleiche gilt für Obst und Gemüse: Roh oder einfach nur gekocht, schmeckten sie mir. Wenn man dann noch weitere Zutaten hinzufügte, wie Käse auf den Kartoffeln oder Marshmallows in der Obstschale, schmeckten sie mir nicht mehr. Grundsätzlich lehnte ich alle Getränke oder Zubereitungen ab, insbesondere solche auf Milch- oder Fleischbasis, die es erschwerten, die Bestandteile meiner Nahrung zu erkennen.

Interessanterweise hatte Ishi, der letzte Überlebende des indianischen Stammes der Yahi, ähnliche Vorlieben. Als er gezwungen wurde, mit den Angloamerikanern des 19. Jahrhunderts zusammenzuleben, weigerte er sich, Speisen zu essen, die in trübe Soßen getränkt waren. Brühen waren in Ordnung. Biskuits nicht.

Ich weiß nicht, wie viele Kinder so denken, aber wenn man es anthropologisch betrachtet, ist die Vorliebe für
„klares“ Essen gar nicht so seltsam. Schließlich fehlen in vielen Kulturen dicke Soßen und aufwendig verarbeitete Lebensmittel. Ein Kind mit „einfachem“ Geschmack würde in Japan nicht auffallen. In Frankreich hätte es vielleicht mehr Probleme!

11. Versuche, Lebensmitteln neue, lustige Namen zu geben

In neueren experimentellen Studien haben Brian Wansink und seine Kollegen die Auswirkungen der Umbenennung von bekannten Lebensmitteln getestet. Die Forscher fanden heraus, dass amerikanische Schüler mehr Karotten, Brokkoli und grüne Bohnen aßen, wenn die Speisekarten der Cafeterien diese Gemüse als „X-Ray vision carrots“, „Power Punch Broccoli“ und „Silly Dilly Green Beans“ bezeichneten.

Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/lebensmittel-gemuse-person-madchen-8119991/

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